Ludwig Reinhard - Neun Plattdeutsche Göttergespräche von Ludwig Reinhard | Herausgegeben, erläutert, übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Hartwig Suhrbier | ISBN 9783867853606

Ludwig Reinhard - Neun Plattdeutsche Göttergespräche

Herausgegeben, erläutert, übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Hartwig Suhrbier

von Ludwig Reinhard, herausgegeben von Hartwig Suhrbier
Buchcover Ludwig Reinhard - Neun Plattdeutsche Göttergespräche | Ludwig Reinhard | EAN 9783867853606 | ISBN 3-86785-360-6 | ISBN 978-3-86785-360-6

Ludwig Reinhard - Neun Plattdeutsche Göttergespräche

Herausgegeben, erläutert, übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Hartwig Suhrbier

von Ludwig Reinhard, herausgegeben von Hartwig Suhrbier
Diese Satire ist einzigartig in der plattdeutschen Literatur. Ludwig Reinhard (1805-1877), Lehrer, Journalist und Autor, versetzte darin die olympischen Götter nach Mecklenburg, indem er neun Göttergespräche des altgriechischen Autors Lukian ins Plattdeutsche übertrug. Den Gesprächen über groteske Vorfälle im alten Götterhimmel stellte er hochdeutsche Vorspan-ne voran, die Übelstände seiner Zeit aufspießen. Diese Ausgabe dokumentiert den Text des ein-zigen Drucks von 1865. Die erwähnten Zustände, Ereignisse und Personen werden ausführlich erläutert. Die einfühlsame hochdeutsche Übersetzung läßt auch alle, die im Plattdeutschen (noch) unsicher sind, an einem großen satirischen Vergnügen teilhaben. Reinhard verspottete Lachhaftes und regte zum Denken von Besserem an.
Leseprobe
Zu diesem Buch Es war nur scheinbar ein skurriler Einfall von Ludwig Reinhard, den Olymp nach Mecklenburg zu versetzen und die olympischen Götter Plattdeutsch sprechen zu lassen, indem er neun Göttergespräche des Lukian von Samosata aus dem Altgriechischen in mecklenburgisches Plattdeutsch übertrug. Denn dabei beließ er es nicht, sondern stellte jedem der Götterdialoge über Torheiten im antiken Himmel noch einen hochdeutschen Vorspann mit Hinweisen auf Kritikwürdiges in seiner Zeit voran. Diese Konfrontation der Mißhelligkeiten im antiken Götterhimmel und der Mißstände seiner Gegenwart stellte sie satirisch bloß und gab sie dem Gelächter preis, enthalten doch die von den Göttern be-sprochenen Vorfälle ebenso viel Groteskes wie die in den Vorspannen aufgespießten politischen, sozialen und kirchlichen Zustände in den deutschen Landen, namentlich im rückständigen Mecklenburg. Wenn etwa Vulkan mit seinem Beil den Schädel von Jupiter spaltet, um Minerva in voller Rüstung heraus zu helfen, dann ist diese alte Göttergeschichte für Reinhard ein ebenso alberner Aberglaube wie der von der mecklenburgischen Kirchenleitung verkündete Glaubenssatz, daß jeder Säugling mit dem Teufel im Leib geboren werde, der bei der Taufe auszutreiben sei. Als witziger Kritiker der herrschenden Verhältnisse war Reinhard schon im Vormärz durch Artikel und Reden in Mecklenburg namhaft geworden. Er war der erste Autor dort, der in der Presse den Plauderton des Feuilletons benutzte, um Übelstände zu benennen und Reformen zu fordern. Wegen seines satirischen Talents und wegen seiner politischen Haltung ist Reinhard ein weißer Rabe unter den mecklenburgischen Autoren. Er zählte zeitlebens zur Linken und war durch und durch Demokrat. Für ihn markierte die Große Französische Revolution eine Epochenwende zum Besseren. Die Willkür-Herrschaft der Fürsten in den drei Dutzend deutschen Staaten hielt er für überholt, die Errichtung einer Republik mit demokratischer Verfassung für dringlich. Dafür stritt er als Publizist, als Redner und als Abgeordneter der Deutschen Nationalversammlung 1848/49. Neben Beiträgen in Zeitungen, Zeitschriften und Jahrbüchern hat Ludwig Reinhard nur wenige Broschüren und Bücher publiziert – alle mit Witz und Biß. Sein Bändchen Neun Plattdeutsche Göttergespräche ist einzigartig in der Literatur aus Mecklenburg.
Erstes Gespräch
Jupiter. Vulkan. V u l k a n. Ik bün nu hier, Oll. Wat ’s gefällig? Ik süll jo ok en Handbil mitbringen. Hier, dit ’s min allerscharpst, mit dat kann ’n Feldstein klöben, dat ’t man so stöwt. J u p i t e r. ’t is all gaud, Vulkaning. Denn man flinking bi un klöw mi den Kopp up. V u l k a n. Wo, du wist woll ins seihn, wat ik minen rechten Klauk ok noch hebben dau. Nu äwerst lat dat Brüden bi Sid un gif Hals, wat ik sall. J u p i t e r. Wat ik segg, dat segg ik: du sast mi den Kopp upklöben. Un wenn du nich up de Städ deist, wat ik di heiten dau – na, dat wier jo ok grad dat irst Mal nich, dat du in ’n Bösen mit mi tau daun kriegen dedst. Un nu nähl nich länger un hau driesting tau. Ik mütt jo vör luter Koppweihdag schier vergahn. V u l k a n. Gif man Paß, Jupiter, dat wi kein Mallühr anrichten daun. Ik segg noch ins, min Handbiel is wat scharp. Die Sak mücht woll ahn so ’n lütt Hautköppels vull Blaudsdruppen nich afgahn. So ’n Dirt von Hewamm is wat liek tau. J u p i t e r. Sleist du nu bald tau? Ik as de Oebberste von de Götter mütt jo doch woll sülwst tau ’n bes-ten weiten, wat mi helpen deid. V u l k a n. Na, denn helpt dat nich. Unnod dau ’k ’t tworst man; äwer wat sall ’n anfangen, wenn du abslut nich anners wist? (Vulkan vollführt den Hieb.) Helle Wetter, wat ’s dat? Wo, dat ’s jo ’n Frugensminsch, un von Kopp bet tau Fäuten in luter Isen. Na, weckein so wat in sin Köpping rümmer släpt, die sall all Koppweihdag hebben. Nu will mi dat ok inlüchten, worüm du irst so tau Kihr gahn dedst. So ’n grotes Mäten, un up un up blitzenblank so ünner ’n Bregenkasten uttaudrägen! Dat hebben w’ uns nich drömen laten, dat du anstats Kopp en liwhaftiges Kriegstelt mitsammst Inquartirung mang de Schullern sitten haddst. – Nu kik, nu fangt s’ all an tau danßen! Kik, wo s’ mit ’t Splitt hantieren deid! Kik, wo s’ gläunig mit de Ogen kiken deid! Man dat allergrötst Wunner is, dat s’ so in ’n Ümseihn en vullwassen Frugensminsch word’n is. Mit ehr Uhlenogen kann s’ jüstement keinen Staat nich maken; äwerst so ünner den Helm rut lett dat ok recht nett. Weißt wat, Jupiter, giw mi de Person tau ’r Fru. J u p i t e r. Du verlangst ’n Sak, oll Jung, die nich angahn kann. Sei hett ehren Kopp drupp sett, dat sei as Jumpfer begahn bliben un sik all ehr Lewdag nich verännern will. För minetwegen künnst du s’ süß kriegen. V u l k a n. Mihr verlang ik jo ok nich. Dat Anner will ’k allein woll kriegen. Will sei nich mit Gauden, so sall sei mit Gewalt. J u p i t e r. Na, denn mak din Künst. Äwerst ik segg di, dat ’s ’n Ding der Unmäglichkeit.