Echolot im Wendekreis

Melanie Lambrecht konfrontiert den Leser in raffinierten Textkompositionen mit moderner Poesie, als auch mit skurriler, melancholischer, zuversichtlicher, emotional schlau verspielter Wortakrobatik. Alltägliches, Existenzielles, Privates und Weltumfassendes werden mal sachlich, mal streng unsachlich, hier sich kritisch nichteinverstanden zeigend mit den gegebenen Verhältnissen, dort helfend, verdeutlicht. Die Nachwuchsautorin ist Detailforscherin, sie betreibt Alltagsarchäologie und Gegenwartsstenographie. Die kaleidoskopartigen Aphorismen, Gedichte, Texte, Kurzgeschichten begeistern ebenso wegen dem unnachahmlichen, bunt daher schillernden Ton, der sowohl dem Untersuchungsgegenstand folgt, aber auch der Funktion. So genau wie hier manche Situationen aus dem Leben nachgezeichnet werden, wird einem bewusst, dass das Jungtalent die Leser mitnehmen möchte zu einer Reise voller besonderen Detailaufnahmen durch das Land der unbegrenzten Möglichkeiten: das Leben.
Es ist ein melancholisch schöner Trip „zum Selbstausbaldowern“, denn die Autorin findet es mitunter angenehmer den Leser selbst nachdenken zu lassen, anstatt ihm alles zu erklären. Echolot im Wendekreis ist ein ungewöhnliches, beeindruckendes Buch, gefühlsstark, bewegend, anregend, verwirrend und aufbauend, traurig und komisch zugleich, das nicht näher am Leben sein kann. Eine unentrinnbare Talentprobe eines großen Herzens und eines weiten Verstandes, durchaus generationsübergreifend, zweifellos glanzvoll gelungen. Wobei Melanie Lambrecht sich ihrem selbstverfassten Lebensmotto treu bleibt: sie hinterlässt Fußspuren, aber tritt nicht in die Fußspuren der anderen.