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Kapital. Nation. Identität.
Politische und kulturelle Dimensionen von Auslandsinvestitionen in Indonesien
von Michael KernKurzfassung: Ausländische Direktinvestitionen (Foreign Direct Investments, FDI) in Indonesien haben neben ihrer wirtschaftlichen Bedeutung eine politische und kulturelle Dimension. Verschiedene politische Konflikte in der Geschichte Indonesiens weisen Elemente eines FDI-Konflikts auf. FDI-Konflikte sind Konflikte, in denen Argumente der Debatte über Nutzen von FDI für Entwicklungsländer eine Rolle spielen und die in Indonesien auf einen tiefverwurzelten Grundkonflikt über die geeignete Pembangunan-Strategie (Entwicklungsstrategie) zurückzuführen sind. FDI waren einer der Hauptauslöser der Malari-Unruhen im Jahr 1974, denen eine Ablehnung von FDI durch breite Bevölkerungs- schichten und ein Richtungsstreit innerhalb der Elite über die richtige Pembangunan-Strategie vorangegangen waren. Trotz einiger Parallelen zu den Malari-Unruhen richtete sich die bei den Mai-Unruhen 1998 artikulierte Kritik nur hintergründig gegen FDI. Eine entscheidende Rolle spielen FDI bei den Regionalkonflikten in Aceh und Papua, bei denen transnationale Unternehmen von der GAM (Gerakan Aceh Merdeka) und der OPM (Organisasi Papua Merdeka) als Konfliktparteien eines Verteilungskonflikts um die lokalen Ressourcen angesehen wurden und werden. Der islamistische Terrorismus der Jahre 2002-5 weckt durch die Auswahl der Anschlagsziele Assoziationen zu einem FDI-Konflikt, unterscheidet sich aber in seiner Motivation von einem solchen. FDI sind zudem eine der Ursachen für den kulturellen Wandel Indonesiens. Dies lässt sich vor allem an dem Zeitgeist der Orde Baru-Ära festmachen, einer Zeit, in der technologischer Entwicklung und Konsumismus Vorrang vor traditionellen Werten eingeräumt wurde. Unterschiedliche indonesische Schriftsteller setzten sich mit diesem Wandel im Zusammenhang mit FDI auseinander. Rendra betont die ethische Fragwürdigkeit ausländischer Investoren und ihrer indonesischen Kollaborateure und weist auf die durch FDI verursachte Souveränitäts- und Identitätskrise hin. Hamsad Rangkuti zeigt in einer Allegorie Indonesiens wirtschaftspolitische Optionen nach den Malari-Unruhen auf. Mangunwijaya beschreibt den von FDI mitverursachten kulturellen Wandel, kriti- siert ethisch verwerfliche Praktiken ausländischer Unternehmen und zeigt Möglichkeiten auf, wie solche Unternehmen ethisch vertretbar agieren könnten. Ayu Utami setzt sich mit der Ohnmacht der indonesischen Bevölkerung gegenüber ausländischen Unternehmen auseinander. Der Film Nagabonar Jadi 2 setzt sich mit dem Für und Wider von FDI auseinander und setzt diese in Konflikt mit der indonesischen Identität.
Schlagwörter: Indonesien, Auslandsinvestitionen, Investitionspolitik, Wirtschaftspolitik, politische Konflikte, indonesischer Film, indonesische Literatur, kultureller Wandel
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Abstract: