Normative Leitbilder der Europäischen Medienordnung. von Amélie Heldt | Leitvorstellungen und rechtliche .Anforderungen an die Governance für eine demokratische Öffentlichkeit | ISBN 9783872961655

Normative Leitbilder der Europäischen Medienordnung.

Leitvorstellungen und rechtliche .Anforderungen an die Governance für eine demokratische Öffentlichkeit

von Amélie Heldt, Stephan Dreyer, Wolfgang Schulz und Theresa Josephine Seipp
Mitwirkende
Autor / AutorinAmélie Heldt
Autor / AutorinStephan Dreyer
Autor / AutorinWolfgang Schulz
Autor / AutorinTheresa Josephine Seipp
Buchcover Normative Leitbilder der Europäischen Medienordnung. | Amélie Heldt | EAN 9783872961655 | ISBN 3-87296-165-9 | ISBN 978-3-87296-165-5
Erwachsene / Wissenschaftler

Normative Leitbilder der Europäischen Medienordnung.

Leitvorstellungen und rechtliche .Anforderungen an die Governance für eine demokratische Öffentlichkeit

von Amélie Heldt, Stephan Dreyer, Wolfgang Schulz und Theresa Josephine Seipp
Mitwirkende
Autor / AutorinAmélie Heldt
Autor / AutorinStephan Dreyer
Autor / AutorinWolfgang Schulz
Autor / AutorinTheresa Josephine Seipp

Kurzbeschreibung

1. Hintergrund und Untersuchungsziel Begleitend zu der EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands im zweiten Halbjahr 2020 hat das Leib-niz-Institut für Medienforschung | Hans-Bredow-Institut (HBI) mehrere Gutachten und Untersu-chungsberichte erarbeitet, die als Diskussionsgrundlage für die Veranstaltungen der EU-Medien-konferenz im zweiten Halbjahr 2020 und darüber hinaus dienen sollen. Ziel der HBI-Untersuchun-gen war dabei die Identifikation von Möglichkeiten der mittel- und langfristigen Verbesserung der Kohärenz der europäischen Informations- und Kommunikationsordnung. Die derzeitige Informations- und Medienordnung ist – aus deutscher Perspektive - ein rechtliches Mehr-Ebenen-System, das aus Normen der EU, des Bundes und der Länder besteht. Hinzu treten völkerrechtliche Vorgaben, aber auch Normen der Selbstregulierung. Die derzeitige Regulierung in diesem Bereich, die teils jahrzehntealten Pfadabhängigkeiten folgt, ist angesichts strukturel-ler Transformationen öffentlicher und individueller Information und Kommunikation immer wie-der Gegenstand grundsätzlicher Debatten über ihre Kohärenz, Kongruenz, Zeitgemäßheit und Zukunftsfähigkeit. Die Analysen der Entwicklungen der letzten Jahre zeigen zwei – miteinander verwobene – Ent-grenzungsprozesse, die die Medienordnungen in Europa herausfordern: 1. Die Mitgliedstaaten stoßen bei der Modernisierung ihrer Medienordnungen auf das faktische Problem, dass sich Kommunikation auf der Seite der Angebote, der Vermittlung und der Re-zeption grundlegend ändert. Ein Phänomen – unter anderen – ist die zunehmende Bedeutung von Intermediären, die hybride Funktionen erfüllen, etwa Individualkommunikation, neue Formen der überindividuellen Kommunikation und Vermittlung von medialen Inhalten auf ei-ner Plattform verbinden. Vor diesem Hintergrund reicht die Sicherung von Medienvielfalt – auch wenn sie wichtig bleibt – nicht aus, um eine funktionierende Öffentlichkeit zu gewähr-leisten. Zunehmend rücken damit die Funktionen der Öffentlichkeit – für die Demokratie, aber auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt und andere gesellschaftliche Prozesse – in den Mittelpunkt der Betrachtung. 2. Rechtsmaterien außerhalb des Medienrechts beeinflussen zunehmend die Medienordnung.1Die Datenschutzgrundverordnung kann als Beispiel dienen. Ihr wird großer Wert beim Schutz der Daten und der Privatheit der Unionsbürger*innen zugeschrieben. Die Folgen für die ge-sellschaftliche Kommunikation und funktionsfähige Öffentlichkeiten (etwa mit Blick auf die Rechte von Journalist*innen) sind aber enorm und wurden zum Teil nicht vollständig vorher-gesehen. Ähnliches gilt für andere Rechtsmaterien. Da eine die Medienregulierung der Mitgliedstaaten – partiell – koordinierende Europäische Ord-nung diese Entwicklungen ebenfalls nachvollziehen muss, steigt die Komplexität der Koordinati-onsaufgabe weiter. Für diese Aufgabe kommt dem Grundrechtsrahmen eine zentrale Rolle der Strukturierung und Begrenzung zu. 1Stephan Dreyer / Rike Heyer / Theresa Josephine Seipp / Wolfgang Schulz (2020): Die Europäische Kommunikati-ons-(Un)Ordnung. Mapping der medienrelevanten EU-Rechtsakte und Identifikation von Abhängigkeiten, Schnitt-bereichen und Widersprüchen. Hamburg: Verlag Hans-Bredow-Institut, Juni 2020 (Arbeitspapiere des HBI Nr. 51). Arbeitspapiere des HBI | Projektergebnisse Nr. 54 6Vor diesem Hintergrund will das vorliegende Arbeitspapier einen ersten Schritt unternehmen, um Leitbilder gelingender gesellschaftlicher Kommunikation bzw. funktionierender Öffentlichkeit im Europäischen Grundrechtssystem zur ermitteln und offenzulegen. Dies ist eine enorme Auf-gabe, so dass hier nur erste Gedanken formuliert werden können, die auf der aktuellen Auslegung der Grundrechte basieren und noch nicht über diese hinausgehen. Kommunikationsfreiheit wird schon traditionell funktional gedacht, es geht um die Bedeutung von Kommunikation für die Entfaltung des Einzelnen, die demokratische Selbstverständigung und die Wahrheitsfindung (Emerson 1962:878). Die Grundrechtsordnungen unterscheiden sich aber erheblich im Hinblick darauf, welche Funktionen sie betonen; In Europa ist etwa der Aspekt der Wahrheitssuche deutlich schwächer ausgeprägt als in den Vereinigten Staaten (Emerson 1962; Greenawalt 1989). Diese Verbindung von Gewährleistungsgehalten der Grund- und Men-schenrechte und Funktionsbedingungen von Öffentlichkeit bilden Leitvorstellungen, die dieses Papier herausarbeitet.