Lord Jim

'Lord Jim', neben 'Nostromo' Conrads bedeutendster Roman, ist die Geschichte einer Flucht – der Flucht eines Träumers vor der Realität; die Geschichte eines Menschen, der makellos fast, verhängnisvolle Fehler begeht. An Bord eines Schulschiffes wird Alarm gegeben. Verloren in einem Traum von heroischer Selbstverleugnung versäumt Jim, der werdende Seemann, in das Rettungsboot zu springen, das Schiffbrüchige bergen soll. Wie eine Reprise in Umkehrung dieses Jugenderlebnisses mutet das Unglück mit dem Pilgerschiff ›Patna‹ an. Es gerät in Seenot und wird von den Offizieren, auch von Jim, im Stich gelassen. Jim flieht von Ort zu Ort, von Stellung zu Stellung bis nach Patusan, einem verborgenen Winkel im Malaiischen Archipel, wo er Frieden und Wohlstand stiftet – und es abermals nicht vermag, Unheil abzuwenden. Wie in Conrads berühmter Erzählung 'Herz der Finsternis' geht es auch in 'Lord Jim' darum, die Wahrheit über einen ›Abtrünnigen‹ zu ermitteln. Was den Roman jedoch von der Erzählung unterscheidet, ist die weitaus komplexere Präsentation dieser Wahrheitssuche und die beeindruckende Vielstimmigkeit der Geschichte, die sich jeder Eindeutigkeit entzieht.