Das Bild der Berufsschule im ausgehenden 20. Jahrhundert von Reinhard Zedler | ISBN 9783835970953

Das Bild der Berufsschule im ausgehenden 20. Jahrhundert

von Reinhard Zedler
Buchcover Das Bild der Berufsschule im ausgehenden 20. Jahrhundert | Reinhard Zedler | EAN 9783835970953 | ISBN 3-8359-7095-X | ISBN 978-3-8359-7095-3
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Inhaltsverzeichnis 1

Das Bild der Berufsschule im ausgehenden 20. Jahrhundert

von Reinhard Zedler
Die Berufsschule ist mit Betrieben ein Träger oder Lernortbereich in der Berufsausbildung im dualen System. Damit entsteht ein Problem der Aufgabenteilung und der gegenseitigen Erwartungen und Bewertungen zwischen Berufsschule und Betrieben. Charakteristisch für die Berufsschule sind folgende Merkmale: Sie ist eine Pflichtschule, eine Sekundärschule, eine Teilzeitschule und ihre Bildungsaufgabe ist vorwiegend beruflicher Art (vgl. Kapitel 2.1).
Die Wurzeln der Berufsschule reichen bis ins 18. Jahrhundert zurück. Ihre Entwicklung ist bis zur heutigen Berufsschule durch folgende Institutionen vorbereitet worden: Die religiöse Sonntagsschule im 18. Jahrhundert, die allgemeine Fortbildungsschule im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert und die beruflich gegliederte Fortbildungsschule Anfang des 20. Jahrhunderts. Eine allgemeine Berufsschulpflicht wurde mit dem Reichsschulpflichtgesetz von 1938 eingeführt (vgl. Kapitel 2.1).
Gegenwärtig steht die Berufsschule – wie bereits zu Anfang des 20. Jahrhunderts – in der Diskussion. In den 90er Jahren wird verstärkt „die Zukunft der Berufsschule“ im Zusammenhang mit der Zukunftsfrage der Berufsausbildung im dualen System diskutiert. Immer wieder gibt es eine kontroverse Diskussion über den Unterrichtsumfang des Berufsschulunterrichtes.
Aufgrund der Entwicklungen in der Arbeitswelt, der Wirtschaft und dem Bildungswesen stellen sich neue Aufgaben für die Berufsschule. Auch das höhere Alter der Schüler und die Heterogenität des Schülerkreises stellen neue Anforderungen. Die Berufsschulen haben nicht nur neue methodische Konzepte zu erproben, um Schlüsselqualifikationen zu fördern und der veränderten Vorbildungsstruktur der Berufsschüler gerecht zu werden. Außerdem haben sie neue Inhalte zu vermitteln, wie Fremdsprachen, und umweltbezogenes Verhalten zu fördern (vgl. Kapitel 2.3).
Für die Berufsschulen eines Landes gilt die Länderkompetenz. Für die 1.768 Berufsschulen, die derzeit in Deutschland bestehen, sind aufgrund dieser Kulturhoheit Vereinbarungen bedeutsam, welche die Ständige Konferenz der Kultusminister (KMK) beschließt. Im März 1991 hatte die KMK die „Rahmenvereinbarung über die Berufsschule“ beschlossen. Demnach hat die Berufsschule eine doppelte Aufgabe: Sie hat zum einen allgemeine, zum anderen berufliche Lerninhalte unter besonderer Berücksichtigung der Anforderungen der Berufsausbildung zu vermitteln. Der Unterricht an der Berufsschule umfasst mindestens 12 Wochenstunden. Er gliedert sich in den Pflicht- und in den Wahlpflichtbereich. Zum Pflichtbereich gehört der allgemein bildende und berufsbezogene Unterricht. Die Wahlpflicht- und Wahlfächer können angeboten werden, um den Unterricht zu stützen, zu vertiefen oder zu erweitern, wie durch Fremdsprachen.
In der KMK „Erklärung zu Umfang und Organisation des Berufsschulunterrichtes“ vom 30. November/1. Dezember 1995 wird nicht nur diese Rahmenvereinbarung von 1991 bekräftigt. Vielmehr wird in dieser Erklärung herausgestellt, dass flexible Regelungen der Länder unterschiedliche Formen des Berufsschulunterrichtes zulassen, und zwar vom traditionellen Teilzeitunterricht über alternierende Modelle bis hin zum Blockunterricht. Die Wahl der jeweiligen Organisationsform der Berufsschule, so wird in der Erklärung betont, erfolgt grundsätzlich in enger Abstimmung mit den Betrieben im Einzugsbereich.
Angesichts der vielfältigen Forderungen an die Berufsschule und der KMK-Beschlüsse stellt sich die Frage, inwieweit die Berufsschule ihre Aufgaben gemäß den zeitbezogenen Anforderungen erfüllt. In den empirischen Sozialwissenschaften sind Berufsschulen in den letzten 20 Jahren vor allem Gegenstand der Soziologie, der Schulforschung und der Berufsbildungsforschung gewesen (vgl. Kapitel 2.2). Eine Analyse dieser Untersuchungen über die Berufsausbildung ergibt, dass die Berufsschule zumeist nicht eigens thematisiert und analysiert wurde. In diesen Studien ist die Bewertung der Berufsschule oftmals ein Thema der Berufsausbildung neben anderen. Außerdem wurden zumeist nur die Auszubildenden befragt; doch die Lernenden sind nicht der einzige Adressat der Berufsschule in den Ausbildungsbetrieben.
Daher fehlt im ausgehenden 20. Jahrhundert eine Untersuchung über die Berufsschule in ihrer Bewertung durch Ausbildungsbetriebe, Auszubildende und Kultusministerien. Diese Arbeit versucht, einige damit zusammenhängende Lücken zu schließen.