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Die Mehrzahl der Frege-Forscher gehört im Hinblick auf seine historische Einordnung einem von zwei einander entgegengesetzten Lagern an. Orthodoxe Analytiker betrachten Frege noch heute gerne als einen Denker, der radikal mit der erkenntnistheoretischen Tradition der Neuzeit gebrochen und die mathematische Logik - oder auch die Sprachphilosophie - gewissermaßen zur Basisdisziplin der Philosophie erhoben habe. Andere Autoren hingegen haben Frege in die rationalistische und/oder neukantianische Tradition neuzeitlicher Philosophie eingeordnet. Die vorliegende Studie setzt sich kritisch mit beiden historischen Perspektiven auseinander und bietet einen Mittelweg an. Sie ist damit die erste umfangreiche Studie speziell zu Freges Erkenntnistheorie. Das Buch untersucht Freges Verhältnis zum klassischen Rationalismus sowie zum Kantianismus und zeigt, dass Frege seiner Ausrichtung nach zwar gewissermaßen als der letzte große Vernunftrationalist betrachtet werden kann, dass er sich aber zugleich die traditionellen - theologisch oder transzendentalphilosophisch verankerten - Wege zu einer erkenntnistheoretischen Begründung der Möglichkeit apriorischer Erkenntnis gewissermaßen programmatisch versperrt. Dies hängt damit zusammen, dass Frege die Aufgaben einer transzendentalen Logik - die im Neukantianismus ebenso wie im Phänomenalismus noch immer eine zentrale Rolle spielt - nicht mehr wirklich zur Kenntnis nimmt. In dieser Hinsicht erweist sich sein Ansatz zudem als repräsentativ für die gesamte frühe analytische Philosophie, und dies könnte zur Erklärung des Entstehens jener Kluft beitragen, die sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts zwischen ›analytischer‹ und ›kontinentaler‹ Philosophie auftat.