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Das vorliegende Buch versammelt über hundert Visitenkarten von Künstlerinnen und Künstlern des 18. bis 21. Jahrhunderts (Maler, Bildhauer, Fotografen, Architekten, Grafiker, Illustratoren u. a.). Die Faksimiles sind wie Lesezeichen im Buch verstreut und markieren den vielstimmigen Text, der die Verwendung der Visitenkarten und die gesellschaftlichen Zusammenhänge ihres Entstehens nachzeichnet und die wahren und fiktiven Geschichten erzählt, die um sie kursieren. Die oft überraschende grafische Gestaltung der kleinen Objekte, die das Selbstverständnis der Künstler widerspiegeln, vermittelt einen Querschnitt durch die abendländische Geschichte der typografischen Geschmäcker und Normen. Gleichzeitig legt die Zusammenstellung dieser Visitenkarten die Grundlagen für eine Mikrogeschichte der Kunst, die sich an die italienische microstoria anlehnt, und zeugt zum Teil auch von einer freieren Erzählweise ohne spezifischen Orts- und Zeitbezug. Auf diese Weise wird lange vor Facebook und Co. nachvollziehbar, wie Netzwerke entstehen und wie Künstler sich in sozialen Zusammenhängen selbst darstellen, ob als Student, Professor oder Direktor einer Akademie, als Konservator oder Gründer einer Zeitschrift, eines Unternehmens, eines Restaurants oder einer politischen Partei.
Dieses imaginäre oder idealisierte Netzwerk, das sich dem zufälligen Zusammenkommen der Fundstücke verdankt, wird flankiert von einem ganz und gar lebendigen Netzwerk von Studierenden der bildenden Kunst und Kunstgeschichte, Historikern, Anthropologen, Bibliothekaren, Archivaren in Staats- wie Privatarchiven, Galeristen, Konservatoren und natürlich Künstlerinnen und Künstlern, die alle zur Entstehung dieses Taschenmuseums beigetragen haben. Die Vielfalt der dargelegten Standpunkte und Geschichten macht dieses Buch zu einem echten Diskussionsforum.