Änderungen der traditionellen Lebensformen und ihre Auswirkungen auf die Vegetation im Taurus Gebirge/Südtürkei von Yildiz Günes | ISBN 9783910611108

Änderungen der traditionellen Lebensformen und ihre Auswirkungen auf die Vegetation im Taurus Gebirge/Südtürkei

von Yildiz Günes
Buchcover Änderungen der traditionellen Lebensformen und ihre Auswirkungen auf die Vegetation im Taurus Gebirge/Südtürkei | Yildiz Günes | EAN 9783910611108 | ISBN 3-910611-10-9 | ISBN 978-3-910611-10-8
Leseprobe
Inhaltsverzeichnis 1

Änderungen der traditionellen Lebensformen und ihre Auswirkungen auf die Vegetation im Taurus Gebirge/Südtürkei

von Yildiz Günes

Auszug

Die Türkei ist aufgrund ihrer geographischen Lage und der heterogenen topographischen klimatischen Bedingungen eines der an Pflanzenarten reichsten Länder in Europa und im Nahen Osten (Kürschner et al. 1997, Mayer und Aksoy 1986). Die Flora der Türkei allein umfasst etwa 12.000 Arten wildwachsender Gefäßpflanzen (Davis 1965-1985). Rund 3.300 Arten (30.6 %) sind endemisch (OGM 2001), davon werden 1.700 als selten und 200 als gefährdet eingestuft (TÜRKIYE CEVRE ATLASI 2004). Außerdem ist die Türkei ein wichtiges Gen-Zentrum für viele Kulturpflanzen (Davis 1965-1985).
Der Verlust von Pflanzenarten geht auf verschiedene Faktoren zurück (OGM 2004). Im 19. und 20. Jahrhundert starben bereits 8 endemische Pflanzenarten aus. 2 Arten sind als Folge von Dammbauten und 6 Arten durch intensive Nutzung verschwunden (Ulusal Biyolojik cesitlilik Stratejisi ve Eylem Plani 2001). Die Zahl der ausgestorbenen Gefäßpflanzen ist aufgrund des hohen Adaptionsgrades mit 0.11 % zwar noch gering, dagegen ist der Anteil der seltenen und gefährdeten Arten hoch und beträgt 14.7 %. Nach dem Vertrag von Rio de Janeiro im Jahr 1992 ist auch die Türkei dazu verpflichtet, den Artenrückgang aufzuhalten und die Biodiversität zu erhalten bzw. wiederherzustellen.
Besonders gefährdet waren und sind die Wälder. Um 10.000 v. Chr. waren in Anatolien etwa 72 % der gesamten Landesfläche bewaldet, etwa 17 % waren Steppen. Bis heute ging die Waldfläche auf weniger als 1/3 zurück und der Anteil der Steppen stieg auf 35 % (OGM 2004). Der Prozess der Entwaldung hält aufgrund intensiver Nutzung, Rodungen und Siedlungs-verschiebungen durch Bevölkerungswachstum weiterhin an. Die Hochwaldflächen stellen einen Anteil von etwa 50 %, auf den übrigen 50 % findet sich degradierter Wald (Huss und Kahveci 2009). Unter Walddegradation versteht man eine Verminderung der Biodiversität und Waldqualität: ein allmähliches Auflösen der natürlichen Waldstrukturen und der Artenzusammensetzung zuguns-ten anderer Waldformen und die zunehmende Auflichtung ursprünglich dichter Wälder (Schickhoff 1996). Aufgrund der intensiven Nutzung findet im Mittelmeerraum seit Jahrtausenden eine Degradierung der mediterranen Ökosysteme statt, mit der eine starke Fragmentierung bis hin zur völligen Zerstörung der naturnahen Vegetation einhergeht (Kehl 1985, Ayasligil 1987, Tavsanoglu und Coskun 2009). Ursachen für die Waldzerstörung im Gebirge sind Waldbrände, illegale Holznutzung und Beweidung.
In der Türkei ist die Degradation der Wälder besonders im Taurus-Gebirge ausgeprägt (OGM 2004). Dies Gebirge liegt in Südanatolien, im Süden der türkischen Republik. Aufgrund der Höhenunterschiede auf kurzen Strecken unterscheiden sich die regionalen Klimawerte im Sommer und Winter erheblich, und die Menschen reagierten mit einer saisonalen nomadischen Viehzucht. Im Winter betrieben sie die Viehwirtschaft im Tiefland und im Sommer im Hochland. Dabei gibt es seit alters her verschiedene Modelle und Formen des Nomadenlebens, abhängig von Tradition und landschaftlicher Ausgangslage.
Genauere Vorstellungen über den derzeitigen Umfang und die Bedeutung der Lebensbedingungen der dortigen Bevölkerung, der Beweidung und der Auswirkungen auf die Vegetation gibt es nicht. Hierzu soll mit dieser Untersuchung ein Beitrag geliefert werden.