Die Brandenburg im slawischen Mittelalter von Klaus Grebe | Ergebnisse der Ausgrabungen zwischen 1961 und 1983 | ISBN 9783910011915

Die Brandenburg im slawischen Mittelalter

Ergebnisse der Ausgrabungen zwischen 1961 und 1983

von Klaus Grebe, Kerstin Kirsch, Stefan Dalitz und Sibylle Hogarth, herausgegeben von Franz Schopper
Mitwirkende
Autor / AutorinKlaus Grebe
Autor / AutorinKerstin Kirsch
Autor / AutorinStefan Dalitz
Autor / AutorinSibylle Hogarth
Herausgegeben vonFranz Schopper
Buchcover Die Brandenburg im slawischen Mittelalter | Klaus Grebe | EAN 9783910011915 | ISBN 3-910011-91-8 | ISBN 978-3-910011-91-5

Die Brandenburg im slawischen Mittelalter

Ergebnisse der Ausgrabungen zwischen 1961 und 1983

von Klaus Grebe, Kerstin Kirsch, Stefan Dalitz und Sibylle Hogarth, herausgegeben von Franz Schopper
Mitwirkende
Autor / AutorinKlaus Grebe
Autor / AutorinKerstin Kirsch
Autor / AutorinStefan Dalitz
Autor / AutorinSibylle Hogarth
Herausgegeben vonFranz Schopper
Im Winkel zwischen der Alt- und Neustadt von Brandenburg liegt inmitten der Havel eine große Insel, die nach dem auf ihr 1165 erbauten Dom auch Dominsel genannt wird. Hier, am Fernhandelsweg zwischen Magdeburg und Posen (Poznań), befand sich im frühen Mittelalter die Fürstenburg der Heveller, die zu den bedeutendsten Zentren im elbslawischen Raum gehörte. Ihre zentrale Lage im Stammesgebiet der Heveller war eine wesentliche Voraussetzung für die Entwicklung zu einem politischen, ökonomischen, kulturellen und religiösen Mittelpunkt.
Mit der Eroberung der Havelfeste durch den ostfränkischen König Heinrich I. im Winter 928/929 begann eine Phase beharrlichen Kampfes um die seit Ende des 9. Jhs. bestehende Burg und die zugehörige Stammesherrschaft. Zwischen 939/940 und 983 konnten sich die ottonischen Könige und Kaiser die Herrschaft über die Brandenburg sichern. Diese Entwicklung wurde durch den großen Slawenaufstand von 983 jäh unterbrochen. Nach erfolgreichem Kampf gegen deutschen Kaiser und Adel gliederten die Slawen die Gebiete zwischen Elbe und Oder wieder ihrer eigenen Herrschaft ein. Erst zu Beginn des 12. Jh. geriete die Burg erneut unter deutschen Einfluss.
Die archäologischen Ausgrabungen, die zwischen 1961 und 1983 stattfanden, konnten viele Aspekte der slawischen Besiedlung auf der Dominsel erhellen. Im Rahmen eines für drei Jahre von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projektes wurden die damaligen Grabungen ausgewertet. Das Projekt war am Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege und Archäologischen Landesmuseum in Wünsdorf angebunden.
Die Untersuchung der insgesamt 50 größeren und kleineren Aufschlüsse von ca. 1200 m2 lieferte neben zahlreichen Funden und Befunden wichtige Erkenntnisse zu den Befestigungswerken und dem Siedlungsgeschehen zwischen dem 8. und 12. Jh.
Die Stratigraphie der Siedlungsbefunde erbrachte neben den acht Burgphasen weitere Siedlungshorizonte. Dazu zählen zwei frühslawische Siedlungen vor Errichtung der Burg, die mittelslawische Vorburg- bzw. Dienstsiedlung, die ottonenzeitliche Besiedlung (zwischen 940 und 983), die ältere überlagernde Bebauung der Befestigung sowie zum Schluss die großflächige Besiedlung frühstädtischen Charakters.
Grabungsbedingt liegen aus dem Inneren der mittelslawischen Burg (9./10. Jh.) kaum Befunde vor, dafür sind die Vorburgsiedlungen durch eine dichte Bebauung mit Wohnhäusern, Ofenanlagen, Herdstellen und Stallflächen gekennzeichnet.
Bislang konnte die Lage des Fürstensitzes des 11. und 12. Jh. nicht lokalisiert werden. Doch wurden Produktionsbereiche entdeckt, die vermutlich im unmittelbaren Anschluss an den Wohnsitz des Hevellerfürsten und seines Gefolges angesiedelt waren. Seit dem 11. Jh. begegnen Funde und Befunde, die auf die Eisen- und Buntmetallverarbeitung und die Lederverarbeitung vor Ort verweisen. Die Herstellung unterschiedlicher Gebrauchsgüter orientierte sich noch stark am Bedarf des hevellischen Fürstenhofes. Das verdeutlichen die qualitätvollen hölzernen Drechselarbeiten, die auf der Brandenburg hergestellt wurden. Andere Produktionsbereiche, wie die Glasherstellung und die Knochenverarbeitung, speziell die Kammmacherei, können nicht sicher belegt werden. Auch wenn viele Objekte wie Bernstein- und Karneolperlen, Toneier aus der Kiewer Rus, Glasringe aus Polen eine bevorzugte Orientierung des Handels nach Osten vermuten lassen, so wird die Einbindung der Brandenburg in den überregionalen Handelsverkehr über das zeitgleiche Vorkommen von Waage und Gewichten sowie Münzen deutlich. Offensichtlich hatte sich im Umfeld der Residenz der hevellischen Fürsten seit Ende des 10. Jh. ein Wirtschaftskomplex herausgebildet, der die Versorgung einer größeren, nichtproduzierenden Bevölkerungsgruppe mit hochwertigen Gütern gewährleisten konnte. Die komplexe Art der spätslawischen Ansiedlung macht den besonderen gesellschaftlichen Charakter dieser frühstädtischen Anlage aus. Als politisch-administratives Machtzentrum erschien die Brandenburg noch einmal in den Schriftquellen des 12. Jh., bevor die slawische Herrschaft nach 1157 an den Askanier Albrecht den Bären überging.