Wie Nalda sagt von Stuart David | Roman | ISBN 9783821808758

Wie Nalda sagt

Roman

von Stuart David, aus dem Englischen übersetzt von Esther Kinsky
Buchcover Wie Nalda sagt | Stuart David | EAN 9783821808758 | ISBN 3-8218-0875-6 | ISBN 978-3-8218-0875-8

Wie Nalda sagt

Roman

von Stuart David, aus dem Englischen übersetzt von Esther Kinsky
Allmählich meine ich, daß ich heute nachmittag vielleicht bloß in Panik geraten bin und irgendwie überreagiert habe. Aber sicher bin ich nicht, so ganz genau weiß ich es immer noch nicht. Ich zittere jedenfalls immer noch am ganzen Körper, und heute abend wünschte ich wirklich, ich könnte mit Nalda reden. Bloß ganz kurz. Um zu sehen, was sie dazu sagen würde, mit was für Worten. Du mußt nämlich wissen, als ich klein war, hörte ich Naldas Worte fast die ganze Zeit, abends, wenn wir draußen auf dem alten Sofa saßen, oder tagsüber, wenn wir im Garten der Winterdame Blätter fegten. Und sie erzählte dann immer von mir und davon, wie ich zu ihr kam, und auch von der Welt und wie die Dinge in der Welt so funktionierten. Und immer, wenn ich wegen irgendwas durcheinander war, konnte ich zu ihr gehen und sie fragen und zuhören, wie sie redet, und dann ergab alles immer irgendwie langsam wieder einen Sinn. Aber das alles ist jetzt lange her. Das war alles vor der Schreierei, bevor die Leute kamen und Nalda verschwand. Und seitdem bin ich fast immer durcheinander und habe Angst, vor der Welt überhaupt und den meisten Sachen auf der Welt. Fast die ganze Zeit. Und deshalb. Ich kann immer noch nicht von heute nachmittag reden. Ich weiß immer noch nicht so richtig. Wegen dem, was ich habe, ist es wichtig, daß ich immer auf der Hut bin. Deshalb habe ich oft Sachen falsch gesehen und hab überreagiert. Aber ich bin nicht sicher, daß das heute auch so war, und ich frage mich, ob Nalda reden würde, bis ich das, was passiert ist, anders verstehe und es mir keine Angst mehr macht. Oder oh sie bloß ihren Nagel betrachten und sagen würde: „Du hast heute das Richtige getan. Du hast ganz richtig gehandelt, T. “ Au weia. Da hab ich dir doch fast meinen Namen verraten, und das will ich nicht. Jedenfalls vorerst nicht. Noch nicht. Vorsichtshalber. Man kann ja nie wissen. Aber statt dessen erzähle ich dir jetzt lieber genau und zwar jetzt gleich, was heut nachmittag passiert ist und warum ich immer noch zittere. Ich glaube, zuerst mal mußt du wissen, daß ich seit längerer Zeit als Gärtner in einem Stadtpark arbeite. Ja, das ist wohl das erste. Ich versuche fast immer, an solchen Stellen Arbeit zu kriegen. Erstens deshalb, weil Gärtnern so ungefähr das einzige ist, wovon ich was verstehe, jedenfalls das einzige, das sich für eine Arbeit eignet. Und zweitens, weil man dabei nicht so viel Zeit mit Leuten verbringen muß. Weil der Park hier so groß war, mußte ich fast nie mit einem von den anderen Leuten reden, die dort arbeiteten. Meistens gab es so viel verschiedene Sachen zu machen, daß ich morgens meine Geräte und meine Anweisungen abholte und dann manchmal den ganzen Tag keinen von den anderen sah, die dort arbeiteten, bis ich mein Werkzeug abends wieder zum Schuppen zurückbrachte. Und für mich könnte es nichts Besseres geben. Ich habe nie viel Zeit mit Leuten verbracht, und deshalb werde ich meistens über ihr Benehmen ganz verwirrt, und das macht mich dann so nervös. Also, es ging ja um heute. Die meiste Zeit war ich mit der Grasmaschine beschäftigt, ich mähte den Rasen tief drinnen im Park. Dann, als es allmählich Feierabend wurde, rollte ich den Mäher zurück zum Schuppen und machte mich daran, die Messer zu säubern. Ich bin am Feierabend immer gern im Schuppen, wenn niemand sonst dort ist. Meistens versuchte ich, länger zu arbeiten als alle anderen, damit sie schon alle weg waren, wenn ich in den Schuppen kam. Und wenn ich meine Geräte saubergemacht und alles an seinen Platz geräumt hatte, setzte ich mich gerne an ein Fenster und war einfach froh, daß es für eine ganze Nacht mit der Gartenarbeit vorbei war. Und still für mich wünschte ich mir dann, vom nächsten Tag an für immer befreit zu sein und nie mehr gärtnern zu müssen.