Zerebrale Auswirkungen des Polytraumas ohne Schädel-Hirn-Trauma mit induzierter Hypothermie im Schweinemodell von Nina Katharina Vogt | ISBN 9783835967991

Zerebrale Auswirkungen des Polytraumas ohne Schädel-Hirn-Trauma mit induzierter Hypothermie im Schweinemodell

von Nina Katharina Vogt
Buchcover Zerebrale Auswirkungen des Polytraumas ohne Schädel-Hirn-Trauma mit induzierter Hypothermie im Schweinemodell | Nina Katharina Vogt | EAN 9783835967991 | ISBN 3-8359-6799-1 | ISBN 978-3-8359-6799-1
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Zerebrale Auswirkungen des Polytraumas ohne Schädel-Hirn-Trauma mit induzierter Hypothermie im Schweinemodell

von Nina Katharina Vogt
Ziel dieser Arbeit war die Beurteilung der zerebralen Folgen nach Polytrauma und hämorrhagischem Schock, jedoch ohne Schädel-Hirn-Trauma mit einer unterschiedlichen Schockintensität. Eine milde kontrollierte Hypothermie wurde als mögliche Therapieoption eingesetzt.
Zur Beurteilung der klinischen zerebralen Situation im Verlauf der Versuchszeit wurde eine multimodale Hirnsonde implantiert, mit welcher kontinuierlich der intrakranielle Druck, der Gewebssauerstoffpartialdruck und die Hirntemperatur permanent bestimmt wurden. Ein signifikanter Abfall des Gewebssauerstoffpartialdrucks wurde nach Trauma beobachtet, der mit einem Abfall des CPP einherging. Diese Reaktion zeigte sich bedingt durch den hohen Volumenverlust in der Schockphase. Der intrakranielle Druck zeigte keine signifikanten Schwankungen, sodass nach Auswertung der gemessenen Hirnsondendaten innerhalb von 48 h keine Hinweise auf eine zerebrale Schädigung nachweisbar waren.
Die Untersuchung der Biomarker Protein S-100B und NSE, die bekanntermaßen bei zerebralen Verletzungen eine deutliche Erhöhung in Liquor und Serum erfahren, zeigten in diesem Versuch einen temporären Anstieg nach Trauma, der mit der Traumaintensität assoziiert war. Im weiteren Versuchsverlauf sanken die Serumwerte wieder auf das Ausgangsniveau. Die induzierte Hypothermie hatte keinen Einfluss auf die gemessenen Hirnsondenwerte und den Nachweis von Protein S-100B und NSE.
In der histologischen Untersuchung der Gehirne ließ sich eine zerebrale Inflammation in allen Gruppen inkl. der Sham-Gruppe erkennen. Es zeigte sich eine signifikante Reduktion des Inflammationsgrades bei den hypothermen T90-Tieren im Vergleich zu den normothermen Tieren, jedoch nicht in der TH120 Gruppe.
Bei immunhistochemischen Untersuchungen fanden sich aktivierte Astrozyten und Mikroglia. Die Astrozyten zeigten quantitativ keine Gruppenunterschiede, jedoch waren morphologische Unterschiede zu finden, die mit einer Aktivierung, Zellschwellung und Verdickung der Zellfortsätze einhergingen. Die schnelle Reaktion von Astrozyten nach ischämischen Verletzungen des Gehirns dient der Aufrechterhaltung der Homöostase und ist vermutlich ursächlich für das Anschwellen der Zellen. Ob die Schwellung der Astrozyten in diesem Versuch als neuroprotektiv oder als schädlich zu bewerten ist, konnte nicht eindeutig evaluiert werden.
Die morphologischen Veränderungen der Mikroglia zeigten ein weitaus stärkeres Aktivierungsmuster bei den hypothermen Traumatieren. Bei diesen wurden zwischen
deutlich vergrößerten Mikroglia auch häufig längliche, schmale Mikroglia gefunden mit nur einem oder zwei Fortsätzen, sogenannte Rod Microglia, deren Bedeutung bisher noch nicht eindeutig geklärt ist, aber im Zusammenhang mit einem pathologischen Geschehen vermutet wird (CHO et al., 2006, LAMBERTSEN et al., 2011, GRAEBER, 2010). Zur weiteren Differenzierung der Mikroglia wurden an diesem Modell M1-Marker untersucht, von denen bis zum jetzigen Zeitpunkt nur iNOS beim Schwein etabliert werden konnte.
So gelang der Nachweis von iNOS-positiven Mikroglia und Astrozyten im Gehirn beim Schwein, deren Aktivierung sich abhängig von der Traumaintensität stärker in den T120-Tieren versus Kontrolltieren und Sham-Tieren zeigte. Die früh induzierte Hypothermie hatte einen positiven, reduzierenden Effekt auf die Mikrogliazahl sowie auf die iNOS-Reaktivität. Eine verzögerte Hypothermie jedoch führte nicht zu diesen Effekten.
Es bleibt unklar inwieweit eine M2-Polarisierung der Mikroglia vorliegt, da bisher keine etablierten M2-Mikroglia-Antikörper für immunhistochemische Untersuchungen am Schweinegehirn existieren.
Zusammenfassend könnten die traumaassoziierte Aktivierung der Mikroglia und die M1-Aktivierung eine Folge der temporären Hypoxie bzw. Ischämie sein. Eine frühzeitig induzierte milde Hypothermie scheint aber der Inflammation und auch der iNOS-Aktivierung entgegenzuwirken. Ungeklärt bleibt allerdings, inwieweit M2-Marker reguliert werden.
Eine schwerwiegende zerebrale Schädigung konnte, wenn innerhalb von 120 Minuten reperfundiert wurde, weder durch die Untersuchung mit der multimodalen Parenchymsonde noch durch die histologischen Untersuchungen in diesem Polytraumamodell nachgewiesen werden.