Schweizerisches Idiotikon, Band XVII, Heft 223 | Zab-zub, Zach-Zuch, Zacht- zucht | ISBN 9783796534522

Schweizerisches Idiotikon, Band XVII, Heft 223

Zab-zub, Zach-Zuch, Zacht- zucht

Buchcover Schweizerisches Idiotikon, Band XVII, Heft 223  | EAN 9783796534522 | ISBN 3-7965-3452-X | ISBN 978-3-7965-3452-2
Das Schweizerdeutsche Wörterbuch Heft 223 enthält Wörter mit den Lautstrukturen zab bis zub, zach(t) bis zuch(t). Im ersten Teil des Hefts finden sich die beiden markanten Wortsippen ʻZuube’ (f.) ʻRinne, (Wasser-)Strahl’, ein ausschliesslich alemannisches, vermutlich aus dem Lateinischen stammendes Lehnwort, das in vielen Orts- und Flurnamen aufscheint, und ʻZuber’ (m.) für Gefässe in grosser Formenvielfalt und aus verschiedenem Material; die unterschiedlichsten Verwendungszwecke vom Wassergefäss über das Brüh- und Melkgefäss bis zum Fäkalienbehälter und dem Pflanzenkübel lassen sich dokumentieren, und besonders viele Spuren hat das Wort im Bereich des Weinbaus hinterlassen, was sich auch in zahlreichen entsprechenden Zusammensetzungen wie Oomzuber, Vorlaufzuber, Trätt- und Wiizuber spiegelt. Neben dem Personennamen Zacharias, der in vielen mundartlichen Varianten wie Zacharis, Sachreis, Zachis, Zächi, Chris, Risel, Zīsi, Zächeli belegt ist, wird auch das interessante Wort ʻZäch’ ʻZecke’ behandelt, das bereit

Schweizerisches Idiotikon, Band XVII, Heft 223

Zab-zub, Zach-Zuch, Zacht- zucht

Das Schweizerdeutsche Wörterbuch 
Heft 223 enthält Wörter mit den Lautstrukturen zab bis zub, zach(t) bis zuch(t). Im ersten Teil des Hefts finden sich die beiden markanten Wortsippen Zuube (f.) ʻRinne, (Wasser-)Strahl’, ein ausschliesslich alemannisches, vermutlich aus dem Lateinischen stammendes Lehnwort, das in vielen Orts- und Flurnamen aufscheint, und Zuber (m.) für Gefässe in grosser Formenvielfalt und aus verschiedenem Material; die unterschiedlichsten Verwendungszwecke vom Wassergefäss über das Brüh- und Melkgefäss bis zum Fäkalienbehälter und dem Pflanzenkübel lassen sich dokumentieren, und besonders viele Spuren hat das Wort im Bereich des Weinbaus hinterlassen, was sich auch in zahlreichen entsprechenden Zusammensetzungen wie Oomzuber, Vorlaufzuber, Trätt- und Wiizuber spiegelt.
Neben dem Personennamen Zacharias, der in vielen mundartlichen Varianten wie Zacharis, Sachreis, Zachis, Zächi, Chris, Risel, Zīsi, Zächeli belegt ist, wird auch das interessante Wort Zäch ʻZecke’ behandelt, das bereits im Althochdeutschen die Varianten zëhho, zëcko besitzt, die sich bis heute als Zäch(e), Zäck(e), Zägg(e) fortsetzen. Die kleinen Tiere wurden immer als lästige Parasiten wahrgenommen, die auch die Haustiere geplagt haben. Es erstaunt daher nicht, dass das Wort auch zur negativen Charakterisierung von unangenehm aufsässigen oder anhänglichen Personen verwendet wird. Kulturhistorisch interessant ist das gleichlautende, aber mit vorigem nicht verwandte Wort Zäch, neuhochdeutsch Zeche, mit der Bedeutung ʻTrinkgelage in einem Wirtshaus’. Die historischen Belege zeigen, wie immer wieder versucht wurde, ausgelassenes Feiern einzudämmen.
Das einfache Wort Zeiche hat ein sehr grosses Bedeutungsspektrum, das vom einfachen, relativ abstrakten ʻHinweiszeichen’, über das ʻTierkreiszeichen’, das ʻGlockengeläut’, den ʻGutschein’ zum ʻkleinen Heiligenbild’ reicht, darunter aber auch so sonderbare Bedeutungen wie ʻZeigefinger’ oder ʻblecherne Rangmarke in der Schule’ einschliesst. Unter den über 100 Komposita werden etwa Underzeiche ʻgrössere Rosenkranzperle’, Ōrzeiche ʻin die Ohren von Kleinvieh geschnittenes Eigentumszeichen’ oder Wëtterzeiche ʻRegenbogen’ behandelt. Viel Raum beansprucht das ausserordentlich schillernde Wort Wort- oder Warzeiche, das zunächst nur ʻMerkmal, Kennzeichen’ bedeutet, dann aber auch Bedeutungen angenommen hat wie ʻGutschein’, ʻPfand’, ʻLosungswort’, ʻErinnerungsdokument im Taufzettelbrauch’.
Den Abschluss der grossen Wortsippe von Zeiche bildet einerseits das bemerkenswerte Walserverb zeiche ʻzeigen’, das nicht als Variante von zeige aufgefasst wird, sondern als von Zeiche ausgehende Wortbildung, und anderseits das überall vorhandene Verb zeichne mit seinen vielen Zusammensetzungen und Ableitungen wie uuszeichne, Uuszeichnig sowie Zeichnig und Veezeichnig. Mit dem alten Lehnwort Zieche f. (zu griechisch-lateinisch theca) folgt ein Wort und eine Wortgruppe mit der Bedeutung ʻÜberzug über eine Bettdecke, ein Kissen’, welche noch im 19. Jahrhundert in der ganzen deutschen Schweiz verbreitet waren und heute nur noch im Wallis wirklich lebendig sind (etwa in der Zusammensetzung Chisch-Ziecha «Kissenanzug»).
Das vielgestaltige Verb zööche, zööchne, zööchte, zöiche, zööke, zöökle, zöike, zöikle ʻlocken, verführen’ kann trotz seines mundartlichen Formenreichtums auf eine gemeinsame althochdeutsche Form zōhen zurückgeführt werden.