Philosophie in Lateinamerika: Eine Einführung
von Federica González Luna, Razvan Adrian Sandru und Fernando WirtzDie amerikanischen Philosophien wurden historisch von der Landkarte getilgt und als »Aberglaube«, »Religion« oder »Mythos« abgestempelt. Das europäische Denken dominierte jahrhundertelang in Lateinamerika und bestimmte somit, was als Philosophie und Wissen galt. Die politische Unabhängigkeit leitete einen kritischen Prozess der intellektuellen Autonomie ein, wodurch die frühere Unsichtbarkeit des amerikanischen Denkens sowohl prä- als auch nach-kolumbianisch allmählich auf der Landkarte zum Vorschein kam. Infolgedessen drängte sich die Frage auf: »Gibt es und gab es eine Philosophie in Lateinamerika?« Diese Frage nach der Existenz einer lateinamerikanischen Philosophie war an sich performativ. Sie selbst beweist die Existenz eines kritischen Denkens. Die Frage selbst war eine Übung, die die Konstruktion einer Philosophie implizierte. Die Philosophie in Lateinamerika ist nicht nur geschichtlich relevant. Ihre Entwicklung war ein vielschichtiger Prozess, der heute auch im Rahmen der Politik (z. B. Populismustheorien), der Theologie (Befreiungstheologie) und der Literaturwissenschaften (Post- und Dekolonialismus) von großer Bedeutung ist. Vielleicht weckt diese Einführung in den Lesern und Leserinnen den Wunsch, den Weg der lateinamerikanischen Philosophie auf eigene Faust weiterzugehen. Preguntando caminamos – Fragen stellend gehen wir