Lebensstile als Instrument zur Segmentierung von Markt und Marken von Alexander Förster | Ein Fallbeispiel in einem deutsch-französischen Unternehmen der Automobilindustrie | ISBN 9783937436234

Lebensstile als Instrument zur Segmentierung von Markt und Marken

Ein Fallbeispiel in einem deutsch-französischen Unternehmen der Automobilindustrie

von Alexander Förster
Buchcover Lebensstile als Instrument zur Segmentierung von Markt und Marken | Alexander Förster | EAN 9783937436234 | ISBN 3-937436-23-5 | ISBN 978-3-937436-23-4
Inhaltsverzeichnis

Lebensstile als Instrument zur Segmentierung von Markt und Marken

Ein Fallbeispiel in einem deutsch-französischen Unternehmen der Automobilindustrie

von Alexander Förster

Auszug

Einleitung Das Automobil ist ein Konsumgut, welches wie kein anderes zu einer öffentlichen Inszenierung beiträgt. Gerade in Deutschland ist das Automobil hoch emotional besetzt und dient häufig als Ausdruck der „Persönlichkeit“. Die Unternehmen reagieren entsprechend und versuchen, mit dem Fahrzeug Erlebniswelten zu verkaufen und bestimmte Lebensstile darzustellen. Lebensstile und das Erleben mit dem Fahrzeug, so ist zu vermuten, hängen eng zusammen. Aus meiner täglichen Arbeit in der Automobilbranche entstand daher der Impuls, den Lebensstil in einem erweiterten Kontext zu untersuchen. Der Lebensstil stellt für die Anbieter vor allem eine Möglichkeit zur Identifikation von Zielgruppen dar, um der Unsicherheit über die Ansprache der „richtigen“ Interessenten oder Kunden entgegenzutreten. Somit ist der Lebensstil ein Instrument für eine bessere Prognose des geplanten Absatzes der Produkte. Fahrzeuge für einen bestimmten Lebensstil zu positionieren, ist dabei nicht neu. Bereits für den 1968 in Serie gegangenen Sportwagen Opel GT verwendet die Marke einen für die damalige Zeit provokanten TV-Spot:
Zu sehen ist ein etwas älterer Herr mit Schirmmütze, der sich vergeblich bemüht, in den bewunderten Sportwagen einzusteigen, was ihm letztendlich nicht gelingt. Der Sprecher kommentiert dies am Ende mit den Worten: „Tja, der Opel GT passt wohl nicht so ganz. Na ja, das macht nichts, wir sind sicher, wir haben auch für Sie einen passenden Wagen. Opel.“ Es wird suggeriert, dieser Wagen passt nicht zu deinem Lebensstil. Auf ironische Weise stellt der Konzern einen durchaus typischen Käufer eines Opels der damaligen Modelle Kadett oder Rekord dar. Den dahinter vermuteten Lebensstil möchte man jedoch keinesfalls mit diesem neuen imageträchtigen Fahrzeug in Verbindung sehen. Was hat sich in den letzten 40 Jahren verändert? Wie bedeutsam ist das Lebensstilkonstrukt heute im Automobilmarkt? Ein Fallbeispiel bei Peugeot Deutschland, einem Importeur französischer Fahrzeuge in Deutschland, soll hierzu wichtige Erkenntnisse liefern. Die Automobilbranche nutzt das Instrument des Lebensstils als Mittel der Marktsegmentierung – der Ursprung der Lebensstiltheorie liegt jedoch in der Sozialforschung, die das Thema seit 25 Jahren kontrovers diskutiert. Leben wir statt in einer Klassenoder Schichtgesellschaft heute in einer Lebensstilgesellschaft oder wie Schulze 1992 formuliert in einer „Erlebnis-Gesellschaft“? Grundgedanke ist, dass sozioökonomische Kriterien zur Kategorisierung der heutigen modernen Gesellschaft an Bedeutung verlieren. Es gibt unzweifelhaft nach wie vor Unterschiede bei Armut und Benachteiligung, je nachdem ob jemand Arbeiter, Angestellter oder Unternehmer ist (Richter 2005, S. 10 f.). Immer stärker treten diese „klassischen“ Kriterien der Sozialstrukturanalyse in den Hintergrund. Stattdessen kategorisieren wir uns oder andere nach unserem/ihrem Freizeit- und Konsumverhalten. Insbesondere geht es um die Demonstration des Konsums. Diverse wissenschaftliche Modelle und Theorien entstanden, die den Lebensstil als Instrument zur Darstellung von gesellschaftlichen Veränderungen thematisieren. In den Unternehmen, so ist zu anzunehmen, fand das Konzept der Lebensstile insbesondere Zugang über die Modelle, die von Marktforschungsinstituten oder Agenturen entwickelt wurden. Die Ökonomie nutzt diese Werkzeuge zur effizienteren Vermarktung der Produkte. Die Soziologie hingegen hinterfragt die Prozesse der Unternehmen und analysiert mögliche Rückwirkungen auf die Gesellschaft. Dies bezieht sich exemplarisch auf die Erlebniswelten, die mit den Produkten assoziiert werden, und die in Form einer spezifischen Kommunikation, vor allem mit den Mitteln der Werbung, transportiert werden. Mit dieser Arbeit soll anhand von Modellen des Lebensstils eine Brücke gebaut werden zwischen den soziologischen Theorien auf der einen Seite und der Umsetzung in Wirtschaftprozessen zur Segmentierung eines Marktes auf der anderen. Drei Teile umfasst die Arbeit. Teil I beinhaltet die Darstellung des aktuellen Stands der Sozialforschung zum Thema Lebensstil mit den wichtigsten Theorien und den für ein Unternehmen heute relevanten Modellen der Institute und Agenturen. Es folgt die Analyse der Rolle des Lebensstils zur Zielgruppenauswahl und die Zusammenhänge zwischen der Marke und dem Lebensstil. Besonders die mögliche Bedeutung der Marke für Nachfrager als Ausdruck der eigenen Lebensführung wird thematisiert. Auch das Thema der Kommunikation bestimmter Lebenswelten über eine Marke wird diskutiert. In einer Fallstudie (Teil II) werden die Bedeutung des Lebensstils in der Automobilindustrie sowie gezielt die Entscheidungsabläufe bei Peugeot Deutschland untersucht. Der aktuelle Stellenwert des Ansatzes des Lebensstils aus Sicht der Anbieter steht im Mittelpunkt. Exemplarisch für die Automobilbranche erfolgt eine ausführliche Erörterung der externen Rahmenbedingungen sowie der internen Abläufe im Zuge der Segmentierung des Marktes durch ein Unternehmen. Hierzu gehört auch ein Blick auf die Produktpalette der Hersteller speziell auf die neuen mehrdimensionalen Angebotsvarianten, wie beispielsweise die SUV1 in der Kompaktklasse. Damit geht ein Bedeutungsverlust der traditionellen eindimensionalen Marktsegmente vornehmlich der Mittel- oder Oberklasse einher. Kann dies als Indiz für die zunehmende Bedeutung des Lebensstils interpretiert werden? Ebenfalls diskutiert werden unterschiedliche Vorgehensweisen und Arbeitstechniken in Deutschland und Frankreich vor dem Hintergrund der kulturellen Unterschiede im Management in den beiden Ländern. Der umfangreiche empirische Teil II umfasst zudem die Entwicklung eines Instrumentariums zur Segmentierung des Marktes, welches mehrdimensional angelegt und gezielt automobilspezifische Merkmale berücksichtigt. Anhand eines Praxisbeispiels im Bereich Media wird dieses Werkzeug später auf seine Effizienz geprüft. Im Teil III schließlich wird der Ansatz der Lebensstile aus Sicht eines Automobilimporteurs zusammenfassend bewertet. Zwei „Beobachtungsebenen“ können bei der Frage nach der Bedeutung des Lebensstils differenziert werden. Die erste Ebene beinhaltet die Befragungen bei Peugeot Deutschland sowie eine Inhaltsanalyse von Informationsmaterialien. Die tatsächliche Situation im Unternehmen, zu der auch die Ausprägung von Lebensstilen bei der Kundenstruktur zu zählen ist, wird konkretisiert. Auf einer zweiten Ebene werden die grundsätzlichen Möglichkeiten des Lebensstils als ein Instrument zur Auswahl von Zielgruppen erörtert. Dabei steht die ökonomische Bedeutung für einen Automobilimporteur im Fokus.