Verfahren zur integrierten Betriebssimulation von Strom- und Gastransportinfrastrukturen von Lukas Löhr | ISBN 9783982336268

Verfahren zur integrierten Betriebssimulation von Strom- und Gastransportinfrastrukturen

von Lukas Löhr, herausgegeben von Albert Univ.-Prof. Dr.-Ing. Moser
Buchcover Verfahren zur integrierten Betriebssimulation von Strom- und Gastransportinfrastrukturen | Lukas Löhr | EAN 9783982336268 | ISBN 3-9823362-6-0 | ISBN 978-3-9823362-6-8
Inhaltsverzeichnis 1

Verfahren zur integrierten Betriebssimulation von Strom- und Gastransportinfrastrukturen

von Lukas Löhr, herausgegeben von Albert Univ.-Prof. Dr.-Ing. Moser
Die EU-Kommission hat im Kontext des European Green Deals eine Strategie zur Integration des Energiesystems formuliert. Es sollen integrierte Energieinfrastrukturen mit einer verstärkten physikalischen Kopplung der Strom-, Wasserstoff -, Methan- und Fernwärmeinfrastruktur entstehen und diese möglichst treibhausgasarm, sicher und kostengünstig geplant und betrieben werden. Die bidirektionale Kopplung der Transportnetze für Strom und Gase bildet hierbei das Rückgrat. Um Optimierungspotentiale heben zu können, wird die Einführung einer integrierten Systemplanung diskutiert. Innerhalb eines solchen Prozesses werden Betriebssimulationen als Werkzeuge zur Berechnung von Bewertungskenngrößen wie Wohlfahrtsgewinnen, CO2-Emissionen oder der Netzsicherheit benötigt. Das Ziel dieser Arbeit ist daher, ein methodisches Vorgehen zu entwickeln, das bei einem integrierten Modellierungsansatz eine hohe zeitliche, räumliche und technische Auflösung aufweist und gleichzeitig die Anwendbarkeit auf großskalige Systeme ermöglicht.
Das entwickelte Verfahren basiert auf einem nichtlinearen Optimierungsproblem, welches variable Betriebskosten, CO2-Emissionen und Defizitenergie beim Anlageneinsatz und Netzbetrieb der Strom-, Gas- und Fernwärmeinfrastruktur minimiert. Die Transportinfrastrukturen für Strom und Gase werden netzknotenscharf und unter Berücksichtigung quasi-stationärer physikalischer Lastfl ussgleichungen zur Berechnung von Netzengpässen und Transportverlusten abgebildet. Die Skalierbarkeit des Verfahrens erlaubt die Anwendung auf großskalige Energiesysteme über ein gesamtes Jahr in stündlicher Auflösung. Zur Beherrschung der Modellkomplexität wird ein dreistufig verschachtelter Dekompositionsansatz entwickelt. Dieser löst das Optimierungsproblem mehrfach zunächst mit hohem Modelldetailgrad in der zeitlichen, dann räumlichen und schließlich technischen Dimension unter Anwendung verschiedener Modellreduktionstechniken und mit Informationsweitergabe an den Schnittstellen. Die Lösung des nichtlinearen Optimierungsproblems erfolgt in der letzten Verfahrensstufe mittels sukzessiv linearer Programmierung.
In exemplarischen Untersuchungen wird die Leistungsfähigkeit des entwickelten Verfahrens durch Anwendung auf ein Szenario für das europäische Strom-, Wasserstoff-, Methan- und Fernwärmesystem im Jahr 2040 demonstriert. Das Verfahren zeigt infrastrukturübergreifende Wechselwirkungen im Betrieb auf, welche die optimierten Systemantworten auf Überschüsse und Knappheit erneuerbarer Stromerzeugung, Netzengpässe im Strom- und Wasserstoff transportnetz oder Knappheit saisonaler Wasserstoff speicherkapazitäten darstellen. Im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Analyse von Elektrolysestandorten in Deutschland wird berechnet, dass primär Netzengpässe und sekundär Netzverluste im elektrischen Übertragungsnetz die Standortentscheidung beeinflussen und gegenüber Engpässen und Verlusten im Wasserstoffnetz überwiegen. Elektrolyseure nahe der erneuerbaren Stromerzeugung aus Windenergieanlagen in Norddeutschland weisen daher einen größeren systemischen Nutzen auf als Elektrolyseure nahe der Lastzentren im Südwesten Deutschlands.