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O felix templum jubila
Musik, Text und Zeremoniell in den Motetten Johannes Ciconias
von Steffen SeiferlingDas Ziel meiner Arbeit war es, einer bestimmten Gattung angehörige Werke eines einzelnen post-trecento-Komponisten stilistisch genauer zu untersuchen. Der Überblick über die Forschungsliteratur beinhaltet Arbeiten zum engeren Forschungsgegenstand der Motetten Ciconias mit gelegentlichen Ausblicken zu benachbarten musikwissenschaftlichen Themen. Im Einleitungskapitel treten sprachwissenschaftliche, theologische und historische Forschungsergebnisse hinzu, deren Bedeutung für Ciconias acht authentische Motetten bisher nicht erkannt wurde. Vorab geklärt werden mußten vor allem die stilistisch-syntaktischen Charakteristika der Texte, weil sie für deren proportionale, gleichsam musikalische Strukturierung von zentraler Bedeutung sind. Im Anschluß werden vier Motetten – zwei nicht-isorhythmische und zwei isorhythmische – exemplarisch untersucht. Detaillierter als bisher zeigt die musikalische Analyse, wie Musik als Text gestaltet ist, wobei auch der Versuch unternommen wird, die Motivik der nicht-isorhythmischen Motetten mit einzubeziehen. Literarische und musikalische Analyse dienen dazu, die Frage nach strukturellen Berührungspunkten zwischen Text und Musik zu beantworten. Um den Sinn und Zweck der Motetten zu verstehen, war es notwendig, ihre zeremonielle Einbindung zu berücksichtigen. In dieser zeremoniellen Zweckbestimmung der Motetten gründet ihre fruchtbare Einheit von Ratio und Emotionalität.