Wer ist Noam Chomsky? von Larissa MacFarquhar | ISBN 9783203760186

Wer ist Noam Chomsky?

von Larissa MacFarquhar und Michael Haupt, aus dem Englischen übersetzt von Michael Haupt
Mitwirkende
Autor / AutorinLarissa MacFarquhar
Übersetzt vonMichael Haupt
Autor / AutorinMichael Haupt
Buchcover Wer ist Noam Chomsky? | Larissa MacFarquhar | EAN 9783203760186 | ISBN 3-203-76018-5 | ISBN 978-3-203-76018-6

Wer ist Noam Chomsky?

von Larissa MacFarquhar und Michael Haupt, aus dem Englischen übersetzt von Michael Haupt
Mitwirkende
Autor / AutorinLarissa MacFarquhar
Übersetzt vonMichael Haupt
Autor / AutorinMichael Haupt
Kurz vor seinem 75. Geburtstag am 7. Dezember ist Noam Chomsky, einer der bedeutendsten und meistzitierten Gelehrten des 20. Jahrhunderts, als kritischer Analytiker der US-Politik und ihrer Vertreter populärer denn je. Die vielen Vorträge, die er, oft vor tausendköpfigem Publikum gehalten hat, weisen ihn als engagierten Intellektuellen aus, der, wie Jean-Paul Sartre, Bertrand Russell oder Jürgen Habermas, keine Scheu hat, jenseits der akademischen Gefilde in die politischen Tagesdebatten einzugreifen. In umfassender Weise widmet sich Larissa MacFarquhar diesem Thema. Ihr Essay „Des Teufels Buchhalter“, zuerst im New Yorker erschienen, zeichnet ein von kritischer Sympathie bestimmtes Bild des Sprachwissenschaftlers und politischen Aktivisten. MacFarquhar hat Chomsky bei seinen Seminaren und Vorträgen zugehört, ihn in seinem Büro am MIT besucht, Gespräche mit seiner Frau Carol, mit Anhängern und Gegnern geführt und seinen doppelten Werdegang -als Revolutionär in der Linguistik wie als gefeierter und angefeindeter Kritiker der Vereinigten Staaten- verfolgt. Entstanden ist dabei das differenzierte Porträt eines linken jüdischen Intellektuellen, dessen politische Überzeugungen früh sich geformt hatten, der aber andererseits bereit war, die von ihm selbst entwickelten linguistischen Theorien, wenn er sie für nicht mehr richtig hielt, ohne Rücksicht auf Verluste über den Haufen zu werfen, um etwas Neues zu beginnen. Sachlichkeit über alles -und das starke moralische Empfinden, seine Pflicht tun zu müssen, wenn die eigene Regierung Verbrechen begeht, die der Öffentlichkeit verschwiegen werden, sind die Triebfedern seines Denken und Handelns.
Gilt der politische Prophet (als der Chomsky sich selbst nicht versteht) wenig im eigenen Vaterland, so ist er im „alten Europa“ zu einer Kult- und Leitfigur der lange Zeit heimatlosen Linken geworden. Warum so spät und warum dann so nachdrücklich? Diese Fragen nimmt der Beitrag von Michael Haupt zum Anlaß, sich mit Stil und Rhetorik der politischen Schriften Chomskys auseinanderzusetzen. Chomskys Erfolg läßt sich, so Haupt, wesentlich auf zwei Momente zurückführen: zum einen auf die seit dem Zerfall des sozialistischen Systems veränderten globalpolitischen Bedingungen, zum anderen auf Chomskys Pathos der Nüchternheit., mit dem er den Anhängern neuer sozialer Bewegungen wie Attac dazu veerhilft, das Ausmaß einer Macht zu begreifen, die, wie der Irak-Krieg gezeigt hat, bereit und willens ist, auch ohne internationale Organisationen weltweit zu agieren.
Chomsky schreibt, von sarkastischen Invektiven abgesehen, sachlich bis zur Selbstverleugnung, detailbesessen, tatsachenfreudig, voller Zitate. Doch ist sein Ansatz nicht der de Historikers, des Politologen oder des Journalisten. Vielmehr wirkt er, so hat es den Anschein, als Verteter einer Anti-Macht -gegen die US-Regierungen und ihre Verbrechen, gegen die Komplizenschaft der Medien, gegen das Verschweigen, die Lügen, die Verdehungen von Tatsachen. Der klassischen Aufklärung verpflichtet, schreibt er unermüdlich bis zur Monotonie an einer „schwarzen“ Enzyklopädie, in deren Zentrum die von den USA begangenen oder geförderten Massaker gegen die Zivilbevölkerung in vielen Teilen der Welt stehen. Lateinamerikas, der Nahe Osten, Fernasien bilden den Bezugsrahmen einer Analyse der geopolitischen Strategie jener Mächte, die für Chomsky das eigentlicheTerrornetzwerk darstellen: der Vereinigten Staaten und ihrer Vasallen. Dem Konformismus des Mainstream entragen Chomskys politische Schriften wie erratische Blöcke: Wer sie erklimmt, gewinnt die Aussicht auf ein weitgehend vermintes Gelände -keine tröstliche Perspektive, aber die Aufforderung, sich Minensuchgeräte zu beschaffen.