Die juristische Aufarbeitung von NS-Verbrechen von Kerstin Freudiger | ISBN 9783161476877

Die juristische Aufarbeitung von NS-Verbrechen

von Kerstin Freudiger
Buchcover Die juristische Aufarbeitung von NS-Verbrechen | Kerstin Freudiger | EAN 9783161476877 | ISBN 3-16-147687-5 | ISBN 978-3-16-147687-7

Die juristische Aufarbeitung von NS-Verbrechen

von Kerstin Freudiger
Wie ist die westdeutsche Justiz mit den massenhaften Tötungsverbrechen umgegangen, die in der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft von Deutschen verübt wurden? Kann von einer gelungenen Ahndung der NS-Verbrechen oder von einem Fehlschlag der Verfolgungspraxis die Rede sein? Kerstin Freudiger geht in ihrer Analyse von einer ungleichen Behandlung der verschiedenen Gruppen von NS-Verbrechen und NS-Verbrechern bei vergleichbarem Sachverhalt aus. Sie weist dies anhand von Urteilen zu den vier Gruppen von Großverbrechen des Nationalsozialismus nach: dem Verbrechen der Vernichtung der europäischen Juden, der 'Euthanasie', des Vernichtungskrieges und der Justizverbrechen. Tendenziell wurden jene Verbrechenskomplexe von der westdeutschen Justiz nur begrenzt oder zum Teil gar nicht geahndet, an denen die bürgerlichen Führungsschichten wie die Ärzteschaft, die Justiz und die Wehrmacht beteiligt waren. In dem Maße, wie die Funktionseliten des NS-Staates in die westdeutsche Gesellschaft eingegliedert wurden, verschlechterten sich etwa ab 1948 die Bedingungen für die Ahndung der 'Euthanasie'-, Justiz- und Kriegsverbrechen. Bei der Verfolgung von Verbrechen an den europäischen Juden sind dagegen über den gesamten Zeitraum der Rechtsprechung stärkere Tendenzen zu einer Ahndung festzustellen. Hier neigten die Gerichte allerdings zu einer Teil-Exkulpation der Angeklagten über deren Einstufung als 'Mordgehilfen'. Diese Entwicklung kann nicht mit den gesetzlichen Grundlagen für die Ahndung von NS-Verbrechen erklärt werden - für die Tendenz zur partiellen oder vollständigen Exkulpation nationalsozialistischer Staatsverbrecher ist ganz wesentlich die Nachkriegsjustiz selbst verantwortlich.