Ein Blick in zwei Welten von Gerhard Barkleit | Das Ende der DDR als Glücksfall der Geschichte | ISBN 9783899983166

Ein Blick in zwei Welten

Das Ende der DDR als Glücksfall der Geschichte

von Gerhard Barkleit
Buchcover Ein Blick in zwei Welten | Gerhard Barkleit | EAN 9783899983166 | ISBN 3-89998-316-5 | ISBN 978-3-89998-316-6

Ist die DDR vor allem an der bloßen Durchschnittlichkeit ihrer Regierung, ihrer Elite, ihrer Fühungskader zu Grunde gegangen? Dies legt jedenfalls „EinBlick in zwei Welten“ nahe – eine autobiografische Abrechnung von Gerhard Barkleit mit dem System DDR. Die Summe seiner Erfahrungen mit diesem System lasse sich „zu der Einsicht verdichten, dass die DDR vom absoluten Mittelmaß regiert werde“, schreibt der Dresdner Physiker und Publizist. Und: „Mich stört die als , DDR-Nostalgie’ zu beobachtende Verklärung des SED-Staates, als individuelle Ruckschau mit Tunnelblick daherkommend, der negative Erfahrungen einfach ausblendet.“ Der Untertitel spiegelt bereits den Tenor im Buch: „Das Ende der DDR als Glücksfall der Geschichte“. Rückblick entstand in zwei Schüben
Dabei beginnt „EinBlick“ eigentlich in einem ganz anderen, sehr autobiografischen Grundton. Und das hat mit der Genese des Buches zu tun: Den ersten Teil verfasste Gerhard Barkleit bereits 1983/84, also noch zu DDR-Zeiten, als persönliche Lebensrückschau. Darin schildert er aus einer faszinierenden individuellen Perspektive seine Kindheit, erzählt von der Flucht seiner Familie aus Ostpreußen und über den Neuanfang in Mitteldeutschland. Dieses Kapitel ist ein ganz eigenes und sehr interessantes Zeitdokument und ein schönes Beispiel für Alltagsgeschichtsschreibung. Alltag als Akademiker im „Arbeiter- und Bauern-Staat“
Wenn Barkleit dann auf die Zeit nach der DDR-Gründung zu schreiben kommt, ist der kritischere Tenor aus der Nachwende-Perspektive unüberlesbar. Hier arbeitet bereits der Zeithistoriker mit seiner distanzierten Sicht, belegt auch mit Fußnoten die eine oder andere Ausführung, die sich eben nicht so sehr aus persönlichem Erleben speist. Barkleit erzählt hier zunächst aus dem Blickwinkel eines ostdeutschen Physikers über den oft zermürbenden akademischen Alltag-Betrieb der DDR, später über seine Entwicklungsarbeit in der ostdeutschen Mikroelektronik in Dresden. „Wann hört ihr endlich auf zu klauen, eigene Entwürfe sind besser“, ätzten die US-Entwicker von DEC auf Russsich ind winziger Schrift in ihre Chips, weil sie wussten, dass russische und DDR-Ingenieure die Bausteine aufsägen würden, um sie „nachzuerfinden“. Abb.: BStU, aus Brakleit: „EinBlick“
“Wann hört ihr endlich auf zu klauen, eigene Entwürfe sind besser”, ätzten die US-Entwicker von DEC auf Russsich in winziger Schrift in ihre Chips, weil sie wussten, dass russische und DDR-Ingenieure die Bausteine aufsägen würden, um sie “nachzuerfinden”. Abb.: BStU, aus Barkleit: “EinBlick”
Und natürlich berichtet Barkleit über die großen ideologischen Grabenkämpfe im SED-Staat auf der einen und über die kleinlichen Zänkereien im Mikrokosmos einer DDR-Familie auf der anderen Seite. Und gerade dort, wo er die persönliche, primäre Perspektive wählt, entwickelt sein Buch auch seinen Wert als alltagsgeschichtliche Quelle. Interessant ist auch seine Sicht auf den Backe-Elser-Skandal und andere Interna des Hannah-Arendt-Instituts in Dresden, an dem er nach der Wende als Publizist und Zeithistoriker tätig war.
Was etwas stört: Der Autor neigt gelegentlich dazu, Bandwurmsätze zu konstruieren und ganze Passagen zu wiederholen. Zudem operiert er manchmal mit Begriffen und Personen, die er kaum einführt. Dies erschwert den Lesefluss und die Verständlichkeit einiger Passagen leider.

Ein Blick in zwei Welten

Das Ende der DDR als Glücksfall der Geschichte

von Gerhard Barkleit
Der vorliegende „EinBlick“ ist die Rückschau eines Wissenschaftlers auf 40 Jahre SED-Diktatur und 30 Jahre deutsche Einheit. In mehreren Einzelveröffentlichungen analysierte der Physiker und Wissenschaftshistoriker bereits das Scheitern der Luftfahrtindustrie, die Probleme der Kernenergie und den immer größer werdenden Rückstand der Mikroelektronik in der DDR. Nach einer Biografie des Ausnahmewissenschaftlers Manfred Baron von Ardenne sowie einer Reminiszenz an seine Heimat Ostpreußen legt Gerhard Barkleit nun seine Abrechnung mit der DDR vor. Im Wechsel von persönlich gehaltenen und sachbezogenen Kapiteln erscheint der „real existierende Sozialismus“ nicht als „die Hölle“ und das demokratisch verfasste, wieder vereinte Deutschland wird keineswegs zum „Paradies“ erhoben. Eine familiäre Konstellation, in der christliches Bekenntnis des Einen und eine hauptamtliche Tätigkeit im Ministerium für Staatssicherheit eines Anderen Jahrzehnte hindurch auszuhalten waren, stellt eine biografische Besonderheit dar, die nicht in das einfache Schema von „gut“ und „böse“ passt.
„Die Erinnerungen des Dresdner Wissenschaftshistorikers, Autor einer vielgerühmten Biografie über Manfred von Ardenne, bieten einen Einblick in die Realität der DDR und der Bundesrepublik. Weder wird die Diktatur dämonisiert, noch die Demokratie idealisiert.[...]Diese Gratwanderung hat er, da nicht selbst- gerecht auftrumpfend, gut gemeistert.“ Eckard Jesse, Dresdner Neueste Nachrichten, 25. Januar 2016.
„Barkleits Schilderungen über das Leben in der DDR beschränken sich nicht auf das Naturwissenschaftliche. Er erzählt vielmehr im Kontext, macht Ausflüge etwa in die Literatur und in die bildenden Künste. [ ..] Es ist die authentische Schilderung eines distanzierten Lebens im realexistierenden Sozialismus.“ Stephan Lorenz, Freie Presse, 30. Dezember 2015.
Gerhard Barkleit, geboren 1943 in Ostpreußen, arbeitete nach dem Studium der Physik (TU Dresden) und der Promotion am Institut für Physikalische Chemie (Bergakademie Freiberg) zwei Jahrzehnte als Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften der DDR auf den Gebieten Kernenergie und Mikroelektronik. Nach dem Zusammenbruch der DDR gehörte er zu den Gründern des Dresdner Hannah-Arendt-Instituts.