„Dem (...) Anliegen Friedrich Panzers, die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen deutschen Inschriften zu sammeln und der Fachwelt zugänglich zu machen, ist mit vorliegendem Werk wieder ein Stück mehr entsprochen worden. Die Inschriften des Landkreises Hersfeld-Rotenburg liegen jetzt zuverlässig ediert und leicht zugänglich vor. Nun ist es Aufgabe der verschiedenen Disziplinen, diesen „Inschriftenschatz“ für die jeweiligen Analysen und Auswertungen zu „bergen“. Den Germanisten Panzer hätte es sicherlich besonders gefreut, dass nach jahrelanger Nichtbeachtung seitens der deutschen Philologie in jüngster Zeit gleich mehrere Sprachwissenschaftler die „mannigfache Belehrung“, die Inschriften der deutschen Sprachgeschichte „spenden“ können, erkannt haben und die Reihe „Die Deutschen Inschriften“ vermehrt nutzen. Mögen viele andere – vielleicht durch vorliegenden Band inspiriert – folgen.“
Dr. Anna-Maria Balbach
In: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur 3/2016, 378-383.
Der Band enthält die Edition von insgesamt 356 Inschriftennummern, von denen hier 59 erstmals, das heißt ganz neu oder in wesentlichen Teilen neu, und weitere 51 mit erheblichen Erweiterungen des Forschungsstandes ediert sind. In dem Bestand gehen nur 88 Artikel auf nichtoriginale Überlieferung zurück, darunter einige außergewöhnliche Glockeninschriften und vor allem bisher unbekannte Zeichnungen von Abtsgrabmälern nach der Hersfelder Geschichte von Christian Schlegel (dat. 1721).
Der Schwerpunkt des Materials liegt in den Denkmälern des Totengedächtnisses, die geistliche und weltliche Grablegen umfassen. Erstaunlicherweise sind Glocken bis nach der Mitte des 16. Jahrhunderts die häufigsten Inschriftenträger. Neben konventionellen und formelhaften glänzt der Bestand durch außergewöhnlich reflektierende Inschriften. Zwar kommen auch in reichem Maße Inschriften zu profanen Bauten vor, doch ist der Fachwerkbau des gesamten Gebietes stark neuzeitlich überformt, so dass die Zahl der Bauten diejenigen mit Inschriften um ein Vielfaches übertrifft.
In den Zentren Hersfeld (Stift und Stadt) und Rotenburg (Landstadt und später Residenz) lässt sich eine Überrepräsentation der lateinischen Sprache erkennen, aber auch in einigen Pfarrer- und Adelsgrablegen brachten Geistliche und gelehrte Räte ansprechende Texte hervor. Der frühe Schwerpunkt liegt allerdings bei der Hersfelder Stiftskirche. Aus deren Umfeld sei auf die Ausstattungsinschriften des romanischen Neubaus und die 68 Äbtebilder hingewiesen, mit denen Abt Ludwig Landau den Eichhof, die Burg der Äbte bei Hersfeld, schmücken ließ; sie werden im Band auch übersetzt und kommentiert.
Abhängig von der weiten zeitlichen Verteilung reichen die Schriftanalysen vom ausgehenden 9. Jahrhundert weit in die Renaissance. Für die frühen Bestände ließen sich daraus sogar Rückschlüsse auf die Baugeschichte der Stiftskirche ziehen, in der Spätzeit bilden sie das Gerüst für die Erkenntnisse zu Werkstattzusammenhängen.