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Auf den ersten Blick: nichts als Zeichnungen. Die nähere Beschäftigung mit der Kunst von Jadranka Kosorcic macht schnell den überaus konzeptionellen Ansatz dieser künstlerischen Arbeit deutlich. Bei Kosorcic stehen nämlich die Zeichnungen, meist lineare Porträts, stets am Ende einer Kette von strategischen Maßnahmen, deren Ziel die Reflexion von heutiger Identitätsbildung ist. Ihre Porträts changieren gezielt zwischen der gleichsam charakterlosen Glätte von Phantombildern und dem sensiblen, ein wenig unbeholfenen Zeichnens eines geliebten Gesichtes. Genau dieses Spektrum, das immer auch die Möglichkeit des Scheiterns offen hält, reflektiert die Brüchigkeit von Identitätsbildung in unserer globalisierten Postmoderne: Sie kann so oberflächlich wie bedrohlich, so intim-intensiv wie normativ vonstatten gehen. Jadranka Kosorcics zurückgenommene Porträts suchen eine reine Verbindung zu und einen unverstellten, kompromisslosen Blick auf ein anderes menschliches Wesen. (Raimar Stange)