Vinyl Lexikon von Frank Wonneberg | Fachbegriffe, Sammlerlatein, Praxistipps | ISBN 9783862656226

Vinyl Lexikon

Fachbegriffe, Sammlerlatein, Praxistipps

von Frank Wonneberg
Buchcover Vinyl Lexikon | Frank Wonneberg | EAN 9783862656226 | ISBN 3-86265-622-5 | ISBN 978-3-86265-622-6

Vinyl Lexikon

Fachbegriffe, Sammlerlatein, Praxistipps

von Frank Wonneberg
Die ganze Welt rätselt über das Fortbestehen der Langspielplatte. Von all den Formaten, die die Tonträgerindustrie in den über 120 Jahren ihres Bestehens entwickelt und in den Markt entlassen hat, ist die LP das beständigste. Die Edison-Walze hatte es schwer gegen die Schellackscheibe von Emile Berliner und verschwand recht schnell. 1925 gelang durch Einführung der elektrischen Aufnahme eine spürbare Verbesserung des Formats.
Das LP-Format, von Columbia ohne Lizenzkosten 1948 bereitgestellt, setzte sich binnen weniger Jahre durch: Unzerbrechlich, längere Spielzeit, größerer Frequenzumfang, mehr Dynamik und ab 1959 auch in Stereo käuflich. Weitere Verbesserungen in der Fertigung, so bei Umschnitt, Galvanik, Pressmasse, Verpackung usw. folgten. Ein kommerzieller Versuch mit Mehrkanalaufnahmen (Quattro) schlug Anfang der 1970er-Jahre fehl. All diese o. g. Formate gehören der Familie der Nadeltontechnik an, sie eint die Speicherung einer Signalinformation plastisch in einem industriell vervielfältigten Medium, das wiederum mechanisch abgetastet und elektrisch verstärkt wird.
Als vor 40 Jahren die Digitaltechnik im Tonstudio einzog und ab 1982/84 die ebenfalls digitale Compact Disc ihren Durchmarsch im Handel antrat, wurde das Nadeltonformat weltweit aufgegeben. Auch die Einführung der DMM-Technologie (1984) konnte das Interesse nicht wachhalten, die gesamte Umschnitt-Technik und Fertigungsstätten der Majors wurden abgewickelt. Die LP fand nach 1990 einzig in den unzähligen Indie-Labels, audiophilen Anbietern und kleinen Fabrikanten loyale Unterstützer und entwickelte sich so zu einem oft hochpreisigen und kultisch verehrten Nischenprodukt.
Die rasante Entwicklung des WWW, das Aufkommen gegenstandsloser Distributionswege, die einfache Kopierbarkeit aller digitalen Daten bedeutet einen Umbruch für die gesamte Branche. Die Konzentration auf derzeit drei Majors, die Abkehr vom Warenverkauf hin zum Abonnement (Streaming) und der Wandel bei der Entwicklung der eigentlichen Inhalte (bspw. Musik) irritiert Fans und Einzelhandel.
Ironischerweise wird das digitale Medium CD zugunsten der LP aufgegeben – suchen Sie mal den CD-Slot bei Neuwagen! Der USB-Stick und die Festplatte speichern, was noch zu speichern ist. Das Internet, wie ein Füllhorn, spült 7/24 Dutzende Millionen Tonaufnahmen durch seine Leitungen. Die Musik ist überall!
Noch wissen wir alle nicht, ob das Vinyl-Comeback von Dauer ist. Dazu sind die mangelnde Programmvielfalt, die Dominanz auflagenstarker, immer gleicher Nachauflagen, im x-ten Remaster wenig hilfreich. Die Schallplatte wird so zum gegenständlichen Hoffnungsträger der Branche. Der Fetischcharakter der Ware findet nur noch hier seinen Ausdruck. Das macht die LP so interessant und begehrenswert. Das Drumherum, die permanente Präsenz in Wohnzeitschriften, Spielfilmen, Hotels, Boutiquen und Werbung steigern diesen Eindruck.