Intersubjektivität und Macht von Wolfram Frietsch | Eine phänomenologische Untersuchung basierend auf Edmund Husserls »Die Krisis der europäischen Wissenschaften und die transzendentale Phänomenologie« bezogen auf magische Diskursfelder im Umkreis der Ethnologie als Raum ›wilden Denkens‹ in der Kultur | ISBN 9783935164146

Intersubjektivität und Macht

Eine phänomenologische Untersuchung basierend auf Edmund Husserls »Die Krisis der europäischen Wissenschaften und die transzendentale Phänomenologie« bezogen auf magische Diskursfelder im Umkreis der Ethnologie als Raum ›wilden Denkens‹ in der Kultur

von Wolfram Frietsch
Buchcover Intersubjektivität und Macht | Wolfram Frietsch | EAN 9783935164146 | ISBN 3-935164-14-9 | ISBN 978-3-935164-14-6
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Philosophen, Phänomenologen, Husserl-Forschung, Magieforschung

“Vor etwa zwei Monaten stieß ich in der Privatbibliothek eines Bekannten eher zufällig auf den Gegenstand vorliegender Buchbesprechung. Dem Titel nach handelt es sich um eine wissenschaftliche Untersuchung, die eher einen philosophisch gut bewanderten Kenner ansprechen sollte, als einen Laien wie mich. Etwas bewegte mich aber, das Buch umzudrehen und auf dem Rückumschlag sprang mir das folgende Zitat von Joan P. Culianu ins Auge: ‚Als Wissenschaft von der Manipulation der Phantasmen (Vorstellungsbilder) wendet sich die Magie vornehmlich an die menschliche Einbildungskraft, in der sie nachhaltige Eindrücke zu erwecken versucht. Der Magier der Renaissance ist Psychoanalytiker und Prophet, aber er nimmt auch moderne Berufe vorweg wie: Public Relations-Chef, Propagandist, Geheimagent, Politiker, Zensor, Massenmedien-Intendant, Werbefachmann‘. Da ich mit dem Werk Culianus einigermaßen vertraut bin, fesselte das meine volle Aufmerksamkeit. Die nachfolgenden Worte des Autors überzeugten mich dann, das Buch erwerben zu müssen:
‚Überraschend ist, dass es eine Erklärung gibt, die sich dem ‚subjektiven‘ Phänomen der Magie nähern kann, ohne dabei den Anspruch auf Objektivität zu verlieren.‘ Magie als Gegenstand einer objektiven Erklärung? Schon der Gedanke daran hat etwas ‚Magisches‘ an sich. Der durch den wissenschaftlichen und technologischen Fortschritt sowie das moderne Bildungswesen konditionierte westliche Mensch erachtet Objektivität als den goldenen Maßstab schlechthin. Und nicht ohne guten Grund – es waren nämlich die gerade erwähnten drei Faktoren, die es der Menschheit ermöglicht haben, eine noch nie da gewesene Beherrschung der Natur zu erringen. Sie sind mehr oder weniger das Resultat einer Weltanschauung, die Objektivität als den Prüfstein schlichtweg etabliert hat. Auf der anderen Seite sollte man jedoch nicht vergessen, was der berühmte Science-Fiction-Schriftsteller Arthur C. Clarke über Technologie sagte: ‚Jede genügend fortgeschrittene Technologie ist von Magie nicht zu unterscheiden.‘
Als Ausgangspunkt seiner Analyse nimmt der Autor die Phänomenologie Edmund Husserls, was sich in den ersten Kapiteln auch niederschlägt. Es wird also ein erkenntnistheoretischer und methodologischer Rahmen geschaffen, welcher den Lesern ermöglichen soll, die darauf folgende Auseinandersetzung mit der Magie einordnen zu können. Worum handelt es sich eigentlich bei der Phänomenologie?
‚Programmatisch ist es für die Phänomenologie, ‚objektive Wissenschaft‘ zu sein mit dem Ziel, eine rationale und vernünftige Methodologie zur Erkenntnis von Welt und Mensch herauszubilden. Dabei schlägt Edmund Husserl die Richtung ein, indem er von der Annahme der Korrelation von Bewusstsein und Welt ausgeht.
Im Bewusstsein – das immer Bewusstsein von etwas ist – wird das Seiende als Wahrnehmendes, Erkennendes, Erinnerndes usw. vergegenwärtigt. Die Welt kann daher nur als Korrelat von Bewusstseinsleistungen in Hinblick auf ein erkennendes und wahrnehmendes Bewusstsein vorhanden sein.
Objekte ohne erkennendes Subjekt sind sinnlos ebenso wie Aussagen über Objekte, die nicht bewusstseinsmäßig erfasst werden können. Objektive Erkenntnis ist immer auf ein erkennendes Bewusstsein rückbezogen oder rückzubeziehen‘ (22).
Wir sehen uns hier einer radikalen Wendung gegenüber, denn die schier unüberbrückbare Kluft zwischen Objekt und Subjekt wird aufgehoben. Jetzt geht es nicht mehr um ein Objekt oder ein Subjekt, sondern das sog. ‚Phänomen‘ tritt in den Vordergrund (42). Weder das Bewusstsein noch die Gegenständlichkeit sind isolierte Bereiche, denn Bewusstsein ist stets Bewusstsein von etwas und damit in eins mit seinem Gegenstand (Werner Marx, Die Phänomenologie Edmund Husserls, 14). Die Außenwelt wird jedoch nicht geleugnet, ganz im Gegenteil, sie wird als gegeben vorausgesetzt, sonst würde das Erleben derselben und der damit verbundenen Veränderungen nicht zustande kommen. Nur die Subjekt-Objekt-Dichotomie wird außer Kraft gesetzt (42).
Aus phänomenologischer Sicht wird das Objekthafte schlussendlich unverständlich bleiben, wenn es nicht absichtlich begriffen werden kann. Allein in dieser Weise ist ein Objekt wissenschaftlich ergründbar, und das geschieht nur im Subjekt selbst (ibid., 49). Diesbezüglich ist ein von Edmund Husserl entwickeltes Vorgehen, epoché genannt, entscheidend. Es bedeutet, sich seines Urteils im Prozess des Erkennens zu enthalten, um Phänomene, so wie sie sind, erkennen zu können (ibid., 41). Was haben nun diese gelehrten Worte mit der Magie zu tun, werden sich viele von unseren Lesern wohl fragen? Darauf antwortet am besten der Autor selbst:
‚Sowohl Phänomenologie wie auch Magie implizieren eine – aktiv-manipulative oder passiv-rezeptive – Beeinflussung des Anderen, was hier synonym für Machtausübung oder Machtstruktur steht.‘
[…]
‚Das wissenschaftliche Instrumentarium zur Durchdringung magischer Denkvorgänge und magischer Weltsicht als Magie ist phänomenologisch gegeben‘ (29–30).
Und weiter:
‚Bei einem magischen Diskurs ist es unmittelbar einleuchtend, dass es sich um Bewusstseinsphänomene handelt, […] Um einen Bewusstseinsakt entsprechend methodologisch zu erfassen, bedarf es einer wissenschaftlich ausgerichteten Bewusstseinsphilosophie. Geeignet scheint dafür die Phänomenologie, die uns in die Lage versetzt, Bewusstseinsakte zu benamen und zu untersuchen‘ (177–178).
Phänomenologisch gesehen ist also Magie ein an sich Begreifendes, das als intentionaler Akt und Bewusstseinsaspekt operiert. In der Außenwelt manifestiert sich Magie als eine intentionale und mehr oder weniger rituelle Handlung, die zielgerichtet bestimmte Veränderungen auslösen will. Nach innen äußert sich Magie als eine Tätigkeit des Bewusstseins (hauptsächlich des Willens und der Konzentration). Die auf ein Objekt bzw. das Umfeld gerichtete rituelle Handlung ist daher untrennbar mit dem Bewusstsein verbunden und bildet zusammen mit allen erwähnten Teilhabern des magischen Vorganges ein sinngemäßes Kontinuum. Somit erschließt sich die Möglichkeit einer phänomenologischen Analyse, die ohne Weiteres Anspruch auf Objektivität erheben kann – eine Objektivität jedoch, wie sie von der Phänomenologie definiert wird. Die wiederum ist nach Rudolf Bernet, Iso Kern und Eduard Marbach selbst Korrelatleistung des vergemeinschafteten transzendentalen Bewusstseins (Bernet et. al., Edmund Husserl – Darstellung seines Denkens, 72).
Summa summarum: Ich erachte die vorliegende Studie als einen sehr wichtigen und originellen Beitrag zum Studium der Magie. Es ist bei Weitem keine ‚leichte Kost‘, wird aber jeden, der sich mit dem Werk auseinandersetzt, mit tiefen Einsichten belohnen.“ (Andraž Marchetti)

Intersubjektivität und Macht

Eine phänomenologische Untersuchung basierend auf Edmund Husserls »Die Krisis der europäischen Wissenschaften und die transzendentale Phänomenologie« bezogen auf magische Diskursfelder im Umkreis der Ethnologie als Raum ›wilden Denkens‹ in der Kultur

von Wolfram Frietsch
Die phänomenologische Forschung vermag mitunter eine eigenartige Sphäre zu berühren, die weit entfernt von der liegt, die sich Phänomenologie zu erforschen vorgenommen hat. In dieser Untersuchung geht es um einen philosophischen Zugang des Problemfeldes Intersubjektivität und Macht hin zu einem vergessenen bzw. unterdrückten Diskursfeld: die Magie.
In dieser Untersuchung geht es darum, ein solches Epiphänomen des menschlichen Geistes, wie es Magie darstellt, objektiv betrachten zu können. Dabei erwies sich die Phänomenologie als guter und zielführender Ansatz, um vorurteilsfrei über das forschen zu können, was „es gibt“. Denn um ein Wort Shakespeares leicht zu modifizieren: „Es gibt mehr Ding im Himmel und auf Erden, als unsere Schulweisheit sich träumt.“
„Als Wissenschaft von der Manipulation der Phantasmen (Vorstellungsbilder) wendet sich die Magie vornehmlich an die menschliche Einbildungskraft, in der sie nachhaltige Eindrücke zu erwecken versucht. Der Magier der Renaissance ist Psychoanalytiker und Prophet, aber er nimmt auch moderne Berufe vorweg wie: Public Relations-Chef, Propagandist, Geheimagent, Politiker, Zensor, Massenmedien-Intendant, Werbefachmann.“ (Joan P. Culianu)
Überraschend ist, dass es eine Erklärung gibt, die sich dem „subjektiven“ Phänomen der Magie nähern kann, ohne dabei den Anspruch auf Objektivität zu verlieren.
Im Umkreis der Phänomenologie Edmund Husserls und besonders seiner Schrift „Die Krisis der europäischen Wissenschaften und die transzendentale Phänomenologie“ kann gezeigt werden, dass die Phänomenologie ein kongeniales philosophisches und wissenschaftliches Erklärungsmodell bereithält, um aufzuzeigen, wie ein magischer Diskurs arbeitet und wirken kann.