Die Offheimer Schulchronik von Christoph Waldecker | (1751-)1821 bis 1975 | ISBN 9783936162165

Die Offheimer Schulchronik

(1751-)1821 bis 1975

von Christoph Waldecker
Buchcover Die Offheimer Schulchronik | Christoph Waldecker | EAN 9783936162165 | ISBN 3-936162-16-6 | ISBN 978-3-936162-16-5

Die Offheimer Schulchronik

(1751-)1821 bis 1975

von Christoph Waldecker

Auszug

Es war am 27. Mai 1857, Nachmittags um ½ 3 Uhr, als sich sowohl über unsere, als auch über die gesegneten Fluren des ganzen untern Elbthals ein, in seinen Folgen furchtbares Gewitter zusammenzog. Kaum bemerkbar, bildeten sich am nördlichen Himmel dunkele Wolken. Niemand dachte wol daran, daß dieses Gewitter so traurige Spuren zurücklassen würde. Ein Jeder ging, sei-nen friedlichen Gewerbe oder seinem Berufsgeschäften nach. Aber furchtbar sollten die gleichgilti-gen Menge enttäuscht werden. Der Donner rollte; Blitz auf Blitz erfolgte, und durchschnitt in ver-schiedenartigen Schlangenwindungen die Lüfte. In Strömen fiel der Regen zur Erde; Massen von Kisseln schienen den Fleiß des Landmannes in einem Augenblick zu zerstören. Das untere Dorf war, von der sich mehr und mehr anhäufenden Wassermasse, am meisten beängstigt. Das Wasser stand in der untern Gasse mehrere Fuß hoch, und wälzte sich grimmig schäumend, überall Verwüstung anrichtend, über Gärten, Wiesen und hoffnungsvolle Fluren hin. Was ihm auf seinem durch Kraft genommenen Wege nur immer hinderlich sein konnte wurde gewaltsam in den wilden Strudel hin-ein gerissen. So sah man, daß das Wasser Haus- und Ackergeräthe, zum Bleichen bestimmte Lein-wand, Hemden, Geflügel ja selbst Baumstämme mit sich führte.
Was that das Volk bei dieser wilden Naturscene?
Ein Theil lief, hochaufgeschürzt, der fortgerissenen Wäsche nach; Andere [88] lagen in ihren Woh-nungen und beteten um Schutz und Gnade; noch Andere schwätzten bedeutsam von einem großen Kometen, welcher in diesem Jahre mit der Erde zusammenstoßen sollte. Dieses Ungewitter, vermu-ten sie, wäre nur ein Vorspiel von jenem bald kommenden Himmelskörper verrichtendem Trauer-spiele.
Die Schuljugend der zweiten Schule, welche in ihrem Locale bei Wirth Wilh. Münz sich lange vergeb-lich nach Vater und Mutter gesehnt und geweint hatten, wurde endlich durch den Bürgersinn eines hiesigen Einwohners, aus ihrer Gefangenschaft befreit. Hoch zu Roß kam dieser Ehrenmann, einen Leiterwagen hinter sich herschleppend, mehrmals durch das Wasser gefahren und brachte die schreienden Kleinen in eine von Wasser freigebliebenen Straße, wo sie dann von den besorgten El-tern, besänftigt und nach Hause geführt wurden.
Um 6 Uhr erst ließ das Unwetter nach und die Wasser verliefen sich.
Der Schaden, den dieses Gewitter an Gärten Felder, Wiesen, Wegen und den Saatfrüchten verur-sacht, läßt sich bis heute noch nicht bestimmen. Der Augenschein lehrt übrigens jetzt schon, daß er ein bedeutender genannt werden muß.