Das Haus der Spinne von Paul Bowles | Roman | ISBN 9783442309573

Das Haus der Spinne

Roman

von Paul Bowles
Buchcover Das Haus der Spinne | Paul Bowles | EAN 9783442309573 | ISBN 3-442-30957-3 | ISBN 978-3-442-30957-3

Das Haus der Spinne

Roman

von Paul Bowles
„Die sich andere Beschützer als Allah suchen, sie gleichen der Spinne, wenn sie sich ein Haus webt, aber wahrlich, das gebrechlichste aller Häuser ist das Haus der Spinne.“ (Der Koran)
Fez, Marokko 1954. Über der mittelalterlichen Stadt liegt die unheimliche Stimmung drohenden Unheils - des gewaltsamen Aufstandes der einheimischen Bevölkerung gegen die Kolonialherrschaft der Ungläubigen, der Franzosen.
Ohne es recht zu wollen, wird der fünfzehnjährige, strenggläubige Marrokaner Amar im Laufe weniger Tage in einen Strudel sich überstürzender Ereignisse gerissen. Wegen eines kleinen Vergehens von seinem Vater hart bestraft, irrt Amar allein durch die Stadt. Von den revolutionären Entwicklungen um ihn herum, erhofft er sich die Wiederherstellung einer gerechten Ordnung. Doch als die Unabhängigkeitspartei im Namen der Freiheit Bomben auf Moslems werfen läßt, bricht für ihn eine Welt zusammen. Er erkennt, daß die Revolte nicht aufzuhalten ist und daß sie das Ende des traditionellen Marokko, der Herrschaft des Korans und des islamischen Glaubens bedeutet. Die Befreiung vom Joch der Kolonialherrschaft wird in die Vernichtung der eigenen jahrhundertealten Kultur münden. Am Ende durchschaut denn Amar enttäuscht und ernüchtert die Parolen der Nationalisten: „Verständnis oder Liebe hatten diese Männer weder für Allah noch für das Volk. Ihre Regierung und die Gesetze, die sie schaffen würden, waren nichts als ein Spinnengewebe, geschaffen für die Dauer einer Nacht.“
Ähnlich wie Amar betrachtet auch der amerikanische Schriftsteller John Stenham die drohende Umwälzung mit Unbehagen; er fürchtet gleichfalls die Verwestlichung und den Untergang des „alten“ Marokko, denn er wünscht, die Zeit möge stillstehen und Fez mittelalterlich und malerisch bleiben. Dennoch fühlt Stenham sich zu der abweisenden Touristin Lee hingezogen, die fortschrittsgläubig hofft, Marokko werde sich aus seiner Rückständigkeit befreien und Anschluß an die Moderne finden.
Als der Aufruhr eskaliert, schließen die Franzosen die Tore der Medina. Amar, dem der Rückweg nach Hause verschlossen ist, findet Unterschlupf in Stenhams und Lees Hotel, und zusammen gelingt es den dreien vor den blutigen Unruhen in ein Nest in den Bergen zu fliehen. Dort kommen sie sich flüchtig näher, doch als es darum geht, dem jungen Marokkaner wirklich zu helfen, versagt Stenham. Amars Bitte, ihn nach Meknes mitzunehmen, weil seine Mutter dorthin geflohen sei, weist Stenham zurück, weil er den Aussagen des Jungen nicht glaubt. Mit Lee, die er im Grunde verachtet, setzt er sich nach Casablanca ab. Amar aber, der Stenham vertraute, bleibt allein zurück. Er und sein Land sehen einer ungewissen Zukunft entgegen.
In einer klaren, sparsamen Prosa erzählt, ist „Das Haus der Spinne“ ein Roman über flüchtige Freundschaft und über das komplizierte Netz menschlicher Beziehungen. „Das Haus der Spinne“ ist aber auch das Porträt eines Landes im Umbruch. Ein Hauch von stiller Trauer über den „Untergang des Morgenlandes“ liegt über diesem Buch, das vom notwendigen Untergang der Kolonialherrschaft in Nordafrika und von der ideologischen Verblendung der Unabahängigkeitsbewegungen gleichermaßen erzählt.
Paul Bowles begann diesen Roman im Sommer 1954 in Tanger; er vollendete ihn im März des darauffolgenden Jahres in Sri Lanka, wohin er den Winter über gereist war. Auch wenn Paul Bowles es immer ablehnte, einen „politischen Roman“ zu schreiben, so ist ihm „Das Haus der Spinne“ doch unter der Hand zu einem hochgradig hellsichtigen und visionären Werk über die gegensätzlichen Kräfte geworden, die die Staaten Nordafrikas bis heute zu zerreißen drohen. „Ich wollte einen Roman schreiben“, erklärte Paul Bowles später einmal, „der das traditionelle Leben von Fez zum Hintergrund hatte, denn Fez war noch mitten im 20. Jahrhundert eine intakte mittelalterliche Stadt geblieben. Aber als ich dann mit der Arbeit an dem Buch begann, waren Ereignisse eingetreten, die ich einfach nicht ignorieren konnte. Ich begriff bald, daßich nicht über die traditionellen Lebensformen in Fez schreiben mußte, sondern über deren Auflösung.“ Wie unausweichlich dieser schmerzliche Prozess war, sollte sich rasch zeigen. Heute ist Fez nicht länger das intellektuelle und kulturelle Zentrum Nordafrikas, und es ist auch keine moderne Stadt; es ist lediglich, wie Bowles 1981 im Rückblick schrieb, „eine Stadt mehr, die von den unlösbaren Problemen der Dritten Welt bedrängt wird.“
„Eines der besten Bücher von Paul Bowles!“ Washington Post Book World
„Einer der bedeutendsten Autoren dieses Jahrhunderts.“ Frankfurter Allgemeine Zeitung
"'Das Haus der Spinne' ist anders als alles, was Bowles sonst geschrieben hat. Der Roman ist sein kritischstes Werk über das Eindringen der westlichen Zivilisation in eine alte Kultur." Krit. Lex. z. fremdspr. Lit.