Der Einfluss der Thrombusaspiration während der primären perkutanen Koronarintervention auf die Mortalität von Patienten mit ST-Strecken-Hebungsinfarkt von Maisun Abu Samra | ISBN 9783835968868

Der Einfluss der Thrombusaspiration während der primären perkutanen Koronarintervention auf die Mortalität von Patienten mit ST-Strecken-Hebungsinfarkt

von Maisun Abu Samra
Buchcover Der Einfluss der Thrombusaspiration während der primären perkutanen Koronarintervention auf die Mortalität von Patienten mit ST-Strecken-Hebungsinfarkt | Maisun Abu Samra | EAN 9783835968868 | ISBN 3-8359-6886-6 | ISBN 978-3-8359-6886-8
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Der Einfluss der Thrombusaspiration während der primären perkutanen Koronarintervention auf die Mortalität von Patienten mit ST-Strecken-Hebungsinfarkt

von Maisun Abu Samra
Die KHK zählt weltweit zu den häufigsten Todesursachen. Insbesondere der STEMI stellt ein akut lebensbedrohliches Ereignis dar. Das Ausmaß der koronaren und myokardialen Perfusion nach der Durchführung der PPCI hat einen entscheidenden Einfluss auf die Morbidität und die Mortalität. Seit Jahren werden intensive Bemühungen zur Verbesserung der Reperfusionsstrategien unternommen. Der STEMI beruht in circa 90% der Fälle auf einem akuten, thrombotischen Verschluss und somit liegt ein Fokus der Reperfusionsstrategie auf der Reduktion der intrakoronaren Thrombuslast. Ein wirksames Verfahren stellt hierfür neben der Thrombozytenaggregationshemmung vor allem die manuelle TA dar. In den letzten Jahren wurden deshalb zahlreiche Studien zur Prüfung der routinemäßigen TA zusätzlich zur PPCI durchgeführt. Diese gelangten jedoch zu uneinheitlichen Ergebnissen hinsichtlich des Nutzens und der Sicherheit des Verfahrens.
Primäres Ziel der vorliegenden Studie war es zu klären, ob die routinemäßig angewendete TA bei einer Gruppe von nicht selektionierten STEMI-Patienten zur Reduktion der intrahospitalen Sterblichkeit und der Langzeitmortalität führt. Des Weiteren sollte der Einfluss der TA auf die sekundären Endpunkte während der Hospitalisation und im Follow-up (Median 689 Tage) erfasst werden. Zu diesem Zweck erfolgte die retrospektive Propensity Score-adjustierte Analyse der Daten von 1.027 Patienten, die zwischen Januar 2009 und September 2013 aufgrund eines STEMI im Herz- und Thorax-Zentrum der Kerckhoff-Klinik Bad Nauheim oder in der Medizinischen Klinik I (Kardiologie und Angiologie) des Universitätsklinikums Gießen und Marburg (Standort Gießen) mittels einer PPCI (± TA) interventionell behandelt worden waren.
In unserer Studie zeigte sich eine signifikant erhöhte intrahospitale Mortalität nach Anwendung der TA im Vergleich zur konventionellen PPCI (TA: 8,7% vs. PPCI: 5,0%, P=0,03). In der Nachbeobachtung kam es zu einer Angleichung der beiden Behandlungsgruppen mit gleich hohen Langzeitmortalitätsraten (TA: 14,3% vs. PPCI: 15,0%, P=0,85). Ein Überlebensvorteil konnte durch die zusätzliche Anwendung der TA folglich nicht erreicht werden (HR 1,13; 95% CI 0,72-1,78; P=0,59) (Abbildung 7).
Bezüglich des sekundären Studienziels, der Erfassung von Auswirkungen der TA auf klinische Parameter wie beispielsweise postinterventioneller Koronarfluss, Re-Myokardinfarkt oder Notwendigkeit zur Revaskularisation, ergab sich für die meisten klinischen Endpunkte ebenfalls keine signifikante Besserung durch die TA. Allerdings zeigte sich in der Gruppe der mittels TA behandelten Patienten eine signifikante Reduktion von Angina pectoris Symptomatik im Follow-up. Hierbei wurde Beschwerdefreiheit (CCS Grad 0) von 74,9% der TA-Patienten im Vergleich zu 62,5% der PPCI-Patienten (P=0,02) angegeben. Darüber hinaus waren in der TA-Gruppe erheblich weniger Rehospitalisationen aufgrund einer Herzinsuffizienzsymptomatik notwendig (TA: 1,8% vs. PPCI: 10,3%, P=0,0001).
Zusammenfassend zeigte sich für ein nicht selektioniertes Kollektiv von STEMI-Patienten ein deutlicher Anstieg der intrahospitalen Sterblichkeit nach routinemäßigem Einsatz der TA, was im Vergleich zu vorherigen Studien nicht zu erwarten gewesen war. Die Angleichung der Mortalitätsraten beider Behandlungsgruppen im Langzeitverlauf lässt jedoch auf positive Auswirkungen der TA auf das myokardiale Remodeling schließen. Diese könnten folglich auch ursächlich sein für die geringere Notwendigkeit von herzinsuffizienzbedingten Rehospitalisationen der TA-Patienten.
Die Identifikation von Patienten, die von der Anwendung der zusätzlichen TA profitieren, sollte zukünftig einen besonderen Schwerpunkt bei der Versorgung von STEMI-Patienten darstellen. Weitere prospektiv randomisierte Studien zum selektiven Einsatz der TA sind dafür notwendig. Eine routinemäßige Anwendung ist nach derzeitiger Studienlage und den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung nicht mehr empfehlenswert, was in den Jahren 2015 und 2017 bereits zu einer Änderung der amerikanischen und europäischen STEMI-Leitlinien geführt hat (aktueller Empfehlungsgrad: Klasse IIIA).