Kaiserlich & inkognito. Sisi in Bad Kissingen von Cornelia Oelwein | Begleitband zur gleichnamigen Sonderausstellung 2023 | ISBN 9783934912298

Kaiserlich & inkognito. Sisi in Bad Kissingen

Begleitband zur gleichnamigen Sonderausstellung 2023

von Cornelia Oelwein, herausgegeben von Peter Weidisch
Buchcover Kaiserlich & inkognito. Sisi in Bad Kissingen | Cornelia Oelwein | EAN 9783934912298 | ISBN 3-934912-29-X | ISBN 978-3-934912-29-8
Inhaltsverzeichnis 1

Kaiserlich & inkognito. Sisi in Bad Kissingen

Begleitband zur gleichnamigen Sonderausstellung 2023

von Cornelia Oelwein, herausgegeben von Peter Weidisch
Sisi – in aller Munde, in Filmen, in Büchern, als Souvenir- und Kitschobjekt. Auch in Bad Kissingen, dem Ort in dem sie immerhin sechsmal kurte, ist Elisabeth Kaiserin von Österreich bis heute – oder besser gesagt: heute wieder – präsent: Die Hotels bieten Sisi-Suiten oder SisiCocktails; man konnte mit den kaiserlichen Hofdamen flanieren, SisiSchönheitsarrangements buchen … und nicht zuletzt wurde 2023 der Sisi-Wanderweg ins Leben gerufen.
Das allgemeine Bild ist heute allerdings in erster Linie geprägt zum einen von dem unzählige Male reproduzierten Gemälde des Malers Franz Xaver Winterhalter aus dem Jahr 1864, zum anderen von jener „Sissi“, die im alljährlich zu Weihnachten wiederholten Film- und Fernseh-Klassiker aus den 1950er Jahren Generationen von Mädchen und Frauen zu Tränen rührt. Doch Kaiserin Elisabeth erschien nicht immer im duftigen Ballkleid mit Diamantsternen im Haar, und ihre Biographie hat nur wenig zu tun mit der von Romy Schneider dargestellten „Sissi“ aus der gleichnamigen Trilogie.
Unbestritten ist allerdings, dass die Kaiserin schon zu Lebzeiten zur Stilikone und Trendsetterin geworden war, zum Mythos, woran sie selbst aktiv mitwirkte – ob bewusst oder nicht, sei dahingestellt. Ihre unangepasste Lebensweise, ihre jugendliche Schönheit, die sie kultivierte wie kaum eine Zweite, ihre ausgewählte Toilette, ihre Welt- bzw. Wienflucht und nicht zuletzt ihr gewaltsamer Tod förderten den Kult um die Kaiserin.
Nach dem Ende der Monarchie, in der Zeit der Weimarer Republik und des sogenannten Dritten Reichs verblasste ihr Ruhm naturgemäß, auch wenn man hierzulande nicht ganz so rigoros vorging wie in Meran, wo man dem Marmordenkmal der Kaiserin zunächst die Nase und dann den ganzen Kopf abschlug.
Als ab 1955 die „Sissi“-Filme die Kinos füllten, erwachte das Interesse, die Begeisterung aufs Neue für „Sissi“, wie der Filmtitel fälschlich lautete und vielleicht bereits als Hinweis darauf gedeutet werden kann, dass man es mit der historischen Wahrheit nicht so genau nahm. Elisabeth hieß nie Sissi, sondern schrieb sich immer nur mit einem „s“.
Doch das Bild der Kaiserin, das de facto durch das Gesicht von Romy Schneider in der Öffentlichkeit verdrängt wurde, setzte sich im allgemeinen Bewusstsein fest und ist bis heute kaum zu korrigieren. Nicht zuletzt die Werbebranche und immer wieder neue cineastische Elaborate verfestigen den Sisi-Mythos, in all seinen Facetten: vom Naturkind, dem naiven Mädchen vom Land, zur unglücklichen, eingeengten Kaiserin bis hin zur Vorkämpferin für Frauenrechte. Sisi ist längst von der Realität abgekoppelt, zur Märchenfigur geworden. Ungezählte Bücher unterschiedlichster Qualität erschienen über die „Kaiserin wider Willen“, den „Mythos Sisi“ oder „die ruhelose Kaiserin“, doch keines wird ihr wohl ganz gerecht. „Es hat nie ein gutes Bild von Mama gegeben“, vertraute ihre Tochter Marie Valérie bereits kurz nach dem Tod der Kaiserin ihrem Tagebuch an. „Kein naturwahres Porträt. So ist es mit allem, was über Mama gesagt und geschrieben wird.“ Untrennbar zur Biographie der „wirklichen“ Kaiserin gehört zum einen ihr Schönheits- und Jugendwahn bis hin zur Ruinierung ihrer Gesundheit sowie ihre unbändige Reiselust, die sie vermutlich von ihrem Vater Herzog Max in Bayern geerbt hatte und die von ihrem Ehemann Kaiser Franz Joseph nicht unterbunden wurde. Denn während Elisabeth seinen Heiratsantrag eher notgedrungen angenommen hat, scheint es sich von seiner Seite tatsächlich um eine Liebesheirat gehandelt zu haben, weswegen er ihr die äußerst kostspieligen Fluchten aus Wien und ihre sonstigen Eigenheiten stets verzieh. So wurde der als eher konservativ geltende Kaiser zum geduldigen Unterstützer und generösen Förderer seiner exzentrischen Frau und ihrer Eskapaden.
Elisabeths Faible fürs Reisen, gepaart mit ihren gesundheitlichen Problemen, führte sie auch in verschiedene Kurorte. Zu ihren bevorzugten Kurbädern zählte das seinerzeit bereits angesagte Bad Kissingen, wo die jugendliche Kaiserin in den 1860er Jahren ebenso Heilung suchte wie drei Jahrzehnte später, sogar noch wenige Monate vor ihrer Ermordung im Spätsommer 1898. Dadurch nahm sie unter den Fürstlichkeiten, die meist nur aus gesellschaftlichen Gründen das Bad aufsuchten, eine Sonderstellung ein.
Zeitungs- und andere Berichte werfen Schlaglichter auf ihre Aufenthalte in der Kurstadt. Als besonderer Glücksfall ist zu werten, dass sich Teile der bis heute weitgehend unbekannten Unterlagen ihres letzten behandelnden Badearztes in Bad Kissingen erhalten haben, sowie Briefe des Arztes, der die Kaiserin nach ihrem Tod in Genf untersuchte, an ihn. Zusammen mit Rezepten, Diät- und Kurplänen gewährt die medizinische Korrespondenz einen außergewöhnlichen Einblick in den Gesundheitszustand Elisabeths in den letzten beiden Jahren.