Eine Million private Websites existieren allein in Deutschland. Nie zuvor lud ein Medium so sehr zur Selbstdarstellung ein wie heute das Internet. Indem die Autorin private Websites untersucht, überprüft sie die aktuellen Identitätstheorien: Ist das Web tatsächlich der genuine Ort für experimentelle Selbstentwürfe und das Ausleben multipler Identitäten? Diese These neuerer Identitätstheorien, wie etwa der von Sherry Turkle, gilt es zu überprüfen. Im Frühjahr 2003 wurden in einer internetgestützten Umfrage Betreiber privater Websites zu ihren Motiven, Motivationen und Selbstdarstellungsmodi befragt. Daraufhin wurden die Internetauftritte zwischen den Polen „vermittelt die Person möglichst authentisch“ und „virtuell, experimentell inszeniertes Selbstbild“ verortet. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass sich postmoderne Identitätstheorien, die das Web als Spielwiese experimenteller Selbstentwürfe sehen, empirisch nicht bestätigen. Die überwältigende Mehrheit der analysierten Seiten beschränkt sich auf das authentische Darstellen. Sie bieten in der Regel weder Fantasieprodukte oder Identitätsexperimente, noch nutzen sie das Simulationspotenzial des Netzes. Offenbar, so die Autorin, generiert die permanente Transformation, die den Alltag des postmodernen Menschen dominiert, ein Bedürfnis nach authentisch-stabiler Selbstdarstellung, das auch im Web ausgelebt wird.
Identitäten im Internet von Sabina Misoch | Selbstdarstellung auf privaten Homepages | ISBN 9783744515382