1955

1955 – es ist das Jahr der Weichenstellungen. Das Besatzungsregime in der Bundesrepublik Deutschland wird formell beendet, die BRD in die NATO aufgenommen. Während sich der Ost-West-Konflikt mit der Gründung des Warschauer Pakts verfestigt, werden unter Heinrich von Brentano, dem ersten Außenminister der Nachkriegszeit, die internationalen Beziehungen ausgebaut. Obwohl die Vergangenheit noch ihre Schatten wirft – erst 1955 beenden Polen, die Tschechoslowakei und Bulgarien den Kriegszustand mit der BRD. Mit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur Sowjetunion erreicht Bundeskanzler Konrad Adenauer die Freilassung der letzten Kriegsgefangenen. Eine heftig umstrittene Zukunft hat auch die deutsche Armee, die nach der endgültigen Annahme der Pariser Verträge durch den Bundesrat und die französische Nationalversammlung vor dem Wiederaufbau steht. Bereits im November werden die ersten Offiziere und Soldaten der Bundeswehr von Verteidigungsminister Theodor Blank ernannt. Die Menschen suchen derweil nach Zerstreuung. Sie gehen ins Kino, wo der Heimatfilm mit der Uraufführung des Streifens „Der Förster vom Silberwald“ seinen Siegeszug fortsetzt. Oder sie schauen vermehrt in die sogenannte Mattscheibe – immerhin meldet die ARD in diesem Jahr bereits den 100.000. Fernsehteilnehmer. Zunehmend vor dem TV verfolgen die Menschen auch die sportlichen Großereignisse: Rot-Weiß Essen jubelt als erster Revierverein nach dem Krieg über die Deutsche Fußballmeisterschaft, Springreiter Hans Günther Winkler wird ebenso Weltmeister wie die bundesdeutschen Handballer. Wirtschaftlich geht es weiter aufwärts. Die Lufthansa nimmt den innerdeutschen Flugverkehr auf, während die BRD zum weltweit drittgrößten Stahlerzeuger aufsteigt. Durch die Errichtung der bundesweit ersten Warmbreitbandstraße in Duisburg setzt dabei auch das Ruhrgebiet Akzente. Ende des Jahres 1955 wird dann noch einmal ein richtungsweisendes Zeichen gesetzt: Im Dezember unterzeichnen die BRD und Italien ein Abkommen über die Beschäftigung italienischer Arbeitskräfte.
Das Buch ist die Fortsetzung des erfolgreichen Bandes.„1954 – Das Jahr in der WAZ“. Es bietet eine interessante Dokumentation aus den Archiven der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung, in der sich sowohl das Weltgeschehen als auch das Alltagsleben des Jahres facettenreich widerspiegeln.