Das Märchen hebt an, guten Abend! von Peter Gehrisch | In den Schutzräumen der Phantasie. Zwölf Tintinnabula. | ISBN 9783863562960

Das Märchen hebt an, guten Abend!

In den Schutzräumen der Phantasie. Zwölf Tintinnabula.

von Peter Gehrisch, illustriert von Piotr Patryk Lewkowicz, herausgegeben von Traian Pop
Buchcover Das Märchen hebt an, guten Abend! | Peter Gehrisch | EAN 9783863562960 | ISBN 3-86356-296-8 | ISBN 978-3-86356-296-0

Das Märchen hebt an, guten Abend!

In den Schutzräumen der Phantasie. Zwölf Tintinnabula.

von Peter Gehrisch, illustriert von Piotr Patryk Lewkowicz, herausgegeben von Traian Pop
Inspiriert von Märchen und Kosmos, gibt Peter Gehrisch in seinen Berichten Auskunft über innere Welten, in die er als Kind mit angehaltenem Atem eindrang. Viele Motive der Wundergeschichten stehen in Korrespondenz mit den Sternen, die sich in Taler, Geschmeide und Perlen verwandelt haben. Der Goldglanz des Tagsterns, die Silberstrahlen des Mondes: kosmische Flutung, die den kleinen Geschichten ihre Eigenart zuteilt. So entstanden einige Märchen aus den Gebilden der Sterne, »Rotkäppchen«, »Der Wettlauf zwischen dem Hasen und dem Swinegel«, »Der Wolf und die sieben jungen Geißlein«. »Der Wolf und die sieben jungen Geißlein«. Und für die Allegorien des Todes, um den sich alles dreht, stehen die Spindel, der Weltbaum und die magische Mühle. In welchem Verhältnis sich das Märchen zum Kosmos verhält, damit setzt sich der Text auseinander, ein narrativer Bericht mit feuilletonistischen Splittern. Die Erfahrungen seiner frühen Kindheit während des Krieges und des Nachkriegs- geschehens verbindet Gehrisch mit der Bedeutung dieser Wundergeschichten und setzt sie in ein Verhältnis zu jenem, was man mit dem Wort »Zeit« übersetzt.
Waren die Tage schon kürzer, wurden wir Kinder zum Abendessen gerufen. Darauf ertönten liebliche Glocken im Haus, ting-ting-tingeling, wie ein verhaltenes Rieseln, exotische Klänge als Zeichen für eine geruhsame Runde in der Veranda. Großmutters Glocken waren ein Reiseandenken meines verstorbenen Ahnen. Das Klanginstrument, das sie Tintin- nabulum nannte, bewahrte sie in der Kommode. Es bestand aus kleinen silbernen Glöckchen, verbunden mit einem ebenso silbernen Trag-Element. – Die Kinder warteten schon auf das Klingelgeräusch und kamen die vielen Stufen hinauf, huschten durch die geöffnete Pforte und ließen sich leise im Kreis um meine Großmutter nieder. Dann begann sie mit ihren seltsamen Wundergeschichten. Der Himmel vorm Fenster verfinsterte sich, die Sterne blinkten von oben, gleich unter dem Dach, durchs Fenster hinein.
Wenn sie die Lippen bewegte, schien das Rieselgeräusch noch immer zu klingen und führte uns Wege und Stege in Hütten, Paläste, durch Wiesen und Wald.
Auch hier, und an geeigneter Stelle, soll das Klanginstrument auf das jeweils neue Kapitel verweisen.