Genetic variability of bovine milk proteins and their associations with health and growth parameters of pre weaned beef and dairy calves von Lisa Gisela Hohmann | ISBN 9783835969605

Genetic variability of bovine milk proteins and their associations with health and growth parameters of pre weaned beef and dairy calves

von Lisa Gisela Hohmann
Buchcover Genetic variability of bovine milk proteins and their associations with health and growth parameters of pre weaned beef and dairy calves | Lisa Gisela Hohmann | EAN 9783835969605 | ISBN 3-8359-6960-9 | ISBN 978-3-8359-6960-5
Backcover
Inhaltsverzeichnis 1

Genetic variability of bovine milk proteins and their associations with health and growth parameters of pre weaned beef and dairy calves

von Lisa Gisela Hohmann
Genetische Variabilität in Nutztierpopulationen ist entscheidend für die Anpassung an zukünftige Veränderungen (z. B. Klima, Marktanforderungen) sowie für das Erreichen von Zuchtfortschritt. Daher war es ein Ziel dieser Arbeit, die Variabilität der vier Kaseine, die mit 80 % den Hauptanteil der Milchproteine einnehmen, in unterschiedlichen Selektionslinien deutscher Rinderrassen zu untersuchen. Aufgrund ihres Einflusses auf ökonomisch wichtige Leistungsmerkmale (u. a. Milchmenge) und darüber hinaus auf verarbeitungstechnische Eigenschaften der Milch, eignen sich Milchproteinpolymorphismen als wertvolles Instrument zur Abbildung von Selektion. Insbesondere durch ihren positiven Einfluss auf die Milch- und Proteinmenge, die während der Säugeperiode einen entscheidenden Faktor für das Wachstum von Mastkälbern darstellen, haben Milchproteinpolymorphismen auch in der Fleischrinderzucht an Bedeutung gewonnen. Auf Basis dieser Erkenntnisse war es ein weiterführendes Ziel, den Einfluss von maternalen Milchproteingenotypen auf die Wachstumsentwicklung von Mastkälbern zu analysieren. Zunehmend wird auch ein Nutzungspotential von Milchproteinpolymorphismen in der funktionellen Ernährung beschrieben, wobei insbesondere bioaktive Peptide Beachtung finden. Aktuell am häufigsten diskutiert sind die gesundheitlichen Vorteile der ursprünglichen A2 Variante des β-Kaseins im Vergleich zur A1 Variante, die im Laufe der Evolution durch eine Mutation entstanden ist. Im Fokus dieser Argumentation steht das opioid-wirkende Peptid β Casomorphin-7 (β CM7), das hauptsächlich bei der Hydrolyse von A1 β Kasein freigesetzt und mit Folgen für die Gesundheit diskutiert wird. Basierend auf diesem Hintergrund wurde ein In vivo-Versuch durchgeführt, in dem neugeborene Kälber mit ausschließlich A1- oder A2 Milch getränkt wurden. Mögliche Auswirkungen der unterschiedlichen Milchvorlage im Hinblick auf die Freisetzung des Peptids β-CM7 wurden anhand von Wachstums- und Gesundheitsindikatoren (u. a. Körperkerntemperatur, Kotkonsistenz) sowie erstmals anhand von Plasmakonzentrationen von β-CM7 erfasst. Diese Ergebnisse bieten weiterführend eine Basis für zukünftige Humanstudien hinsichtlich neuer Perspektiven im Bereich ‚Functional Foods‘. Auf Grundlage dieser Untersuchungen beleuchtete die Arbeit abschließend das Potential, bovine Milchproteinpolymorphismen als mögliches zukünftiges züchterisches Instrument zu nutzen. Dabei wurde insbesondere auf züchterische Strategien zur Umstellung auf eine reine A2-Herde sowie auf Herausforderungen der marker-gestützten Selektion eingegangen. Aufgrund dieser unterschiedlichen Aufgabestellungen sowie Datensätzen im Hinblick auf Milchproteinpolymorphismen wurde die vorliegende Arbeit in verschiedene Kapitel unterteilt. Um an das Dissertationsprojekt heranzuführen, dient Kapitel 1 der allgemeinen Einleitung. Zu Beginn wurde dabei die Bedeutung von boviner Milch für die menschliche Ernährung aber auch für die Versorgung neugeborener Kälber hervorgehoben. Im weiteren Verlauf wurde speziell auf die Eigenschaften und Funktionen der vier Kaseine eingegangen. Kapitel 2 befasst sich mit einer Diversitätsanalyse boviner Milchproteinpolymorphismen auf Basis individueller Selektionslinien innerhalb der Rinderrassen Holstein Friesian (HF), Deutsches Schwarzbuntes Niederungsrind (DSN) und Deutsches Fleckvieh (GS). Ob die unterschiedliche Gewichtung von Merkmalen in den einzelnen Zuchtrichtungen (z. B. Zucht auf Weideeignung) bereits Auswirkungen auf die Allelfrequenzen von Genen hat, die unter Selektionsdruck stehen, sollte am Beispiel der Milchproteine untersucht werden. Die Identifizierung der genetischen Varianten der Milchproteine αS1-, αS2-, β-, und κ-Kasein erfolgte mittels biochemischer Methoden. Die Ergebnisse deuten auf unterschiedliche Zuchtstrategien in Produktionssystemen mit und ohne Weidehaltung hin. Ein höherer Anteil des κ-CN B Allels ist bei HF-Populationen mit Weidegenetik im Gegensatz zur Referenzpopulation aus Stallhaltungssystemen zu verzeichnen. Für die Milcherzeugung auf Grünland werden Rassen benötigt, die eine optimale Eignung für die Haltung auf Dauergrünland aufweisen und die genetischen Voraussetzungen haben, Milch zu produzieren, die den heutigen Anforderungen der Verbraucher entspricht. Die Vorherrschaft der Variante B (κ CN) könnte demnach ein Ergebnis der indirekten Selektion auf Weideeignungsmerkmale sein. Ein Vergleich zwischen aktuellen und historischen Daten zeigt deutliche Verschiebungen der Allelfrequenzen und unterstreicht somit, dass die Kaseine Selektionsmechanismen unterliegen. Steigende Allelfrequenzen konnten vor allem für die Allele A2 (β-CN) und B (κ CN) beobachtet werden, wobei niedrig-frequentierte Allele wie z. B. αs1-CN A und αs2-CN D nicht nachgewiesen werden konnten. Dieser Verlust von Allelen an einem Genort geht mit abnehmender Diversität einher und suggeriert ein regelmäßiges Monitoring der Milchproteinpolymorphismen.
Auf Basis der Erkenntnisse, dass Milchproteinpolymorphismen einen Einfluss auf die Milchzusammensetzung (u. a. Milchproteingehalt) sowie auf die Ernährungsphysiologie des Menschen haben, wurden in Kapitel 3 Assoziationen zwischen der (Mutter-)Milch unterschiedlicher Kaseingenotypen und der Gewichtsentwicklung von Fleischkälbern untersucht. Hierbei wurden das Geburtsgewicht, die täglichen Zunahmen sowie das Absetzgewicht nach einer Säugezeit von 180 Tagen von Kälbern der Rassen Deutsch Angus (GA) und GS erfasst. Neben dem Einfluss individueller Kaseingenotypen (αs1-, β-, αs2-, und κ CN) wurden bei der Anwendung linearer gemischter Modelle auch gekoppelte αs1 β αs2 κ CN Genotypen (Reihenfolge der Gene auf BTA6) betrachtet, um die Effekte des gesamten Kaseinclusters unter Berücksichtigung von Interaktionseffekten abzubilden. Höhere tägliche Zunahmen und ein höheres Absetzgewicht konnte für Kälber, die an Mutterkühen mit dem Genotyp BB für jeweils αs1-CN und κ-CN gesäugt haben, verzeichnet werden (P < 0.05). So wiesen z. B. Kälber nach Aufnahme von Milch des Genotyps BB (κ-CN) im Vergleich zu den Genotypen AB und AA (beide 204 kg) mit 215 kg ein signifikant höheres Absetzgewicht auf. Der β-CN Genotyp zeigte ausschließlich einen Effekt auf das Geburtsgewicht von Kälbern. Da das Geburtsgewicht nicht von der Milchaufnahme abhängig ist, wird eine Kopplung der Kaseinloci mit Genomsegmenten, die mit fetalem Wachstum assoziiert sind, vermutet. Unter Beachtung von Interaktionseffekten führte der Verzehr von Milch des kombinierten Genotyps BB|A2A2|AA|AB (αs1-ǀβ-ǀαs2-ǀκ-CN) zu höheren Zunahmen sowie zu höheren Absetzgewichten, im Vergleich zu den anderen kombinierten Genotypen (P < 0.05). Der vorteilhafte Effekt des Genotyps BB|A2A2|AA|AB könnte aus anderen Quantitative Trait Loci (QTL) für Körpergewicht hervorgehen, die sich im Kopplungsungleichgewicht mit den Kaseingenen befinden. Basierend auf diesen Ergebnissen konnte der Einsatz von Milchproteinpolymorphismen als wertvolles Instrument in der Futterprogrammierung von Kälbern identifiziert werden. Hohe Zunahmen in den ersten Lebenswochen von Kälbern bilden die Voraussetzung für eine gute Konstitution, ein niedriges Erstkalbealter und hohe Zunahmen bei Masttieren. Auf diese Weise können Züchter und Tierhalter gezielt Mutterkühe selektieren, die den Genotypen aufweisen, um die postnatale Gewichtsentwicklung von Kälbern zu verbessern. Der in Kapitel 4 aufgeführte In-vivo Versuch diente zur Analyse der Effekte der Aufnahme boviner Milch mit unterschiedlichen β-Kaseinvarianten (A1- vs. A2-Milch) auf die Entwicklung und Gesundheit von neugeborenen Kälbern aus Milchproduktionssystemen. Hierbei handelte es sich um ein Kooperationsprojekt zwischen den Universitäten Ludwig-Maximilians-Universität München und Justus-Liebig-Universität Gießen, welches am Lehr- und Versuchsgut Oberschleißheim durchgeführt wurde. Als Grundlage für diesen Versuch dienten Studien, die bereits nachweisen konnten, dass der Konsum von A1-Milch und damit die Aufnahme des opioid-wirkenden Peptides β casomorphin-7 (β-CM7) zu entzündlichen Reaktionen im Darm von Mäusen und Ratten sowie zu einer unregelmäßigen Atmung bis hin zum Atemstillstand führte. Im genannten Fütterungsversuch wurden 47 neugeborene Kälber die ersten drei Lebenswochen mit unterschiedlichen β-Kaseinvarianten in der Vollmilch getränkt (A1- vs. A2-Milch). Parallel dazu wurden Gesundheitsparameter (Atemfrequenz, Körperkerntemperatur, Kotbonitur) sowie die Gewichtsentwicklung dokumentiert. Unter der Berücksichtigung von externen Umweltfaktoren (u. a. Geschlecht) in linearen gemischten Modellen, ergaben sich für die beiden Fütterungsgruppen ausgeprägte Unterschiede hinsichtlich der täglichen Milchaufnahme sowie der Kotbonitur. Kälber, die ausschließlich A2-Milch aufnahmen, zeigten eine deutlich weichere Kotkonsistenz und darüber hinaus ein vermehrtes Durchfallaufkommen. Beide Fütterungsgruppen zeigten in den Wachstumsparametern (tägl. Zunahmen, Endgewicht) keine Unterschiede. Dies induziert, dass A2-Milch den höheren Nährstoff- und Wasserverlust aufgrund des häufigeren Durchfalls sowie die geringere Milchaufnahme aufgrund des höheren Milchproteingehalts kompensieren kann. Im Zuge dieses Fütterungsversuches ist es außerdem erstmals gelungen, intaktes β CM7 im Plasma von Kälbern nachzuweisen. Dafür wurden jeweils drei Blutproben von den betrachteten Kälbern entnommen. Die Blutentnahmen erfolgten direkt nach der Geburt, sowie an den Lebenstagen 3 und 21. Repräsentative Plasmaproben wurden im Labor des Instituts für Tierzucht und Haustiergenetik (JLU Gießen) mittels einem Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA) auf β-CM7 untersucht. Direkt nach der Geburt und damit vor der ersten Kolostrum- bzw. Kaseinaufnahme konnte kein β CM7 im Plasma der Kälber identifiziert werden. In den zwei darauffolgenden Blutentnahmen konnte in beiden Fütterungsgruppen intaktes β-CM7 gemessen werden. Es zeigte sich jedoch eine 5-mal höhere Konzentration an β CM7 im Plasma von A1-Kälbern verglichen mit Kälbern, die reine A2-Milch über drei Wochen aufgenommen haben.
Abschließend dient Kapitel 5 einer allgemeinen Diskussion, die die wichtigsten Erkenntnisse sowie forschungsrelevante Ergebnisse der vorherigen Kapitel vor dem Hintergrund der aktuellen züchterischen Entwicklung betrachtet. Darüber hinaus wird ein Ausblick bezüglich zukünftiger Selektionsentscheidungen, Trends und Möglichkeiten in der Nutzung von Milchproteinpolymorphismen in der Rinderzucht gegeben.