Healthismus

Die Politik der Prävention und Gesundheitsförderung in den U. S. A. hat sich seit den sechziger Jahren gravierend gewandelt. Die sogenannte „zweite Public-Health-Revolution“ fokussiert ihre Bemühungen weitgehend auf individuelle Einstellungen und Verhaltensweisen im Freizeit- und Konsumbereich. Kühn untersucht die Ausprägungen und Folgen dieser Strategie, indem er sie - statt sie kulturkritisch zu bewerten - analytisch in den Kontext der amerikanischen Markt- und Klassengesellschaft stellt. In der Hauptsache bewirkt - so eine zentrale These - der am persönlichen Lebensstil orientierte Healthismus einen Verstärkungseffekt auf die vorhandene, sozialökonomisch differenzierte Gesundheitsentwicklung. Gerade im Erfolgsfall vergrößert sich bei durchschnittlichen Verbesserungen der Morbidität die soziale Ungleichheit. Charakter, Erfolge und Grenzen der politisch-ökonomischen Dynamik der Gesundheitsstrategien macht der Autor an exemplarischen Fallstudien zur Anti-Smoking- Politik, zur medizinischen Prävention und zur Arbeitswelt sichtbar. Während die Deregulierung des Arbeitsschutzes zur Abschottung der Produktionssphäre vor präventiven Interventionen beiträgt, führt der Boom der „worksite health promotion“ dazu, daß privates Konsum- und Freizeitverhalten der Arbeitnehmer unter Einfluß und Kontrolle der großen Kapitalgesellschaften gebracht werden. *** „Hagen Kühn breitet eine glänzend geschriebene wissenschaftliche Analyse der individualistischen Präventionspolitik und Gesundheitsförderung in den USA vor den Augen des Lesers aus. Sie ist eindringlich und beängstigend, weil sie auf jede Polemik verzichtet, nur die beobachteten Phänomene beschreibt und deren Urheber und Kommentatoren ausführlich zu Wort kommen läßt. [.] Hagen Kühns Buch [.] gibt einen bitteren Vorgeschmack auf das, was in Deutschland bevorstünde, wenn diese Entwicklung mit der üblichen Zeitverzögerung zu uns herüberschwappte.“ (Leviathan)