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Wenn Hans-Joachim Löwer mit Rucksack und Notizblock loszieht, steht eines fest: Wie gut auch immer man ein Land zu kennen glaubt, hier wird man auf jeden Fall Neues erfahren. Als mit allen Wassern gewaschener Reporter ist Löwer Profi genug, um zu wissen, wie und wo er an Geschichten kommt: nämlich oft genug durch Zufall - man muss ihm nur den nötigen Raum geben. Nun ist die Türkei sein Ziel, jenes riesige, in Wahrheit kaum bekannte Land, das seit einigen Jahren immer stärker an die Pforte Europas klopft. „Viel ist darüber geschrieben worden, wie die Europäer die Türken sehen“, schreibt Hans-Joachim Löwer; „sehr viel weniger aber wissen wir darüber, wie die Türken Europa sehen. Und noch weniger wissen wir darüber, wie die Türken sich selber sehen. Für die meisten von uns leben sie noch immer in einem unbekannten, schwer durchschaubaren Land.“ Und so macht sich Löwer auf die Reise durch die Türkei, meist zu Fuß, manchmal mit dem Bus, mit einer Handvoll Adressen und Anlaufstellen, unermüdlich auf der Suche nach den Menschen und Geschichten. Er wandert durch das karge Gebirge nahe der georgischen Grenze, er besucht ein im Bürgerkrieg zerstörtes kurdisches Dorf, beschreibt die Hauptstadt Ankara ebenso spannend wie die Megalopolis Istanbul, spricht mit der Familientherapeutin Ilkim Öz über die Umbrüche in der Gesellschaft, porträtiert den kometenhaft aufgestiegenen jungen Hotelunternehmer Fettah Tamince und besucht eine Gemeinde, die sich mit Fantasie und Geschick gegen die Bodenerosion stemmt. Immer wieder schildert er anhand konkreter menschlicher Schicksale die manchmal kaum fassbaren gesellschaftlichen Widersprüche dieses faszinierenden Landes. In 30 Lebensbildern entsteht auf diese Weise ein ungemein lebendiges, authentisches, facettenreiches Bild der heutigen Türkei.