Potentiale zur Reduzierung der Emissionen mittels eines Benzin-Erdgas- und Ethanol-Erdgas-Mischbetriebes an einem Nutzfahrzeug-Ottomotor von Christoph Hörhammer | ISBN 9783959740616

Potentiale zur Reduzierung der Emissionen mittels eines Benzin-Erdgas- und Ethanol-Erdgas-Mischbetriebes an einem Nutzfahrzeug-Ottomotor

von Christoph Hörhammer
Buchcover Potentiale zur Reduzierung der Emissionen mittels eines Benzin-Erdgas- und Ethanol-Erdgas-Mischbetriebes an einem Nutzfahrzeug-Ottomotor | Christoph Hörhammer | EAN 9783959740616 | ISBN 3-95974-061-1 | ISBN 978-3-95974-061-6

Potentiale zur Reduzierung der Emissionen mittels eines Benzin-Erdgas- und Ethanol-Erdgas-Mischbetriebes an einem Nutzfahrzeug-Ottomotor

von Christoph Hörhammer
Kurzfassung
Die Erwärmung der Erde und der daraus resultierende Klimawandel stellen die Menschheit vor große Herausforderungen. Einige Folgen des Klimawandels sind Extremwetterlagen, das Abschmelzen der Pole sowie das Ansteigen des Meeresspiegels. Die Gründe hierfür ist der vom Menschen verursachte Ausstoß von Treibhausgasen, wie z. B. Kohlenstoffdioxid. Der Verkehrssektor emittiert dabei laut einer Statistik des Bundesumweltministeriums ca. 18% aller menschlich verursachten Kohlendioxidemissionen.
Gleichzeitig steigen mit wachsender Weltbevölkerung das Bedürfnis nach Individualmobilität und die zur Versorgung und Erbringung von Dienstleistung notwendige Transportleistung im Nutzfahrzeugbereich immer weiter an. Durch den wachsenden Individualverkehr sowie den Transportverkehr kommt es daher in Ballungszentren, wie z. B. Peking, London, Paris zu einer deutlichen Belastung der Atemluft mit Schadstoffen, welche zum Teil durch den Verbrennungsmotors ausgestoßen werden. Besonders kritisch sind dabei die ausgestoßenen Stickoxide sowie die Partikelemissionen. Diese beiden Abgaskomponenten können Smog verursachen. Im Rahmen der Abgasaffäre ist die Emission von Stickoxiden neben dem Ausstoß von Kohlenstoffdioxid und Partikeln sehr stark in den Fokus der öffentlichen Diskussion getreten. In der dieselmotorischen Verbrennung entstehen dabei vermehrt Stickoxid- und Partikelemissionen. Dieselmotoren werden dabei meist für Nutzfahrzeuge eingesetzt, welche das Rückgrat der Versorgung von Ballungszentren darstellen und für die Erbringung von Dienstleistungen notwendig sind.
Der Gesetzgeber versucht durch immer schärfere Regulierung der Abgasemissionen den Ausstoß der schädlichen Bestandteile aus Verbrennungsmotoren zu senken. Fahrzeuge die über eine nicht ausreichend effektive Abgasnachbehandlung verfügen, können bei Fahrverboten gewisse Bereiche nicht mehr befahren. In Deutschland müssen Fahrzeuge über eine Umweltplakette verfügen, die die Fahrzeuge hinsichtlich der Emission von Partikeln klassifiziert. In nahezu allen aktuell existierenden deutschen Umweltzonen dürfen nur noch Fahrzeuge mit einer grünen Plakette fahren.
Die steigende Regulierung der Abgasemissionen erfordert immer größere Anstrengungen hinsichtlich der Abgasreinigung, besonders im Fall eines Dieselmotors. Die Abgasnachbehandlung eines Dieselmotors besteht heute aus einem Oxidationskatalysator, Dieselpartikelfilter, einer extern gekühlten Abgasrückführung sowie einem SCR-Katalysator. Mit steigender Regulierung ist mit einem Anstieg der Komplexität dieser Systeme zu rechnen. Die verfügbaren Abgasnachbehandlungssysteme bieten die Möglichkeit das Abgas größtenteils von den schädlichen Bestandteilen zu reinigen, jedoch können diese Maßnahmen die Effizienz der Motoren negativ beeinflussen, was in einem höheren Kraftstoffverbrauch und damit in einer höheren Kohlenstoffdioxidemission mündet. Gleichzeitig werden die Entwicklungspotentiale beim Dieselmotor geringer angesehen als bei einem Ottomotor.
In dieser Arbeit wird ein alternatives Motorenkonzept zum Antrieb von Nutzfahrzeugen untersucht. Die Entwicklung beim Dieselmotor versucht sowohl die Effizienz des Motors als auch die Effektivität der Abgasnachbehandlung zu steigern. Oftmals lässt sich dies nur unter gewissen Kompromissen durchführen. Die vorliegende Arbeit setzt sowohl bei der Verwendung eines bzw. mehrerer (alternativer) Kraftstoffe mit einem günstigeren 𝐶𝐻−Verhältnis als auch bei dem Brennverfahren an. Durch eine geeignete Wahl des Brennverfahrens soll eine möglichst einfache Abgasnachbehandlung realisiert werden. Bei Verwendung alternativer Kraftstoffe existiert häufig ein Versorgungsproblem, weshalb sich auf Kraftstoffe fokussiert wird, die bereits heute über eine ausreichend ausgebaute Infrastruktur verfügen. Eine Verbrennung von alternativen Kraftstoffen, wie CNG, LPG oder Biodiesel in einem Dieselmotor ist technisch darstellbar, erfordert allerdings immer noch eine ähnlich komplexe Abgasnachbehandlung wie die Verbrennung mit Dieselkraftstoff. Alternativkraftstoffe wie CNG oder LPG können auch in Ottomotoren ohne weiteres eingesetzt werden. Da das dieselmotorische Brennverfahren über eine deutliche komplexere Abgasnachbehandlung als ein Ottomotor verfügt, bietet es sich an, einen Ottomotor zum Antrieb eines Nutzfahrzeuges genauer zu untersuchen. Motoren mit rein monovalenten CNG-Antrieben für Nutzfahrzeuge sind bereits heute Stand der Technik. Gleichzeitig besitzen monovalente CNG-Motoren im Vergleich zu mit Benzin betriebenen Motoren einen deutlichen Nachteil hinsichtlich des Drehmomentaufbaus sowie in der maximal erreichbaren Leistung. Dies wird maßgeblich durch den geringeren Gemischheizwert verursacht. Der Faktor des Drehmomentaufbaus sowie des erreichbaren Drehmomentes, besonders im Low-End-Torque-Bereich, stellen ein deutliches Problem hinsichtlich der Fahrbarkeit während des Losfahrens mit einem Nutzfahrzeug dar. Ein weiterer Faktor, welcher besonders im Nutzfahrzeugbereich zum Tragen kommt, ist der Aufwand zur Speicherung des Kraftstoffes. Je größer das zum Mitführen des Kraftstoffes benötigte Volumen bzw. Masse ist, desto geringer ist das Ladevolumen bzw. die Nutzlast. Flüssigkraftstoffe bieten hier aufgrund Energiedichte deutliche Vorteile zu gasförmigen Energieträgern. Das gewählte Konzept sieht daher eine Nutzung eines gasförmigen (CNG) sowie eines flüssigen (Benzin bzw. Ethanol) Kraftstoffes vor. Durch die Verwendung der beiden Kraftstoffpaarungen sollen die Vorteile des jeweiligen Kraftstoffes in den entsprechenden Lastanforderungen bzw. Lastbereichen genutzt werden.
Zunächst wird in Mischungsuntersuchungen das Potential der eingesetzten Kraftstoffe hinsichtlich des Verbrauchs, den ausgestoßenen Rohemissionen sowie der erzielbaren Leistung untersucht. Auf Basis der gewonnen Erkenntnisse werden die Ergebnisse bewertet und jeweils ein Mischungskennfeld für den Benzin-CNG- und den E85-CNG-Betrieb erstellt. Bei der Erstellung dieser Mischungskennfelder werden die für den jeweiligen Kraftstoff nachteiligen Bereiche besonders betrachtet. Im zweiten Schritt wird durch eine Optimierung der innermotorischen Vorgänge versucht den Kraftstoffverbrauch an ausgewählten Lastpunkten weiter zu senken.
Durch die Substitution von Benzin durch CNG ist es möglich die 𝐶𝑂2−, 𝑁𝑂𝑥− und 𝐻𝐶− Emissionen gleichermaßen zu senken. Die Reduktion der 𝐶𝑂2−Emissionen beträgt dabei die erwarteten 25% bezogen auf den Benzinbetrieb. Durch die Zumischung von CNG können die 𝑁𝑂𝑥− und
𝐻𝐶−Emissionen um bis 40% bzw. 90% gesenkt werden. Das maximal gewünschte Drehmoment von 600 𝑁𝑚 ist im reinen Benzinbetrieb bei der gewählten Standardspreizung nicht darzustellen. Durch eine Substitution des Benzinkraftstoffes durch 50% CNG kann das Drehmoment deutlich angehoben werden. Um das Zieldrehmoment im Benzin-CNG-Modus zu erreichen ist jedoch eine Anpassung der Ein- und Auslassspreizungen notwendig. Auf Basis der erzielten Messwerte der Mischungsuntersuchungen wird ein Mischungskennfeld in Abhängigkeit der jeweiligen Vor- bzw. Nachteile der Kraftstoffe erstellt. Neben dem Mischungskennfeld sind für die weiteren Untersuchungen die Berechnung der stationären Lastpunkte gemäß dem NRSC- bzw. WHSC-Zyklus notwendig. Innerhalb der berechneten stationären Lastpunkte kann durch eine Anpassung des Restgasgehaltes der Kraftstoffverbrauch um weitere, durchschnittlich 3% gesenkt werden.
In den Mischungsuntersuchungen mit E85 und CNG zeichnet sich hinsichtlich der 𝐶𝑂2−, 𝑁𝑂𝑥− und 𝐻𝐶−Emissionen ein ähnliches Bild ab. Es ist dabei eine Abnahme der 𝐶𝑂2− Emissionen um 22% im CNG gegenüber dem E85 Betrieb zu beobachten. Gleichzeitig können auch hier die 𝑁𝑂𝑥− und 𝐻𝐶−Emissionen um ca. 48% bzw. ca. 90% bezogen auf den E85-Betrieb gesenkt werden. Das maximal erreichbare Drehmoment ist im Gegensatz zu den Benzin-CNG-Untersuchungen bei reinem E85 Betrieb zu beobachten. Das erreichbare Drehmoment liegt bei 700 𝑁𝑚 bei Verwendung der Standardspreizung. Gründe für das unterschiedliche Verhalten liegen in der höheren Oktanzahl des E85-Kraftstoffes und der höheren Verdampfungsenthalpie gegenüber dem Wert von Benzin. Gleichzeitig trägt der geringere stöchiometrische Luftbedarf zu diesem Verhalten bei. Die höhere Verdampfungsenthalpie führt zu geringen Temperaturen während der Ansaugphase. Dies führt zu geringeren Verdichtungsenddrücken sowie Verdichtungsendtemperaturen. Dies führt maßgeblich zu einer Reduktion der Klopfneigung. Durch die gewonnen Erkenntnisse wird ein E85-CNG-Mischungskennfeld mit Berücksichtigung kritische Lastbereiche abgeleitet. Die gewählten stationären Lastpunkte basieren dabei auf dem NRSC- und WHSC-Zyklus. Durch eine Anpassung des Restgasgehaltes durch Veränderung der Ein- und Auslassspreizung können sowohl Verbrauch als auch Emissionen gesenkt werden. Die durchschnittliche Kraftstoffverbrauchseinsparung beträgt bei den Stationärlastpunkten ca. 4%.
Da das untersuchte Konzept in einem Nutzfahrzeug für den innerstädtischen bis regionalen Warenverteilerverkehr Einsatz finden soll, muss es vorhandene Dieselmotoren ersetzen. Ein Vergleich mit den spezifischen 𝐶𝑂2− Emissionen des Dieselmotors zeigt dabei, dass die Emissionen des untersuchten Prototypenmotors über denen den in der Serie befindlichen Dieselmotors liegen. Die Differenz der 𝐶𝑂2−Emissionen zwischen den beiden Antriebskonzepten unterscheidet sich dabei nur gering. Durch weitere Maßnahmen, wie z. B. Anpassung des Verdichtungsverhältnisses, dem Einsatz einer Direkteinspritzung, der Optimierung des Ansaugkrümmers incl. der Optimierung der Einspritzdüsen führt zu weiterem Einsparpotential hinsichtlich der 𝐶𝑂2−Emissionen. Der Einsatz eines Dreiwegekatalysators kann alle limitierten Emissionen nahezu komplett konvertieren. Durch den Wegfall der aufwendigen Abgasnachbehandlung des Dieselmotors wird zudem Bauraum für die
Unterbringung der CNG-Tanks frei. Gleichzeitig kann durch geeignete Wahl des CNG-Tanksystems die zusätzliche Masse gering gehalten werden.
Das hier vorgestellte Konzept zeigt ein Potential zur Ersetzung des Dieselmotors bei Nutzfahrzeugen im innerstädtischen bis regionalem Verteilerverkehr. Durch weitere verbrauchsoptimierende Maßnahmen kann der Ausstoß von 𝐶𝑂2 durchaus unter den des Dieselmotors gebracht werden.