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EINE BEZAUBERNDE, WAHRE GESCHICHTE ÜBER DIE TSCHERKESSEN, AUS DEM BLICKWINKEL EINES KINDES ERZÄHLT: Der letzte Tscherkesse ist ein Roman, der die einstigen Bewohner eines Bergdorfs in der Südtürkei, tscherkessische Flüchtlinge aus dem Kaukasus, lebendig werden lässt. Der nicht ganz leichte Alltag verläuft hier sehr naturverbunden und beinahe romantisch. Tiere, allen voran Pferde, sind vertraute Begleiter der Menschen, stehen im Mittelpunkt aller Überlegungen und für den Jungen Nefo sind sie sogar Vorbild. Nefo glaubt selbst ein Zelterfohlen zu sein und so rennt er den ganzen Tag sorglos herum. Seine ersten Erfahrungen auf dem Rücken eines Pferdes macht er unter der Anleitung seines Großvaters Damış, der „alt, weise, mutig und kerngesund“ ist, und der bestens mit Pferden und Kindern umzugehen weiß. Damış wurde noch im Kaukasus geboren worden, er hatte dort sogar noch mit Soldaten des Zaren gekämpft und war ein sehr mutiger junger Mann, der seine Frau mitten aus einer Hochzeitsgesellschaft entführt hatte. Um ihn ranken sich Legenden und er genießt im Dorf hohes Ansehen, alle hören auf sein Wort. Auch seine Frau, Grossmutter Day, ist eine bemerkenswerte Frau, die in allen Lebenslagen Rat weiss. Obwohl sie kaum noch sehen kann, erkennt sie die Menschen und alle Gegenstände in der Umgebung sehr genau, sie nimmt sie am Geruch und an Geräuschen wahr. All diese Menschen der Berge erinnern an Indianer, die sich auf alle ihre Sinne verlassen, die die Natur, sich selbst und die Tiere respektieren – kurzum, es ist eine Zivilisation, die in der heutigen Welt kaum noch eine Überlebenschance hat.
Aus dem Blickwinkel des Jungen Nefo erzählt, ist diese Geschichte völlig frei von nationalistischen Tönen, vielmehr ist sie eine anmutige Erzählung, die tief berührt, Sehnsüchte weckt und Respekt vor diesen Menschen aus der Vergangenheit auslöst. In der meisterhaften, höchst einfühlsamen Übersetzung von Cornelius Bischoff ist die Lektüre zudem ein Lesevergnügen ersten Ranges.
LESEPROBE: Und dann die Pferde … Die Rudel der verwilderten Pferde … In gestrecktem Galopp stürmten sie heran, und im Dorf begann ein großes Freudenfest. Plötzlich wurden die Alten putzmunter, rannten wie die jungen Burschen den Pferden hinterher. Die Stalltüren wurden geöffnet und die Fohlen freigelassen. Ein wildes Rennen begann zwischen den verwilderten Pferden und ihren Fohlen. Hufgetrappel und Gewieher erfüllte das Dorf. Wer von den Alten sein Lasso gegriffen hatte, machte sich auf die Verfolgung der Pferde, die vom offenen Weideland zurückgekehrt waren. Mit Brüllen und lockenden Rufen hatten sie schließlich die Tiere mit ihren Füllen auf einem schlammigen, glitschigen Platz zusammengetrieben. Und während die heimgekehrten Stuten ihre Fohlen beschnupperten und kosten, legten sich die Schlingen der Lassos um ihre Hälse. Die Pferde stiegen, schlugen aus, wurden schweißnass. Doch nach einer Weile beugten sie stumm ihre Nacken. Mit Hafer in den hohlen Händen näherten sich ihnen die Besitzer, kosten die Nüstern, küssten die Augen ihrer Pferde. Plötzlich griff mir jemand unter die Achseln und hob mich auf einen Pferderücken. Das Tier wollte nicht, sträubte sich eine Weile. Vor Angst zitterten meine Beine. Ich krallte mich in der Mähne fest. Doch unwillig bog das Pferd den Hals tief hinunter und schleuderte mich zu Boden. Ich fing an zu weinen. Da sprang Opa Damış herbei und brüllte den Mann an, der das Lasso hielt:
LESEPROBE: Und dann die Pferde … Die Rudel der verwilderten Pferde … In gestrecktem Galopp stürmten sie heran, und im Dorf begann ein großes Freudenfest. Plötzlich wurden die Alten putzmunter, rannten wie die jungen Burschen den Pferden hinterher. Die Stalltüren wurden geöffnet und die Fohlen freigelassen. Ein wildes Rennen begann zwischen den verwilderten Pferden und ihren Fohlen. Hufgetrappel und Gewieher erfüllte das Dorf. Wer von den Alten sein Lasso gegriffen hatte, machte sich auf die Verfolgung der Pferde, die vom offenen Weideland zurückgekehrt waren. Mit Brüllen und lockenden Rufen hatten sie schließlich die Tiere mit ihren Füllen auf einem schlammigen, glitschigen Platz zusammengetrieben. Und während die heimgekehrten Stuten ihre Fohlen beschnupperten und kosten, legten sich die Schlingen der Lassos um ihre Hälse. Die Pferde stiegen, schlugen aus, wurden schweißnass. Doch nach einer Weile beugten sie stumm ihre Nacken. Mit Hafer in den hohlen Händen näherten sich ihnen die Besitzer, kosten die Nüstern, küssten die Augen ihrer Pferde. Plötzlich griff mir jemand unter die Achseln und hob mich auf einen Pferderücken. Das Tier wollte nicht, sträubte sich eine Weile. Vor Angst zitterten meine Beine. Ich krallte mich in der Mähne fest. Doch unwillig bog das Pferd den Hals tief hinunter und schleuderte mich zu Boden. Ich fing an zu weinen. Da sprang Opa Damış herbei und brüllte den Mann an, der das Lasso hielt: