Modeling decarbonization pathways of Europe's electricity supply system until 2050 von Guido Pleßmann | ISBN 9783844067934

Modeling decarbonization pathways of Europe's electricity supply system until 2050

von Guido Pleßmann
Buchcover Modeling decarbonization pathways of Europe's electricity supply system until 2050 | Guido Pleßmann | EAN 9783844067934 | ISBN 3-8440-6793-0 | ISBN 978-3-8440-6793-4

Modeling decarbonization pathways of Europe's electricity supply system until 2050

von Guido Pleßmann
Der voranschreitende Klimawandel stellt eine der größten Herausforderungen für das Wohlergehen der Menschheit dar. Auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse, insbesondere durch die des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), wurden globale und multinationale Abkommen zur langfristigen Stabilisierung des weltweiten Klimas vereinbart. Das globale Klimaschutzabkommen von Paris im Jahr 2015 zielt auf eine Begrenzung der globalen Erderwärmung von maximal 2°C – bevorzugt höchsten 1,5°C – bis 2100 ab. Um dies zu erreichen hat die EU umfassende Emissionsminderungsziele von -80 % bis -95 % bis zum Jahr 2050 in Energie- und nicht-Energiesektoren vereinbart. Von diesem Ziel leiten sich unterschiedliche Minderungsziele für einzelne Sektoren ab. Für die Erreichung der langfristigen Emissionsminderung werden schrittweise kurzfristigere Ziele für einzelne Mitgliedsstaaten vereinbart. Ein Masterplan für die konkrete Realisierung der sektoralen Emissionsminderungsziele bis zum Jahr 2050 liegt allerdings bisher nicht vor. Dabei wird insbesondere die zweite Hälfte der Umsetzungsphase des Klimaschutzabkommens verschärfte Herausforderungen mit sich bringen. Im Bereich der Energieversorgungssektoren betrifft dies insbesondere den Stromsektor, da dieser mit besonders strengen Minderungszielen belegt ist und zusätzlich eine Verlagerung von Lasten aus anderen Energiesektoren zu erwarten sind.
Eine kostengünstige Umsetzung der Klimaschutzziele im Stromsektor benötigt eine optimierte Planung und Strategie. Langfristige Planungs- und Abschreibungszeiträume für Kraftwerke und ein tiefgreifender technologischer Wandel erzeugen ein komplexes und dynamisches Umfeld. Kurzfristige Entscheidungen haben Auswirkungen auf die mittel- und langfristige Energieversorgungsstruktur. Daher unterstützen modellbasierte Studien zum Umbau der Energieversorgungsinfrastruktur politische Planungsprozesse und geben Einblicke in entscheidungsrelevante technisch-ökonomischer Zusammenhänge. Trotz einer Vielzahl an Studien zur zukünftigen Europäischen Energie- und insbesondere Stromversorgung, besteht zu wenig Kenntnis über den schrittweisen Wandel im Stromversorgungssystem. Dies betrifft insbesondere die Übergangspfade hin zu einem klimafreundlichen System und die technologischen Veränderungen in der Phase ab 2030.
Um diese Lücke zu füllen, skizziert diese Arbeit kostengünstige Dekarbonisierungspfade für den europäischen Stromsektor zur Erreichung der EU-Treibhausgasminderungsziele. Diese Pfade beschreiben die Umstrukturierung der Energieversorgungsinfrastruktur hinsichtlich Investitionen in Kraftwerks-, Energiespeicher-, und Übertragungsnetzkapazitäten in 5-Jahres-Schritten bis zum Jahr 2050. Zur Ermittlung dieser Pfade wurde das mehr-perioden, mehr-regionen Energiesystemmodell elesplan-m für den europäischen Stromsektor entwickelt und angewendet. Basierend auf linearer Programmierung ermöglicht es kostenoptimale Investitionsentscheidungen unter Berücksichtigung der technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu treffen. Dafür wurden Referenzjahre in stündlicher Auflösung berechnet.
Die analysierten Übergangspfade, die zu einer Minderung der Treibhausgasemissionen bis 2050 um -98 % bezogen auf 1990 führen, zeigen, dass erhebliche Investitionen mit der Umstrukturierung der europäischen Stromversorgung verbunden sind. Stromerzeugung aus Photovoltaik (PV) und Windenergieanlagen wird den Großteil der Gesamtstromerzeugung ausmachen. Dazu werden 1.430 GW Windenergieanlagen und 1.260 GW PV-Anlagen im Jahr 2050 benötigt. Um dies zu erreichen, muss ein durchschnittlicher jährlicher Ausbau von ca. 40 GW/a beider Technologien erfolgen. Eine verstärkte internationale Kooperation in der Stromversorgung durch den Ausbau der Grenzüberschreitenden Übertragungsnetzkapazitäten begünstigt die kosteneffiziente Umsetzung der Klimaschutzmaßnahmen im Stromsektor. Energiespeicher in einer Größenordnung von 43 GW Pumpspeicherkraftwerken, 230 GW Batteriespeichern und 260 GW Power-to-gas werden im Jahr 2050 benötigt, um Schwankungen in der Energieversorgung auszugleichen. Die Analyse verschiedener Sensitivitäten verdeutlicht, dass langfrist-Energiespeicher, z. B. Power-to-gas, zur Erreichung von einer Treibhausgasemissionsminderung von -88 % und weniger erforderlich sind. Emissionsintensive Kohleverstromung muss spätestens Mitte der 2030er Jahre beendet werden, um den Dekarbonisierungspfad zu realisieren. Insgesamt ist ein Anstieg der Stromgestehungskosten von rund 60 % zu erwarten. Analysierte Szenarien weisen diesbezüglich einen Schwankungsbereich von +/- 10 % auf, womit die Kostensteigerung als erwartbar angesehen werden kann. Unter Berücksichtigung externer Kosten zeigt sich ein anderes Bild. Werden steigende Brennstoffkosten, Folgekosten des Klimawandels und weitere externe Kosten berücksichtigt, entsprechen diese nahezu der Steigerung der Stromgestehungskosten des dekarbonisierten Stromsystems.
Aus den Ergebnissen dieser Arbeit lässt sich schlussfolgern, dass ein verlässlicher politischer Rahmen für die erfolgreiche Umsetzung der Klimaschutzvorhaben notwendig ist. Ein europaweiter Umsetzungsplan zur Realisierung der Klimaschutzziele im Stromsektor ermöglicht koordinierte Maßnahmen in einzelnen Ländern und kann zu einem insgesamt kostengünstigen Übergang führen. Die Schaffung eines verlässlichen Investitionsumfeldes ist notwendig für Investoren, um einen Anreiz für Investitionen in Kraftwerks- und Speicherprojekte zu bieten. Ferner muss sichergestellt werden, dass notwendige Technologien, wie z. B. Power-to-gas, und ausreichend Produktionskapazitäten für bspw. Windenergie- und PV-Anlagen verfügbar sind. Sofortiges Handeln ist erforderlich, um Klimaschutz im Rahmen der 2°C Ziele zu realisieren. Investitionen in fossile Kraftwerkstechnologien, die bald nicht mehr wirtschaftlich nutzbar sind, müssen vermieden und auf der anderen Seite Investitionen in erneuerbare Technologien gestärkt werden.