Mutters Lüge von Monika Hürlimann | ISBN 9783952570616

Mutters Lüge

von Monika Hürlimann
Buchcover Mutters Lüge | Monika Hürlimann | EAN 9783952570616 | ISBN 3-9525706-1-3 | ISBN 978-3-9525706-1-6
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Leseprobe
Frauen ab 20 Jahre, die gerne Lebensgeschichten in spannender Romanform verpackt lesen. Personen mit besonderem Interessen an Schicksalen, die mit den Wirren des 2. Weltkriegs zusammenhängen und Lebensläufen im zeitgenössischen Europa. Menschen, die gern die Geheimnisse erfolgreicher Emigration aufspüren, die sich mit Resilienz auseinandersetzen.
„Mit «Mutters Lüge» ist Monika Hürlimann eine Autobiografie gelungen, die sich liest wie ein spannender Krimi. …. Es ist ein Mutter-Tochter-Drama, es ist die Geschichte einer Emigration – und dann ist «Mutters Lüge» auch eine Ermittlung … Ihr Leben aufzuschreiben, dazu fühlen sich heutzutage viele berufen, doch die wenigsten haben so viel mitzuteilen wie diese Autorin und tun dies mit der gleichen Aufrichtigkeit. Suche nach Wahrheit – manchmal bis fast zur Selbstzerstörung – ist denn auch das grosse Thema dieser Biografie ... “ (Ruth Spitzenpfeil, Rezension in der Südostschweiz, 30. Oktober 2021)

„ … Emigration aus Polen – eine eindrückliche Geschichte, welche durch die Ereignisse in der Ukraine eine ganz besondere Bedeutung erhält.
… Es ist ein Aufbruch ins Ungewisse, herausgerissen aus einem warmen Nest enger familiärer Bande, die das Leben in der Mangelwirtschaft Polens für sie dennoch zur Idylle gemacht haben.
Staunend und tief beeindruckt erhalten wir Einblicke in Martas Welt. An lieb gewordene Traditionen wie an den Karpfen in der Badewanne vor Weihnachten, an ein Gedeck mehr für einen unangemeldeten Gast. Eine persönliche Note gibt sie auch den Ereignissen in Polen und Deutschland vor, während und nach dem 2. Weltkrieg. Schnell lernt Marta, dass Lebensmittelkarten keine Garantie geben, dass man Lebensmittel auch wirklich bekommt – das heisst: früh aufstehen und anstehen, solange noch Ware da ist.
«Deine Mutter war in Wirklichkeit jemand anders» – spannend wie ein Krimi! Erst bei der Beerdigung ihrer Mutter erfährt sie ihre Lebensgeschichte. Ausdrucks- und Gefühllosigkeit, die Lieblosigkeit ihrer Mutter wirken verstörend und machten Marta schon immer zu schaffen. Wir können kaum verstehen, dass sie gelernt hat, keine Fragen zu stellen. Und doch bleibt am Ende ein friedliches Gefühl für die Mutter, welche ihren Zwillingen eine bessere Zukunft ermöglicht.
Hommage an die Schweiz. Als junge Ärztin kommt Marta in die Schweiz. Sinniert über diese Mentalität mit Höflichkeit, Zurückhaltung und Bescheidenheit. Die Willensnation mit vier Landessprachen. Sie erfreut sich an der bukolischen Landschaft. Ist ihr beruflicher Werdegang ein Grund dafür, die Mutter besser zu verstehen, zu spüren, wie sie sich gefühlt haben könnte?“
(Elisabeth Sieber, Schaffhauser Nachrichten, 28. Mai 2022)

„ … Ihr Schreibstil ist schnörkellos und zeichnet sich aus durch ein solides literarisches Handwerk, mit welchem sie die Literaturszene, dies nicht nur in der Schweiz, immer wieder aufs Neue begeistert. … voller Emotionen mit einer wahrheitsgetreuen Lebensgeschichte, die sich spannend wie ein Krimi liest. Geschichten, die zu Tränen rühren, aufwühlen und zum Nachdenken anregen. Kurz gesagt: eine Berg- und Talfahrt voller Emotionen. … Die rätselhafte Mutter prägt Martas Entwicklung negativ, doch der Tochter gelingt es, ihren eigenen Weg zu gehen. Dreissig Jahre nach der Emigration stirbt die Mutter und ihr Geheimnis von historischer Tragweite wird offenbar. Endlich fügen sich Tatsachen und Erinnerungen an Merkwürdigkeiten zu einem logischen Ganzen. Die Recherche, Akzeptanz, innere Befreiung und ein Versöhnungsversuch beginnen. …“ Hans Speck, Glarner Nachrichten, 6. Mai 2022

Mutters Lüge

von Monika Hürlimann
Das kommunistische Polen, 1984. Die fünfzehnjährige Marta wird aus ihrem gewohnten Leben gerissen, als sie mit ihrer Mutter und dem Bruder nach Westdeutschland flieht. Mutter stammt doch aus Lemberg/Ukraine und ihre Vergangenheit hat irgendwie mit den Nazis zu tun, denkt sie. Warum also flieht die Familie ausgerechnet nach Deutschland? Marta fühlt, dass ein dunkles Lebensgeheimnis über ihrer Mutter schwebt. Was 1984 beginnt, endet nach einigen Stolpersteinen und Zwischenstationen unter anderem im Berlin der ersten Stunde nach der Deutschen Wiedervereinigung in der Schweiz. Marta beginnt hier ein neues Leben als Psychiaterin. Doch als ihre verschlossene Mutter stirbt, muss sie sich mit der Vergangenheit ihrer Familie auseinandersetzen. Denn es kommt eine große Lüge von historischer Tragweite ans Tageslicht. Für Marta fügen sich endlich Erinnerungen und merkwürdige Begebenheiten zu einem logischen Ganzen. Die Autorin legt mit diesem Buch einen mitreißenden Entwicklungsroman vor: Sie verwebt Tatsachen, Wirren und Träume miteinander und macht ein Stück europäischer Zeitgeschichte für den Leser persönlich erfahrbar. Hinreissendes, aktuelles Buch, als Neuerscheinung wurde es VIER Mal auf Schweizer Bestsellerliste geführt! LESEPROBE::
„Übermorgen fahren wir nach Deutschland», sagt Mutter. «Für immer.» «Nach Deutschland…? Für immer?» Hinter meiner Brust spüre ich einen dicken Knoten. Mein Zwillingsbruder Tomek führt seinen linken Mittel- und Ringfinger zur Schläfe, lässt die Hand dann in den Schoß fallen und öffnet weit den Mund. «Es ist illegal», betont Mutter. «Und Joka?», kommt es wie ein Krächzen aus meiner Kehle. Ich kauere mich nieder zu meiner Hündin und drücke sie fest an mich. «Kein Wort zu niemandem! Sonst lande ich im Gefängnis, und du, Marta, darfst nicht ins Lyzeum und wirst nie Medizin studieren», bekräftigt Mutter und blickt auf den abgewetzten Spannteppich. «Am Montag geht ihr zur Schule und ich zur Arbeit. Wie üblich.» «Aber …» In meinem Kopf rasen so viele Gedanken, dass ich mich unmöglich auf einen einzelnen konzentrieren kann. Joka löst sich aus der offensichtlich zu starken Umarmung und legt sich unter den Tisch. Mutters himmelblaue Augen durchdringen mich förmlich. Es fühlt sich unangenehm und ungewohnt an, weil sie mich normalerweise nicht direkt anschaut. «Ihr teilt euch ein Gepäckstück», sagt sie, holt aus dem Hausflur ein Monster von einem Koffer und stellt ihn mitten ins Wohnzimmer. «Dieses hier.» Ein Wunder, dass er nicht schon geklaut wurde, in unserem anonymen Hochhaus. Eignen sich unsere Pfadfinderrucksäcke nicht dafür, frage ich mich. «Ich gehe Gassi mit Joka», sagt Mutter, ruft die Hündin und lässt die Wohnungstür hinter sich zuknallen.
Eisige Stille umhüllte das Sofa, auf dem wir saßen. Tomek stützte seine Ellbogen auf die Knie und kaute an seiner Faust herum. Mir wurde plötzlich kalt und mein Unterhemd begann auf dem Rücken zu kleben. Ich fühlte mich hilflos wie ein Kind, obwohl ich fast stolze fünfzehn Jahre alt war. War das Ganze ein makabrer Scherz? Was, wenn ich nicht mitwollte? Was sollte aus Joka werden? «Wusstest du davon?», fragte Tomek. «Nein.», antwortete ich bissig. «Sind da Kommunisten im Spiel?» «Hast du in der Schule was Gefährliches gesagt?», fuhr ich auf. «Was denkst du von mir?» Er konnte mich nicht ganz überzeugen, zumal er gleich wortlos in der Küche verschwand, in deren Nische sein Bett stand. Ich betrachtete unser Regal: entlang der ganzen Wand stehend, und voller Bücher. Die machten mich immer stolz, und jetzt trösteten sie mich. Ich würde mitnehmen, was ich besaß: den Rock, Hose, Unterhose, zwei Paar Socken, die ..."