Gattungsinterferenzen in der späten Heldendichtung von Sonja Kerth | ISBN 9783895005800

Gattungsinterferenzen in der späten Heldendichtung

von Sonja Kerth
Buchcover Gattungsinterferenzen in der späten Heldendichtung | Sonja Kerth | EAN 9783895005800 | ISBN 3-89500-580-0 | ISBN 978-3-89500-580-0
Inhaltsverzeichnis

„Kerths Buch ist eine kenntnisreiche, ungemein fleißige Ausarbeitung dessen, was in Arbeiten von Heinzle, Meyer und anderen auf den Weg gebracht worden war. Hinzu kommen wichtige Neufunde oder es werden neue Akzente gesetzt, z. B. in der Dokumentation der Motivbezüge zwischen Heldenepik und des Pleiers Romanen (...) oder zu „Wigamur“ und dem Münchener „Wunderer“-Fragment (S. 46). Bemerkenswert sind die Interpretationen im Anhang (S. 365-377) zu Texten, in denen heroisches Kämpfen im Modus der Parodie und Persiflage als sinnlos und grotesk stilisiert wird („Die Böse Frau“, „Wachtelmäre“, Heinrich Wittenwilers „Ring“). Und bewundernswert ist die bibliographische Arbeit: Penibel listet das Literaturverzeichnis scheint's alles, was zu Kerths Korpustexten geschrieben ist, Fehler finden sich kaum, das Namen- und Sachregister erschließt das Buch in vorbildlicher Weise, und überaus nützlich ist die Fortführung des Forschungsberichts zur „späten Heldendichtung“ von Kerth/Lienert für die Zeit nach 2000 (...).“

Florian Kragl

In: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur. 133 (2011) 2. S. 363b-369a.

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„Kerths Buch bietet einen umfassenden und (auch zum Widerspruch) anregenden Überblick über Intertextualität in der Heldendichtung.“

Matthias Meyer

In: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur. 140 (2011) Heft 1. S. 101-106.

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„Gegenstand der Bremer Habil-Schrift ist die späte Heldenepik, die als ganzes genommen ein sehr heterogenes Bild abgibt. Dieser Heterogenität versucht die Arbeit durch die konsequente Anwendung von Versatzstücken aus mehreren Intertextualitätstheorien einerseits gerecht zu werden, um dadurch andererseits ein klareres Bild des Gegenstandes zu gewinnen, als es bislang vorlag. Untersucht werden die historischen und aventiurehaften Dietrichepen, „Biterolf und Dietleib“ sowie „Ortnit“ und die „Wolfdietriche“. In den stets aufeinander bezogenen Einzelinterpretationen werden, methodisch differenziert und an verschiedene Theorieangebote angeschlossen, Fragen gestellt nach Einzeltextreferenzen (was oft die Suche nach Quellen bedeutet), Systemreferenzen (wobei System das Gattungssystem und dessen Regularitäten meint) und Wissensreferenzen (die über die Ebene des Textes hinausgehen, womit das Problem von möglichen Textverlusten im Raum steht). Das Ergebnis ist, dass die Texte der späten Heldendichtung alle hyprid und nicht als homogene Gruppe anzusehen sind. Wenn dadurch die Gattungshaftigkeit der Textreihe in Frage gestellt wird, darf man nicht vergessen, dass die Untersuchung von einem klassisch-strikten Gattungsbegriff und entsprechenden Zuweisungen ausgeht, was die Argumentation natürlich recht zirkulär macht. Auch wenn das Gesamtergebnis nicht bahnbrechend ist, wird man viele Textbeobachtungen und Interpretationsansätze mit Gewinn konsultieren.“

Stephan Müller

In: Germanistik. 51 (2010) 1-2. S. 222-223.

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„Gattungsinterferenzen is a very thorough, systematic, and detail-oriented study, yet surprisingly easy to follow. Kerth demonstrates, without a doubt, expertise and ease with her subject matter, both the heroic and the courtly traditions. (...)
to medievalist Germanists interested in questions of intertextuality, generic boundaries, tradition and innovation, orality and literacy, „Gattungsinterferenzen in der späten Heldendichtung“ will prove useful both as a theoretical exploration and a comprehensive reference work on late medieval heroic epic.“

Olga V. Trokhimenko

In: Hournal of English and Germanic Philology. January 2010. pp. 103-104.

Gattungsinterferenzen in der späten Heldendichtung

von Sonja Kerth

Dietrich von Bern gilt als größter Held in der deutschen Literatur des Mittelalters. Die Geschichten über seine Kämpfe gegen Recken, Riesen, Zwerge und Drachen fanden bis ins 16. Jahrhundert hinein ein breites Publikum. Mit alten Heldendichtungen wie dem Hildebrandslied oder dem Nibelungenlied teilen die Texte um Dietrich und seine Recken sowie die Helden Ortnit und Wolfdietrich den Erzählstoff und Themen wie Kampf, Herrschafts- und Gefolgschaftsproblematik. Gleichzeitig öffnen sie sich auch anderen Themen wie sozialer Verantwortung und Liebe sowie Erzählmodellen, Motiven und Heldenkonzeptionen, wie sie insbesondere im höfischen Roman, in der Brautwerbungsdichtung und in den deutschen Chansons de geste zu finden sind.
Hier setzt die Studie an und untersucht die späten Heldendichtungen unter anderem nach Gattungszugehörigkeit und -interferenzen, Zyklusbildung, Metaebene und Intertextualität. Dabei werden Fragen der Gattungstheorie mit Theoriebausteinen der Intertextualitätstheorie verbunden. Unterschieden werden Verweise auf konkrete Einzeltexte - die besonders dem Nibelungenlied, der Rabenschlacht und dem Eckenlied, im Bereich des höfischen Romans vor allem Iwein, Parzival und Wigalois gelten - von Referenzen auf der Ebene der Gattungsmuster (Systemreferenzen). Hier sind heldenepische Erzählschemata wie Reihenkampf, Wilde Jagd auf eine bedrohte Jungfrau und verräterische Einladung sowie Motive wie Dietrichs Feueratem zu nennen. Verweise auf den höfischen Roman gelten insbesondere dem Konzept des Kampfes als soziale Hilfstat und dem Heldentypus des höfischen Ritters. Innovativ ist insbesondere die Analyse solcher Verweise, die nicht einzelnen Texten oder Gattungsmustern gelten, sondern Inhalten der mündlichen Überlieferung, also der Heldensage (Wissensreferenzen). Zu nennen sind beispielsweise Hinweise auf Jugendtaten Siegfrieds und Kämpfe Dietrichs von Bern gegen das Riesenpaar Hilde und Grim, die nicht in den überlieferten Dichtungen enthalten sind. Der für die späte Heldendichtung zentrale Aspekt der Fassungsproblematik wird ebenfalls einbezogen.
Die theoretischen Erkenntnisse werden in zahlreichen Text-Analysen im zweiten Teil der Arbeit erprobt. So trägt die Studie nicht nur dazu bei, ein bislang eher punktuell bearbeitetes Textcorpus als Ganzes zu untersuchen, sondern hilft, die Intertextualitätstheorie zu historisieren. Ein Exkurs beschäftigt sich mit Dichtungen, die heldenepisches Erzählen und heroische Taten in einen Kontext stellen, der sinnlos und grotesk erscheint (Schwankmäre, Unsinnsdichtung, Der Ring des Heinrich Wittenwiler).