Deine Frau, die Schlampe von Lily Zografou | Roman aus der Zeit der RAF | ISBN 9783936049831

Deine Frau, die Schlampe

Roman aus der Zeit der RAF

von Lily Zografou, aus dem Griechischen (alt) übersetzt von Ralf Dreis
Buchcover Deine Frau, die Schlampe | Lily Zografou | EAN 9783936049831 | ISBN 3-936049-83-1 | ISBN 978-3-936049-83-1

Deine Frau, die Schlampe

Roman aus der Zeit der RAF

von Lily Zografou, aus dem Griechischen (alt) übersetzt von Ralf Dreis
Hör dir das an, Liebste. Am Dienstag, den 24. Januar, rief mich Lenió aus Milátos ganz aufgeregt an um mir mitzuteilen - kannst du dir denken was? Dass der starke Wind einen Baum in meinem Garten entwurzelt hat. Der Wind? Welcher Wind, wunderte ich mich. Was ist der Wind, wo habe ich schon von ihm gehört? Bin ich nicht schon seit Jahren mit diesen Menschen hier drin eingeschlossen? Den Menschen des Romans, meine ich, der heute Nacht fertig wurde. Was? Wie der Wind hier eindringen und sie mir von meinem Schreibtisch wehen konnte, von dem ich mich nicht losreißen kann, so über-anstrengt und verschreckt, dass der Faden reißt, wenn ich mich jetzt nach all den Jahren erhebe, in denen meine Helden und ich Banken und US-Stützpunkte in die Luft gejagt, die Bullen verarscht und uns gegenseitig ausgenutzt haben, für etwas Liebe, ein kleines bisschen Liebe und so viel Gerechtig-keit. Und das sagst du mir! Einzig das Bühnenbild wurde gewechselt. Prometheus ist vom Felsen in den Hochsicherheitstrakt gezogen. Welcher Wind, mein Gott, welcher Wind hat so heftig geweht und die Melodie vom Lied des Helden auf der letzten Seite gelöscht - schließlich war es unsere Erfindung, die von uns beiden - auf dass uns vielleicht die anderen hören, auf dass es vielleicht die Aufmerksam-keit der Menschen erregt, die nicht mehr in der Lage sind die ohrenbetäubende Stille der menschli-chen Einsamkeit zu vernehmen. Und ich saß hier, bewunderte seine letzten großen Schritte mit den Handflächen auf dem orangefarbenen Ordner aus Pappe, der nun zuklappte und mich seiner Gesell-schaft beraubte und auch der Freude mich um seine unheilbare Einsamkeit zu kümmern. Welcher Wind? Und was soll jetzt aus mir werden ohne den Irrglauben, die Ungerechtigkeit zu bekämpfen, die jetzt auf mich einstürmen und mich von allen Seiten durchbohren wird. Welcher Baum? Hat irgend-wer jemals einen von euch informiert, dass ich hier bin, vertrieben aus dem Paradies der Gleichgültig-keit und der Unwissenheit? Dass ich all den unaufhörlich brausenden wilden Stürmen schutzlos aus-geliefert bin, die mich durchdringen? Was tue ich hier, Maíry, Liebste, mit Augen, die … (Lily Zográfou, ein unvollendeter Brief)