Erleuchtung in Poona von Moritz Boerner | ISBN 9783939211648

Erleuchtung in Poona

von Moritz Boerner, Vorwort von Matthias Oesterheld
Buchcover Erleuchtung in Poona | Moritz Boerner | EAN 9783939211648 | ISBN 3-939211-64-8 | ISBN 978-3-939211-64-8

Erleuchtung in Poona

von Moritz Boerner, Vorwort von Matthias Oesterheld

Auszug

Dieses Tagebuch zweier Indienreisen in den Jahren 1978 und 1979 ist nicht nur ein zeitgeschichtlich be- wegendes Dokument von beträchtlichem Wert, son- dern auch die Darstellung einer Abenteuerreise ins eigene Bewusstsein, wie sie bis heute aktuell ist und zeitlos bleiben wird. Hauptfigur in diesem turbulen- ten Geschehen ist eine charismatische Persönlichkeit, die sich damals Bhagwan nannte und später auf den Namen Osho hörte.
Wenn man bei Amazon das Stichwort 'Osho' ein- gibt, erscheinen mehr als 260 Buchtitel allein in deut- scher Sprache von diesem aus heutiger Sicht bedeut- samen Lebenslehrer, der als eine der schillerndsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts gelten kann. Aufsehen erregen seine Werke oder seine Worte al- lerdings schon lange nicht mehr.
Das war Ende der 70er-Jahre noch anders. Damals galt Bhagwan in Deutschland entweder als 'der ge- fährliche Sex-Guru mit seiner Rolls-Royce Flotte', der für jeden Skandal gut war, oder als Heiliger auf der Stufe eines Jesus, der Zigtausende junger Su- chender aus Europa und Amerika in seinen Ashram in Poona lockte.
Poona, eine indische Millionenstadt südöstlich von Bombay (heute Pune), war zu jener Zeit für junge Deutsche das Synonym für das dort ansässige 'Klos- ter' des Bhagwan Shree Rajneesh, wie er mit voll- ständigem Namen hieß.

Erleuchtung war das ersehnte Ziel all dieser Sucher und auch das große Thema des Meisters, über das er nicht müde wurde, beinahe täglich zu sprechen. Denn dass Bhagwan selbst erleuchtet war, ein lebender Buddha, das stand für keinen seiner Jünger in Frage.
Moritz Boerner, damals ein junger Theater- und Filmregisseur, gehörte zu dieser großen Schar enthu- siastischer Deutscher, die sich nach Indien aufmach- ten, um dort Heil und Heilung zu suchen, sich mit Hilfe der zahlreichen Therapiegruppen besser kennen zu lernen, und schließlich Sannyasin zu werden, ein hingebungsvoller Jünger, der sein Leben nach den Weisungen des Meisters vertrauensvoll ausrichtet.
So ist mit dem Titel 'Erleuchtung in Poona' Ziel und Programm all derjenigen benannt, die in Orange ge- kleidet und mit einer Kette um den Hals versehen, im Ashram lebten und arbeiteten. Insider sprechen rück- blickend von dieser Ära als 'Poona 1' womit die Zeit bis zum Umzug nach Oregon 1981 gemeint ist. ('Poona 2' bezeichnet dann die Zeit nach dem Schei- tern in Amerika und die Rückkehr nach Indien in den verwaisten Ashram Anfang 1987.)
Ist dies Gehirnwäsche?, fragt Boerner sich wiederholt während seiner Selbstfindungserfahrungen, und gibt sich wenig später selbst die Antwort: Ja, es handelt sich um eine Gehirnwäsche, die gründliche Reini- gung meiner kleinen, grauen Zellen von alten Ängs- ten und kindlichen Programmen.
Boerner nimmt Sannyas und erhält den Namen Swa- mi Hafiz. Aber er ist kein typischer, unkritischer, an- betender Jünger. Er ist im Gegenteil ein gelegentlich

aggressiver, bockiger, eigenwilliger Schüler, voller Widerstände gegen Regeln, deren Sinn ihm nicht einleuchten und mit einem eigenen, sturen Kopf, den er auch partout nicht abgeben möchte, selbst dort, wo es im Ashram als Aufforderung formuliert ist:
'Nothing to loose but your head.'
In diesen Tagebuchaufzeichnungen über ein vergan- genes, unwiederholbares, spirituelles Experiment kann der Leser den Autor auf seiner Odyssee durch die aus heutiger Sicht fragwürdigen Therapiegruppen begleiten – alle Teilnehmer sind nackt, die Veran- staltungen finden in einer Art vergrößerter Gummi- zelle statt, Männer und Frauen gehen auch körperlich aufeinander los und Gruppensex ist nicht ausge- schlossen. Boerner lässt den Leser ohne Rücksicht aufs eigene Image teilhaben an den Himmeln und Höllen seines Bewusstseins, aber auch an sexuellen Affären und Begegnungen aller Art. Das mag nicht jedermanns Geschmack sein, spiegelt aber die ver- blüffende Freiheit und Freizügigkeit, wie sie im da- maligen Ashram in der Vor-Aids-Ära herrschten, recht genau wieder.
Der Autor schont sich nicht, wir erfahren viel über seine Ängste, seine dunklen Seiten und Komplexe, seine Kindheit, aber auch die an manchen Stellen schwer zu ertragende Selbstgerechtigkeit. 'Meinen spirituellen Kindergarten' nannte die Schriftstellerin Karin Petersen, die ebenfalls ein Buch über ihre Er- lebnisse veröffentlichte, diese unglaubliche Zeit.
Moritz Boerners Tagebuch ist das Dokument einer Ära, die unwiederbringlich vergangen ist.

Das Buch überrascht durch seine philosophische Tie- fe, erfrischende Freiheit und bemerkenswerte Aktua- lität. Mich faszinieren die überbordende Kreativität, der Mut und die Schonungslosigkeit, mit der hier ein radikaler Suchender nach seiner eigenen inneren Wahrheit forscht.
Wie vieles davon rein subjektive Wahrnehmung und was objektive Darstellung äußerer Geschehnisse ist, mag jeder Leser für sich entscheiden.
Moritz Boerner stellt die zeitlos wichtigen Fragen nach dem Sinn des eigenen Lebens: Wer bin ich? Wohin geht meine Reise? Was macht mich glück- lich? Wofür lebe ich?
Wer auf diese Fragen eine Antwort sucht, kann sich von Boerners spannendem, bewegendem Tagebuch inspirieren lassen.
Matthias Oesterheld 2013