Trockene Heide von Hermann Löns | Beiträge zur Zeitschrift „Niedersachsen“ aus den Jahren 1896 bis 1901. Mit einem Anhang „Löns und Worpswede. Briefe an Hans Müller-Brauel“ | ISBN 9783933077752

Trockene Heide

Beiträge zur Zeitschrift „Niedersachsen“ aus den Jahren 1896 bis 1901. Mit einem Anhang „Löns und Worpswede. Briefe an Hans Müller-Brauel“

von Hermann Löns, herausgegeben von Uwe Laugwitz
Mitwirkende
Autor / AutorinHermann Löns
Beiträge vonHans Müller-Brauel
Herausgegeben vonUwe Laugwitz
Buchcover Trockene Heide | Hermann Löns | EAN 9783933077752 | ISBN 3-933077-75-3 | ISBN 978-3-933077-75-2

Trockene Heide

Beiträge zur Zeitschrift „Niedersachsen“ aus den Jahren 1896 bis 1901. Mit einem Anhang „Löns und Worpswede. Briefe an Hans Müller-Brauel“

von Hermann Löns, herausgegeben von Uwe Laugwitz
Mitwirkende
Autor / AutorinHermann Löns
Beiträge vonHans Müller-Brauel
Herausgegeben vonUwe Laugwitz
1891 war Hermann Löns gezwungen, sein Studium zu beenden und sein Leben neu zu beginnen:
Im Grunde war es eine schlimme Zeit. Ich war mit mir nicht zufrieden und andere erst recht nicht. Arzt mochte ich nicht werden, und die zoologische Laufbahn sah damals kläglich aus. So sprang ich mit beiden Beinen in das Zeitungsfach. Erst war ich in der Pfalz im Feuilleton, dann reiste ich für einige größere Zeitungen als Stimmungsberichterstatter. Dabei lernte ich äußerlich allerlei, denn heute schrieb ich über eine Fürstenzusammenkunft, morgen über Streikunruhen und übermorgen über die Cholera in Hamburg. Schließlich blieb ich in Hannover hängen. Ich begnügte mich damit, ein annehmbarer Schilderer, lustiger Plauderer und gewandter Redakteur zu sein; daß ich je ein guter Schriftsteller werden würde, glaubte ich nicht mehr, und wenn ich das Heftchen sah, in das ich als Bursch meine Verse geschrieben hatte, überkam mich ein aus Spott und Wehmut gemischtes Gefühl. Jahrelang kam ich kaum zu mir selbst. [Löns, „Von Ost nach West“, 1909]
Die Eheschließung mit Elisabet Löns-Erbeck war die einzige Absicherung seiner Entscheidung vom Journalismus zu leben; zugleich war sie auch ein zusätzliches Risiko. Er heiratete erst Anfang 1893, als absehbar war, daß sein Plan aufgehen würde, und in den ersten Ehejahren wird die mühsam gewonnene Stabilität der häuslichen Verhältnisse ihm die langsam einsetzende Karriere als Journalist befördert haben – erst am 15.3.1895 konnte er seinem Jugendfreund Apffelstaedt schreiben „Gehe Leiter hoch!“ Wie ist dann die Aussage „Jahrelang kam ich kaum zu mir selbst“ zu verstehen? Eindeutig waren auch seine sehr erfolgreichen Sonntagsplaudereien unter dem Pseudonym „Fritz von der Leine“ (ab Januar 1894) nicht das, was er sich in Münster erhofft hatte: „ein guter Schriftsteller“ zu werden. Dieses Ziel erreichte er durch fortdauerndes Schreiben von Werken, die vor seiner immer wachen Selbstkritik bestehen konnten, wozu sich ihm als Mitarbeiter und späterer Redakteur der angesehenen Zeitschrift „Niedersachsen“ eine Plattform bot, die er in genau dieser Weise ausnutzte. Mit dieser Edition bietet sich eine Gelegenheit, angesichts des derzeitigen Stillstands der Löns-Philologie einen ersten Schritt in einem gut abgrenzbaren Teilbereich voranzugehen, um die Lücken und Schwächen des bisherigen Lönsbildes zu beheben. Löns wurde bis 1901 als Schriftsteller kaum wahrgenommen, aber hauptsächlich mit seinen „Niedersachsen“-Beiträgen legte er den Grundstein zu seinem Autorenruhm, der sich dann endgültig ab 1908 mit seinen fünf Romanen und anderen Werken entfaltete.
Die 1896 beginnenden Beiträge von Hermann Löns zur Zeitschrift „Niedersachsen“ bieten zahlreiche aufschlußreiche, oft völlig unbekannte Werke, die meist von ausgewählter (von Löns ausgewählter) Qualität sind. Als vorläufige Endzäsur für diesen fokussierten Blick (obwohl es schwierig ist, hier eine einfache Grenze zu setzen) bieten sich die Jahr 1900/1901 an aufgrund dreier eng verbundener biographischer Einschnitte:
-- Ende der redaktionellen Mitarbeit an „Niedersachsen“ im Frühjahr 1900 -- Trennung von seiner ersten Ehefrau im Januar 1901 -- Veröffentlichung der ersten Löns-Buchausgaben im Frühjahr/Herbst 1901.
Der Anspruch dieser Edition ist es, in folgenden Bereichen philologische Qualitätskriterien zu erfüllen:
-- zuverlässige Texte -- vollständige Editionen -- umfassende Briefausgaben -- Erläuterungen durch Primärquellen. Im Einzelnen:
-- Nahezu alle Veröffentlichungen der frühen „Niedersachsen“-Zeit sind Originalpublikationen, und gerade die ersten Fassungen später nachgedruckter Texte geben genaue Aufschlüsse über Löns‘ Werdegang. Zusätzlich sind zahlreiche in „Niedersachsen“ gedruckte Texte auch als Manuskript erhalten (Sammlung Pfeiffer in Celle), was weitere Aufschlüsse ermöglicht. -- Alle Löns-Texte aus „Niedersachsen“ werden abgedruckt, auch viele nicht namentlich gekennzeichnete, aber Löns zuzuordnende aus seiner Redakteurszeit. Hinzu kommen mehrere für das Verständnis wichtige Beiträge hauptsächlich aus dem „Hannoverschen Anzeiger“. Eine Rosinenpickerei nur der besten Texte würde das Bild verfälschen; auch die Nebenwerken ergänzen mosaikartig das Bild des Löns’schen Geistes -- Im Anhang werden zumindest die Briefe an Hans Müller-Brauel veröffentlicht; die in diesen Jahren weiterlaufenden Briefe an Max Apffelstaedt erfordern einen eigenen Band, werden aber häufig zitiert -- Löns‘ Beiträge sind immer auch als eigene Lebenszeugnisse zu verstehen, was durch Heranziehung paralleler Quellen wie den Memoiren von Elisabet Löns-Erbeck im Kommentar erläutert wird. Das Erscheinungsdatum in „Niedersachsen“ ist zudem eine wertvolle Datierungshilfe für zahlreiche bisher falsch eingeordnete Texte wie etwa „Einsame Heidfahrt“.
Aus dieser Sammlung ist herauszulesen, wie sich das öffentliche Bild Hermann Löns‘ vom lokalen „Fritz von der Leine“ über die Jagderlebnisse zum „Heidedichter“ Hermann Löns entwickelte:
„Ich führte ein ganz äußerliches Leben, das sich in der Hauptsache zwischen der Zeitung und der Jagd abspielte. Schließlich war wohl die Jagd meine Rettung. Suche und Treibjagd langweilten mich; die heimliche Pürsch in Heide, Moor und Wald brachte mich wenigstens einige Stunden zum Nachdenken. Ich sah, während ich an Bock und Fuchs dachte, die Natur in ihren großen Umrissen; ich lernte, daß mir das Landvolk mehr bot als das der großen Stadt. Ganz urplötzlich entstand mitten zwischen den journalistischen Arbeiten ein Gedicht, das sich sehen lassen konnte, eine Skizze, die Form besaß; ein paar tüchtige Männer, hier ein Volksschullehrer, da ein Maler, die mir Freunde wurden, boten mir mehr als die flachen Salonbekanntschaften, aber die beste Lehrerin war mir doch die Heide. Ich durchstreifte sie, die Büchse über das Kreuz geschlagen, nach allen Richtungen, wohnte wochenlang in der Jagdbude, lebte monatelang unter Bauern, und dann, wenn ich wieder im Stadttrubel war, formte sich das, was mir der Wind, der über die Heide ging, erzählt hatte, zu fester Gestalt.“ [„Von Ost nach West“]
Daß dies nicht der Endpunkt ist, hat Löns schon 1901 vorausgesehen:
Ich bin jetzt, wo ich nicht mehr der einsame Haidgänger und Haidjäger bin, etwas Salonmensch geworden, der sein Herz einpackt und an die Freundschaft solange glaubt, bis sie bei der nächsten Gelegenheit flöten geht. Und dann rege ich mich nicht mehr darüber auf. An Freundschaft unter Männern glaube ich nicht, an die unter Weibern erst recht nicht, und an die zwischen Weib und Mann schon lange nicht. Zuerst that das weh, jetzt bekommt es gut. [an Apffelstaedt, 11. Juni 1901]