Postmoderne Theorien - Gegenstandslose Ideologien von Siegfried Malzahn | ISBN 9783844017038

Postmoderne Theorien - Gegenstandslose Ideologien

von Siegfried Malzahn und Werner Pfau, herausgegeben von Roland Haenselt
Mitwirkende
Herausgegeben vonRoland Haenselt
Autor / AutorinSiegfried Malzahn
Autor / AutorinWerner Pfau
Buchcover Postmoderne Theorien - Gegenstandslose Ideologien | Siegfried Malzahn | EAN 9783844017038 | ISBN 3-8440-1703-8 | ISBN 978-3-8440-1703-8

Postmoderne Theorien - Gegenstandslose Ideologien

von Siegfried Malzahn und Werner Pfau, herausgegeben von Roland Haenselt
Mitwirkende
Herausgegeben vonRoland Haenselt
Autor / AutorinSiegfried Malzahn
Autor / AutorinWerner Pfau
Das Buch mit dem provozierenden Titel „Postmoderne Theorien – Gegenstandslose Ideologien“ hat den Anspruch, Theorien wie der Systemtheorie Luhmann’s, der pragmatischen Kommunikations-theorie Watzlawick’s und dem Radikalen Konstruktivismus Maturana’s und Roth’s ihre Fehler und ihre so unbegründete Parteilichkeit für ihre Gegenstände nachzuweisen, um dem flächendeckenden Niedergang der Geistes- und Gesellschaftswissenschaften etwas entgegenzuwirken und zur öffentlichen Austragung der zugrundeliegenden Kontroversen anzuregen.
Dass der Mainstream-Charakter konstruktivistischen Gedankenguts nicht ohne verhängnisvolle Folgen für unsere Gesellschaft bleibt, zeigt nicht zuletzt ein Blick auf unser Schul- und Hochschulsystem und die verheerenden Auswirkungen konstruktivistischer und systemtheoretisch inspirierter Methodik und Didaktik, Auswirkungen, die auch in den PISA-Studien immer wieder höchst negativ in Erscheinung getreten sind.
Der erste Beitrag des Psychologen Roland Haenselt erörtert – angesichts des anhaltenden Watzlawick-Booms mit hoher Aktualität und Provokanz – die pragmatische Kommunikationstheorie der Palo-Alto-Schule in ihrer logischen Inkonsistenz, ihren enormen wissenschaftlichen Mängeln und ihren dennoch großen ideologischen „Verdiensten“. Neben einer ausführlichen Würdigung und Widerlegung zentraler Theoriebausteine wie des pragmatischen Kalküls und der pragmatischen und therapeutischen Paradoxien erörtert der Autor die Auswirkungen einer derart schwachen Theorie auf die sich daraus ableitende, systemisch-familientherapeuische Praxis, die sich als „besser als ihre Hintergrundtheorie“ erweist, da sie – uneingestandenermaßen – im Kontext der Psychoanalyse erworbene Kompetenzen ihrer Praktiker einbezieht. Schließlich wird die Frage bearbeitet und beantwortet, warum „alle Welt“ sich auf die pragmatische Kommunikationstheorie positiv bezieht, mit ihr eigene Vorhaben begründet und legitimatorisch absichert, die inhaltlich zumeist mit ihr wenig bis gar nichts zu tun haben, und sich durch sie in den eigenen Schwierigkeiten gut verstanden und beraten fühlt, obwohl sie zu deren Lösung – entgegen eigener Bekundung – doch nichts beizutragen hat.
Im zweiten Beitrag setzt sich der Philosoph Siegfried Malzahn mit der System- und Beobachtungstheorie Niklas Luhmann’s, ihren Bezügen zu anderen Differenzdenkern und zum radikalen Konstruktivismus auseinander. Grundlegende systemtheoretische Begrifflichkeit wie „Differenz“, „Paradoxie“, „Beobachtung“, „Autopoiese“ und „Viabilität“ wird in ihrer Widersprüchlichkeit und Widersinnigkeit einer Fundamentalkritik unterzogen, die das Kritisierte in seinen wesentlichen Dimensionen empfindlich trifft und umfassend begründet vor einer unkritischen Übernahme oder Bezugnahme warnt. Malzahn verortet sich selbst als „Beobachter“ des Wissenschaftsbetriebes, der „keine akademischen Rücksichten zu nehmen hat“, und nimmt sich so die Freiheit zu argumentativ tiefgängiger Polemik, die im Nachweis durchgängiger ideologischer Parteilichkeit der von ihm kritisierten Theoriebestandteile für das Bestehende gipfelt. Wenn die Theoriekonstruktion ihre Gegenstände nur noch affirmieren kann, die Logik innertheoretisch „abgeschafft“ worden ist, so ergeben sich daraus auch Folgerungen für den Umgang unterschiedlicher Diskursformen miteinander: ein Kritikverbot – jedenfalls im Hinblick auf die Verwendung nicht zu einem Diskurs gehöriger Kriterien in der kritischen Bezugnahme auf ihn –, das dieser Autor in seinem begründeten Festhalten an der Logik immer wieder höchst erfrischend alteuropäisch durchbricht.
Sodann werden im dritten Beitrag des Pädagogen Werner Pfau zentrale konstruktivistische Positionen einer kritischen Prüfung unterzogen. Neben dem Nachweis erkenntnistheoretischer Fehler geht der Autor dabei insbesondere auch dem apologetischen Nutzen dieser Positionen auf den Grund und charakterisiert sie so als ideologisch.
Warum stehen diese – auf den ersten Blick doch so verschiedenen – theoretischen Auseinandersetzungen mit unterschiedlichen Gegenständen in einem Buch zusammen? Was ist ihr inhaltliches Bindeglied, ihr gemeinsamer Nenner? Wie eng die Beiträge inhaltlich miteinander „verzahnt“ sind, ist dem Herausgeber erst im Prozess des Schreibens und im Zuge der begleitenden Redaktionssitzungen des Autorenteams so richtig bewusst geworden. Die ausgewählten Themen konstituieren – so die gewagte Hypothese – so etwas wie den Mainstream der gegenwärtig die Geistes- und Gesellschaftswissenschaften bestimmenden Diskurse und wissenschaftstheoretischen Hintergrundsüberzeugungen. Kaum eine postmoderne Veröffentlichung, die sich nicht systemtheoretisch, systemisch oder konstruktivistisch legitimiert, kontextualisiert, kaum eine bildungs- oder gesundheitspolitische Entscheidung, der nicht derartige Begründungen hinterhergeschoben werden, die nicht systemtheoretisch oder kommunikationstheoretisch in ihrem Schaden für die Betroffenen „begründet“ wird.
Was liegt also näher, als sich einmal grundsätzlich mit der wissenschaftlichen Qualität dieses Mainstreams zu befassen?