Die Durchlässigkeit von Fassaden von Shopping-Malls und ihr Verhältnis zum Stadtraum von Leonie Otten | Eine architektonische Untersuchung der Durchlässigkeit von Stadtfassaden und ihre Beziehung zum Stadtraum am Beispiel der Berliner Shopping-Malls Alexa und Mall of Berlin | ISBN 9783798331907

Die Durchlässigkeit von Fassaden von Shopping-Malls und ihr Verhältnis zum Stadtraum

Eine architektonische Untersuchung der Durchlässigkeit von Stadtfassaden und ihre Beziehung zum Stadtraum am Beispiel der Berliner Shopping-Malls Alexa und Mall of Berlin

von Leonie Otten
Buchcover Die Durchlässigkeit von Fassaden von Shopping-Malls und ihr Verhältnis zum Stadtraum | Leonie Otten | EAN 9783798331907 | ISBN 3-7983-3190-1 | ISBN 978-3-7983-3190-7

Die Durchlässigkeit von Fassaden von Shopping-Malls und ihr Verhältnis zum Stadtraum

Eine architektonische Untersuchung der Durchlässigkeit von Stadtfassaden und ihre Beziehung zum Stadtraum am Beispiel der Berliner Shopping-Malls Alexa und Mall of Berlin

von Leonie Otten
Als Architektin, die bereits sowohl theoretisch als auch praktisch in der Architektur gearbeitet hat, stelle ich mir die Frage, wie mit der Verantwortung für den gebauten Raum umgegangen werden muss. Im Bereich der praktizierenden Architektur wird wenig wissenschaftlich geforscht und gearbeitet; gleichzeitig sind es die ArchitektInnen, die unsere gebaute Umwelt gestalten und formen und so Einfluss auf die gesamte Gesellschaft ausüben. Diesem Forschungsbedarf aus architektonischer Perspektive soll diese Arbeit nachkommen. Aus diesem Grund ist die vorliegende Doktorarbeit an der Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis angesiedelt. In der Stadt ist die Beziehung von Architektur und Gesellschaft besonders stark ausgeprägt und ablesbar. Die Struktur und somit auch das Bild der Stadt verändern sich dynamisch. Anhand einer konkreten Typologie – der Shopping-Mall – soll im Rahmen dieser Arbeit eine Momentaufnahme der Beziehung zwischen Stadtbild und Architektur getätigt werden. Da die Fassade – als unmittelbare Erscheinungsfläche der gebauten Struktur – in der Beziehung von Stadtbild und Architektur eine besondere Rolle spielt, liegt der Schwerpunkt der Feldforschung auf der Untersuchung ebendieser. Der Handel markierte einen der Hauptgründe für die Entstehung von Städten und war überdies stadtbildprägend; daraus entstand eine zunächst untrennbare Verbindung von Stadt und Handel. Das Konsumverhalten der Gesellschaft sowie die unmittelbar damit zusammenhängende Konsumtypologie in der Architektur waren in den letzten Jahrhunderten jedoch immer wieder starken Wandlungen unterworfen. Um die Typologie der Shopping-Mall in ihrer gegenwärtigen Form zu verstehen, werden in der vorliegenden Arbeit die herausstechenden Typologien der Vergangenheit, die als Stellvertreter ihrer Epoche angesehen werden können, untersucht. Diese umfassen den Marktplatz, die Markthalle, die Passage, das Warenhaus und die gegenwärtige Shopping-Mall. Die Geschichte der Shopping-Mall beginnt mit dem nach Amerika emigrierten jüdischen Architekten Victor Gruen. In seinem Versuch, die europäische Stadt nachzuempfinden, entwarf er die ersten Shopping-Malls als offene Konzepte in den Suburbs von Nordamerika. Die aus Amerika reimportierte Shopping-Mall stellte die erste Konsumarchitektur in der Typologiegeschichte dar, die die Stadt zu Gunsten der Grünen Wiese verlassen hat. Die Erkenntnis, dass der Handel nicht mehr auf die Stadt angewiesen ist, die Stadt jedoch den Handel als Belebungsfaktor benötigt, folgte unmittelbar und die Shopping-Mall hielt – anfangs strukturell unverändert – Einzug in die Innenstädte. Durch den Online-Handel steht die Shopping-Mall im 21. Jahrhundert einem dominanten und unberechenbaren Konkurrenten gegenüber, was die Shopping-Mall-EntwicklerInnen zu einem Umdenken zwingt. Darin liegt eine große Chance, die von der Architektur wahrgenommen und genutzt werden muss. Das Phänomen der Konsumgesellschaft und damit zusammenhängend der Handelsarchitektur im 21. Jahrhundert ist aus diesen Gründen von aktueller Relevanz. Durch seine multizentrale Struktur sowie seine ausgeprägte Handelsarchitekturgeschichte bietet sich Berlin als Forschungsfeld an. Die Feldforschung untersucht anhand von zwei ausgewählten Fallbeispielen – der Alexa Shopping-Mall und der LP12 Mall of Berlin –, inwieweit die großmaßstäblichen innerstädtischen Shopping-Malls in Berlin ihr unmittelbares Umfeld und Stadtbild prägen, und darüber hinaus, welche Rolle die Fassade in diesem Kontext spielt. Die beiden Beispiele zeichnen sich dadurch aus, dass sie in den letzten zehn Jahren eröffnet wurden, sich in der historischen sowie aktuellen Mitte Berlins befinden und Verkaufsflächen von über 50.000 m2 aufweisen. Das Forschungsergebnis soll einen Beitrag und einen Anstoß zu architektonisch-sachlichen Diskussionen leisten. Bei der Neuausrichtung ist es lohnenswert, sich des historisch vorhandenen typologischen Reichtums bewusst zu werden und sich aktiv am Diskurs zu beteiligen. Im historischen Verlauf hat sich die Fassade schlussendlich in der Shopping-Mall verdoppelt, die repräsentativen Schaufenster sind ins Innere gewandert und zurück blieben geschlossene Rückseiten, an denen durchlässige Stadtfassaden für die Qualität des öffentlichen Raumes zwingend notwendig sind. Die äußere Fassade kommt ihrer Verantwortung als Schnittstelle der beiden Sphären Privatheit und Öffentlichkeit nicht mehr nach. Marktgesteuerte betriebswirtschaftliche Ziele (geschlossene Fassaden) stehen dem öffentlichen kollektiven Interesse (durchlässige Fassaden) gegenüber. Das architektonisch räumliche Erlebnis bildet ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber dem Online-Handel und muss als Gewinn für Architektur, Stadtraum und BetreiberIn bei der Herausbildung einer neuen Typologie diskutiert werden. Der derzeitigen Praxis, nur die Fassaden als Wettbewerbe zu vergeben, liegt die streitbare Annahme der EntwicklerInnen zu Grunde, das Äußere von Gebäuden von deren Innerem trennen zu können. Die Entwicklung von geschlossenen Fassaden (Alexa) zur reinen Perforierung der Fassade (LP12 Mall of Berlin) zeigt allerdings, dass Fenster nicht genutzt, sondern mit Folie verklebt werden, um Lagerflächen zu generieren, wenn sich das Innere strukturell nicht mitverändert. Die Fassade muss wieder zu einer lebendigen Schnittstelle werden, die den öffentlichen Raum aktiviert und bespielt.