Johannes Veit | Walls and Rooms | ISBN 9783982052106

Johannes Veit

Walls and Rooms

Buchcover Johannes Veit  | EAN 9783982052106 | ISBN 3-9820521-0-6 | ISBN 978-3-9820521-0-6
Kunst

Johannes Veit

Walls and Rooms

Auszug

Das Ganze und seine Teile Überlegungen zu den Spiegelarbeiten von Johannes Veit Andreas Kühne und Christoph Sorger
In einem der weniger bekannten Märchen der Brüder Grimm, dem „Meerhäschen“, wird von einer Königstochter erzählt, „die hatte in ihrem Schloß hoch unter der Zinne einen Saal mit zwölf Fenstern“1, die in alle Himmelsgegenden gerichtet waren, wobei die Schärfe der Wahrnehmung der Außenwelt von Fenster zu Fenster zunahm, bis sie im letzten, dem zwölften, einen solchen Grad erreichte, dass sie „alles sah, was über und unter der Erde war, und ihr nichts verborgen bleiben konnte.“ Auf symbolische Weise ist hier die Rede von einem uralten Menschheitstraum, der davon handelt, dass es ein Instrument geben könnte, mit dessen Hilfe man die Außenwelt vollständig nach Innen projizieren kann, derart, dass sich die Teile der Welt in einem Innenraum wieder zu einem vollständigen Ganzen zusammensetzen würden. Ein solches Instrument kann die bildende Kunst und insbesondere eine Malerei sein, die bewusst mit dem Raum arbeitet und versucht eine Totalität herzustellen, die der gewöhnlichen Sinneswahrnehmung verborgen bleibt. Der Kunstwissenschaftler Max Imdahl hat die Frage nach dem Verhältnis von Totalität und Fragment einmal als eine der wichtigsten systematischen Fragen bezeichnet, die überhaupt an ein Bild zu stellen seien.2 Die Antworten darauf werden – den Bildern entsprechend – verschieden ausfallen, und vielleicht werden sie sich nicht in jedem Falle aufdrängen. Die Arbeiten von Johannes Veit aber gehören aber sicher zu denjenigen, die diese Frage geradezu provozieren. Auf seinen Tafelbildern durchdringen sich unergründlich scheinende, gesättigte Farbwolken und Farbballungen, die von kräftigeren, helleren und leuchtenderen Spuren durchschossen werden. In den raum- und architekturbezogenen, oft temporären Gebilden und Installationen aus quadratischen Tafeln blinken unversehens Spiegel auf.