Konnektivität und genetische Diversität beim Rotwild in Hessen von Corinna Klein | ISBN 9783835971417

Konnektivität und genetische Diversität beim Rotwild in Hessen

von Corinna Klein
Buchcover Konnektivität und genetische Diversität beim Rotwild in Hessen | Corinna Klein | EAN 9783835971417 | ISBN 3-8359-7141-7 | ISBN 978-3-8359-7141-7
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Inhaltsverzeichnis 1

Konnektivität und genetische Diversität beim Rotwild in Hessen

von Corinna Klein
Hessen weist per Gesetz 20 Rotwildgebiete aus, in denen sich das Rotwild frei bewegen kann. Außerhalb dieser Gebiete dürfen nur Kronenhirsche ab einem Alter von 5 Jahren die Grenzen der Gebiete ohne angeordneten Abschuss überschreiten. Auch die zunehmende Landschaftszerschneidung, vor allem durch Städte/Siedlungen, Verkehrswege und Landwirtschaft führt zum steten Rückgang an Lebensraum, Lebensraumqualität und zur Verinselung der Rotwildvorkommen. Deswegen war zu befürchten, dass Isolation und der Verlust an genetischer Vielfalt beim hessischen Rotwild bereits deutlich ausgeprägt sein könnten, wie bereits durch Voruntersuchungen angedeutet. Dieses Problem detailliert zu untersuchen und zu quantifizieren war Ziel der vorliegenden Arbeit. Für die Bearbeitung wurden Proben von insgesamt 1291 Tiere aus den 19 wichtigen hessischen Rotwildgebieten zusammengetragen, mithilfe von 16 erprobten Mikrosatellitenmarken genotypisiert und nach allen Aspekten moderner Populationsgenetik ausgewertet. Es wurden insbesondere Tiere aus der Jagdsaison 2018/2019 untersucht. 14 der untersuchten Rotwildgebiete lassen sich in vier Rotwildgebiete zusammenfassen, innerhalb derer aktuell noch ein gewisser genetischer Austausch gegeben ist. Trotz geographischer Nähe zu den Nachbargebieten, müssen der Knüll, Krofdorfer Forst, Wattenberg-Weidelsburg, Reinhardswald und Odenwald als absolut isoliert angesehen werden. Die genetische effektive Popualtionsgröße lag bei zehn Gebieten unter 100. Ein wissenschaftlich international anerkannter Grenzwert, unterhalb dem Populationen kurzfristig mit Inzuchtdepressionen nicht mehr zurechtkommen können. Effektive Populationsgrößen von 500 bis 1000 sind notwendig, um sich längerfristig evolutionär weiterzuentwickeln und sich an Umwelteinflüsse anpassen zu können. Keines der 19 Gebiete konnte eine effektive Populationsgröße von 500 erreichen. Allerdings gelten Berechnungen der effektiven Populationsgröße strenggenommen nur für kleinere, isolierte Populationen, sodass keine endgültige Aussage für die großen Gebiete mit noch vorhandenem genetischem Austausch getroffen werden können. Das Vorkommen der Unterkieferverkürzung Brachignatia inferior seit Dezember 2018, inzwischen in den Gebieten Wattenberg-Weidelsburg, Knüll, Odenwald und Korfdorfer Forst unterstreicht die vorhandenen Inzuchtgrade.
Übereinstimmend mit der aktuellen Auffassung der Internationalen Unit for the Conservation of Nature reicht das häufige Vorkommen einer Art und deren Lebensräume offensichtlich nicht aus, um die Existenz insbesondere der kleineren Populationen langfristig zu sichern, wenn deren genetische Vielfalt durch Isolation nicht erhalten werden kann. Die Relevanz dieser Aussage erweist sich mit Blick auf die Situation der Rotwildpopulation ‚Hasselbusch‘ in Schleswig-Holstein, die aufgrund massiver Inzuchtdepressionen langfristig nicht mehr gesund erhalten werden kann. Daher müssen in den Regionen, in denen die Umsetzung waldbaulicher Konzepte durch Rotwildpopulationen erschwert werden, jagdliche und Managementmaßnahmen getroffen werden, die auch die in vorliegender Studie wissenschaftlich dargelegten Situationen des Rotwilds berücksichtigen.