WortRaum von Karina Lotz | Erzählungen | ISBN 9783946112006

WortRaum

Erzählungen

von Karina Lotz
Buchcover WortRaum | Karina Lotz | EAN 9783946112006 | ISBN 3-946112-00-5 | ISBN 978-3-946112-00-6

Erzählungen? Ja, Karina Lotz erzählt. Bekannte Motive erleben neue Variationen: Faust in „Der Pakt” (S. 29 bis 34), Undine in „Symphonie. Ein Märchen” (S. 63 bis 73). Menschlicher Machbarkeitswahn wird ad absurdum geführt: in der rundum kontrollierten „Alterswacht” (S. 49 bis 54) oder – nicht ohne schwarzen Humor – „Im Doppelpack” (S. 93 bis 98). Vieles ist im Wortsinne „fabelhaft”: etwa „Ausgesperrt” (S. 27f). Das Absurde feiert fröhliche Urständ in „Der Schriftsteller” (S. 23 bis 26), wo ein Mensch, der in allem auf Nummer Sicher geht, gerade so in sein Verderben läuft.
Eine submarine Welt spiegelt die irdische – und scheint nicht nur in der bereits erwähnten „Symphonie”, sondern auch im „Ortswechsel” (S. 85 bis 91) auf. Dabei lässt die Autorin bei aller sprachlichen Disziplin ihrer Phantasie und Fabulierfreude freien Lauf. Auch der Traum ist im „WortRaum” enthalten.
Erzählungen? Nirgendwo scheint mir Karina Lotz so sehr bei sich selbst zu sein wie im „Höhenrausch” (S. 35 bis 47). Alles stimmt hier: eine Sprache, die Realität ebenso genau abschreitet wie erfasst. Ein Psychogramm von großer Sogwirkung. Der Realismus, die Genauigkeit spiegelt sich in der Benennung der Topografien. Bereits der Aufbruch des Bergsteigers zuhause hat etwas von Befreiung, Erleichterung, Hintersichlassen. Dem „Schriftsteller” (s. o.) vergleichbar ist auch der Bergsteiger ganz auf seine Sicherheit bedacht. Hinter der Absicherung scheint aber hier weniger die Selbstvorsorge auf als vielmehr das in fast pedantischer Präzision verfolgte Projekt. Dreizehn Seiten Erzählung kristallisieren im letzten Satz: „Als er im Begriff war, seinen Fuß auf den Gipfel zu setzen, ließ er los.” Finale Katastrophe? Nicht unbedingt. Der Schluss ist offen – was nach der vorherigen Engführung nur um so mehr verblüfft. Der Schluss hat nicht nur mit Autorin und Bergsteiger, er hat etwas mit mir als Leser zu tun: Welche Linie kommt denn hier IN MIR ans Ende? Das bereits zuhause begonnene Loslassen – in finaler Konsequenz? Oder eine Absicherung, die ultimativ, ja, gnadenhaft in schlafwandlerische Sicherheit mündet?
Erzählungen? Warum mein Fragezeichen? Weil ich wohl nur die längeren der insgesamt siebzehn Prosatexte hier einordnen würde. Die kürzeren fasse ich eher als „Momentaufnahmen”: ein Moment, in dem die drei „Ekstasen der Zeit” (Martin Heidegger) kulminieren: Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. Die große Stärke von Karina Lotz ist die Sorgfalt, mit der sie buchstäblich den „WortRaum” durchmisst. Etwa in „Eine Liebeserklärung” (S. 11ff), einem Text, der nicht zuletzt poetologisch brillant ist. Oder in „Versteinert” (S. 17ff), wo Aufatmen und Verzweiflung nahe beisammen sind. Wer den letzten Text „Strandgut eines Dichters” (S. 99) zuerst liest, lernt aufs Konzentrierteste die Sprache kennen, die die Autorin sich und ihm als Kompass anzubieten hat.
Rüdiger Jung

WortRaum

Erzählungen

von Karina Lotz
Die Erzählungen von Karina Lotz sind sowohl dramatisch als auch in sich gekehrt und pulsieren stets mitten aus dem Leben heraus. Große Themen werden angesprochen: Freiheit, Liebe, Verlust, Zeit. Über allem aber erstrahlt immer eine große Leidenschaft für das geschriebene Wort. WortRaum berührt tief und bewegt.