Die Mumie des Königs General von Andreas Prof. Dr. Nerlich | Heinrich LII. Reuß-Köstritz: Lebensgeschichte eines bayerischen Generals zu Napoleons Zeiten | ISBN 9783000546365

Die Mumie des Königs General

Heinrich LII. Reuß-Köstritz: Lebensgeschichte eines bayerischen Generals zu Napoleons Zeiten

von Andreas Prof. Dr. Nerlich
Buchcover Die Mumie des Königs General | Andreas Prof. Dr. Nerlich | EAN 9783000546365 | ISBN 3-00-054636-7 | ISBN 978-3-00-054636-5

Die Mumie des Königs General

Heinrich LII. Reuß-Köstritz: Lebensgeschichte eines bayerischen Generals zu Napoleons Zeiten

von Andreas Prof. Dr. Nerlich

Auszug

Das vorliegende Buch ist in mehrerer Hinsicht eine Besonderheit. Mit Heinrich LII., dessen Person und Leben sich das Werk widmet, wird ein Mensch vorgestellt, der als Angehöriger des Hochadels des Alten Reiches zu den vermögenderen und einflussreicheren Schichten der Bevölkerung gehörte, auf Grund der ausgesprochenen Kleinheit des Territoriums, auf das sich sein Rang stützte, jedoch deutlich hinter den großen Akteuren seiner Zeit rangierte.
Das Haus Reuß- Köstritz, eine apanagierte Nebenlinie der Fürsten Reuß jüngerer Linie, zählt auch heute nicht zu den bekannteren und von der historischen Forschung stärker beachteten Ländern und das sehr zu Unrecht. Wie wir überhaupt den deutschen Kleinstaaten in kultureller wie auch in politischer Hinsicht viel zu verdanken haben, haben auch die Köstritzer Reußen ihre Verdienste.
Erwähnt sei das Engagement Graf Heinrich XXIV. für den Pietismus, ohne den August Hermann Franke sein Werk schwerlich hätte zu so großem Erfolg führen können und das seinerzeit den Köstritzer Hof zu einer entsprechend bekannten adeligen Bildungsstätte gemacht hatte. Vor allem aber tauchen die Namen der mindermächtigen Fürsten und Herren des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation immer wieder als Militärs, Politiker aber auch als Geistliche, Gelehrte oder Künstler auf. Auf ihre Bildung, ihre verwandtschaftlichen und sonstigen Beziehungen und nicht zuletzt auf ihr Vermögen stützte sich das komplizierte und weitverzweigte Netzwerk der Herrschaftsbeziehungen im alten Europa, das über viele Jahrhunderte relativ stabil geblieben war.
Aus der Umbruchzeit um 1800, die einschneidende politische Veränderungen in Europa mit sich brachte, ging das Königreich Bayern nach dem Ende des Alten Reiches, den Kriegen gegen Napoleon und dem Wiener Kongress als souveräner Staat und Mitglied im Deutschen Bund hervor. Das stellte auch für die Mitglieder der königlichen Familie eine große Herausforderung dar. In deren Dienst und später als auch als Vertrauten findet man Heinrich LII. Graf Reuß-Köstritz. Der General war zudem einer der wenigen Protestanten am bayrischen Hof und engagierte sich auch in kirchlichen Angelegenheiten.
Seinem Leben hat der Autor nachgespürt. Unter Auswertung aller erreichbarer Quellen gelingt es ihm, eine lebendige und erstaunlich lückenlose Darstellung zu geben, handelt es sich doch um keinen der berühmten Zeitgenossen, über den viel geschrieben worden wäre oder der dies selbst getan hätte.
Die archivalischen Quellen bilden zu einem großen Teil Privatbriefe und bisher unerschlossenes Material, das in einer außerordentlich gewissenhaften und umfangreichen Arbeit in allen Teilen Deutschlands ermittelt und ausgewertet wurde. Viele Texte werden in einer für historische Arbeiten ungewöhnlich ausführlichen Form dargeboten, wodurch das Buch abschnittsweise den Wert einer Quellenedition gewinnt und dem Leser neben der abwechslungsreichen Lektüre zahlreiche wertvolle und zuweilen unerwartete Informationen liefert. Dazu trägt auch die reiche Bebilderung bei. Der Autor gibt keine politische Darstellung der bayrischen Geschichte, sondern konzentriert sich auf die Person Heinrichs LII., wodurch es gelingt, ein lebendiges Gemälde vom hochadligen Leben zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu geben.
Auf Grund seiner spezifischen Kenntnisse kann der Autor jedoch weit über eine gewöhnliche biografische Darstellung hinausgehen und legt eine interdisziplinäre Studie vor, die dringend Nachahmung finden sollte. Auf Grund des guten Erhaltungszustandes des mumifizierten Leichnams konnte er eine biomedizinische Untersuchung durchführen und so ungewöhnliche Einblicke in das Leben Heinrich LII. gewinnen, an denen die schriftliche Überlieferung kritisch zu überprüfen ist. Für den Mediziner bot das umfangreiche Ergebnis jener Untersuchung den Anlass zur weiteren Beschäftigung mit dem Köstritzer Grafen.
Bei einem Buch dieser Art werden viele Leser auf ihre Kosten kommen. Es wird darüber hinaus, anders als manch eine ideengeschichtliche Abhandlung, als solide tatsachengestützte und quellenfundierte Darstellung seinen Wert auch in fernerer Zukunft nicht verlieren.