LICHTUNG, STRAND

Dass Hansjörg Schertenleib Lyriker ist – fast geht es manchmal über seinen erfolgreichen Romanen vergessen. Dabei hat er nicht nur 1981 mit einer Lyriksammlung debütiert, der seither zwei weitere Bände gefolgt sind, er wurde für seine Gedichte auch mehrfach ausgezeichnet, so 1989 mit einem Buchpreis des Kantons Bern für 'Der stumme Gast', und mit den Förderpreisen des Leonce- und-Lena-Preises (1985) und des Christine-Lavant-Lyrikpreises (1995). Mit einer Auswahl aus Schertenleibs vergriffenen Gedichtbänden und neuen Texten bietet 'Lichtung, Strand' nun Gelegenheit, diesen Autor auch als Poeten näher kennenzulernen. Schertenleibs Verse halten sich fern von allem Verrätselten und Gesuchten. Immer wirken ihre Aussagen direkt, frisch und erfüllt vom Pulsschlag individuellen Erlebens. Menschen und Orte rufen sie auf, Begegnungen, Erinnerungen und Gefühle, und immer sind sie in überraschender Weise bildstark, farbig und packen uns durch ihren starken poetischen Rhythmus: So sitz ich in der Wiese Dort / wo das Meer der Rhododendren beginnt Das Dickicht das / den Tieren gehört, so beginnt einer der Texte. Wie so oft bei Schertenleib führen diese Zeilen scheinbar an die Ränder der Welt, zu Strand, Wald, Wildnis und Gebirge, und kommen dann doch im Innersten an – oder bei der Begegnung zwischen zwei Menschen. So schliesst auch dieses Gedicht damit, dass die Hand die ganze Welt umspannt. wie den Stein den Apfel / und den Hinterkopf der Liebsten. Schertenleibs Gedichte zeigen uns nicht nur den hochbewussten Umgang dieses Autors mit der Sprache, sie sind zentral für sein Werk, indem sie Gedanken, Stimmungen und Motive, die sein Erzählen prägen, gleichsam in ihrer Keimzelle und in poetischer Verdichtung hervortreten lassen.