Überredung zur Einsicht von Heinrich Niehues-Pröbsting | Der Zusammenhang von Philosophie und Rhetorik bei Platon und in der Phänomenologie | ISBN 9783465017813

Überredung zur Einsicht

Der Zusammenhang von Philosophie und Rhetorik bei Platon und in der Phänomenologie

von Heinrich Niehues-Pröbsting
Buchcover Überredung zur Einsicht | Heinrich Niehues-Pröbsting | EAN 9783465017813 | ISBN 3-465-01781-1 | ISBN 978-3-465-01781-3

Überredung zur Einsicht

Der Zusammenhang von Philosophie und Rhetorik bei Platon und in der Phänomenologie

von Heinrich Niehues-Pröbsting
Das Problem, das die Untersuchungen dieses Buches bewegt, läßt sich mit zwei Behauptungen andeuten: Keine Philosophie darf sich damit zufriedengeben, bloß Rhetorik zu sein; Philosophie will stets mehr sein als nur Rhetorik, und sie kann von diesem Anspruch nicht ablassen, ohne sich selber preiszugeben. Aber sie ist unvermeidlich immer auch Rhetorik. Daher gehört zur Selbstreflexion der Philosophie Rhetorikkritik mit dem doppelten Zweck einer Abgrenzung von der Rhetorik und der Aufklärung des unvermeidlichen Anteils an ihr. Diese philosophische Aufgabe ist zum erstenmal - und unübertroffen - von Platon bewältigt worden; daher beschäftigt sich der erste und größere Teil des Buches mit der Platonischen Rhetorikkritik. Platon verwirft die sophistische und konzipiert eine philosophische Rhetorik: Nur bei Berücksichtigung beider Aspekte werden die Stellung zur Rhetorik und der Rhetorikgebrauch in den Platonischen Dialogen verständlich. In Interpretationen zur Apologie, zum Gorgias, Theaitetos, Sophistes und Phaidros wird nicht nur die überragende Bedeutung der Rhetorikkritik für die Platonische Philosophie insgesamt, sondern auch die einzigartige Entsprechung von Form und Gehalt der Platonischen Dialoge demonstriert. Es wird gezeigt, daß die Form, in der in den Dialogen ein Gedanke geäußert wird, vielfältige Funktionen erfüllen kann: Sie kann den Gedanken spiegeln, ihn wiederholen und dadurch unterstreichen; sie kann ihn fortführen, ihn aber auch konterkarieren, ihn entlarven und ad absurdum führen. Eine Interpretation, die das jeweils aufspürt und die die Analyse des logischen Gehalts der Argumentation mit der der Form kombiniert, vermag noch wirkliche Entdeckungen an den Platonischen Dialogen zu machen.
Der zweite Teil hat zwei Pole: Husserls Ausdrucks- und Bedeutungstheorie in dem - nicht zuletzt platonisch inspirierten - phänomenologischen Gründungswerk der Logischen Untersuchungen und die Analyse der Rede in Heideggers Sein und Zeit. Dabei wird zweierlei gezeigt: Erstens, wie Husserl bei seinem Versuch, einen rhetorikfreien, rein logischen Ausdruck zu konzipieren, an den okkasionellen Ausdrücken, und das heißt auch an der lebensweltlichen Rede, scheitert; und zweitens, wie Heidegger, der gerade die lebensweltliche Rede als das grundlegende Phänomen des Redens betrachtet, sich statt an der Logik an der Rhetorik orientiert, und zwar konkret an der Rhetorik des Aristoteles, von der es in Sein und Zeit nicht zufällig heißt, sie müsse „als die erste systematische Hermeneutik der Alltäglichkeit des Miteinanderseins aufgefaßt werden“.